Ärzte und Patienten im Dritten Reich
Das größtenteils unveröffentlichte Material wurde für die Ausstellung seit 2018 multimedial aufbereitet, mit Texten, Dokumenten, Fotos sowie Ton- und Video-Material. Nach dem zweimonatigen Auftakt in Berlin wird die Ausstellung 2025 und 2026 nach und nach deutschlandweit bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zu sehen sein.
Ärzte nahmen im Dritten Reich eine Schlüsselfunktion ein, erklärt die KBV bei der Eröffnung. Im Namen der sogenannten Rassenhygiene waren sie mitverantwortlich dafür, Menschen in „wertes“ und „unwertes“ Leben einzuteilen – und damit in den sicheren Tod zu schicken. Für Zwangsterilisationen und Krankenmorde warn sie ebenso verantwortlich wie für Humanexperimente in Konzentrationslagern. Ärztliche Standesorganisationen wie die Vorgängerorganisation der KBV, die Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands (KVD), schalteten sich kurz nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten gleich.
Nazis hebelten Schweigepflicht aus
Jüdische Ärzte wurden verdrängt, vertrieben oder zunächst zu „Krankenbehandlern“ degradiert, so dass sie ausschließlich jüdische Patienten versorgen durften. Voraussetzung für zahlreiche NS-Medizinverbrechen war außerdem die Einschränkung der ärztlichen Schweigepflicht, die gebrochen werden durfte, wenn das „gesunde Volksempfinden“ ihr entgegenstand.
Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Deutschland 1933 führte zu tiefgreifenden Veränderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen und somit auch im Gesundheitssystem. Die Ausstellung beleuchtet anhand von Fallbeispielen, wie sich Handlungsspielräume – besonders für jüdische Ärzte und Patienten – veränderten. Sie zeigt, wie Karrieren verliefen und sich im Gesundheitssektor neue Aufgaben und Konfliktfelder ergaben.
Die (Selbst-)„Gleichschaltung“ der ärztlichen Standesorganisationen
Wie verlief der Prozess der (Selbst-)„Gleichschaltung“ der ärztlichen Standesorganisationen und der Verdrängung politisch unerwünschter sowie jüdischer Ärztinnen und Ärzte? Wie wurden Kriegsgefangene und Häftlinge in Konzentrationslagern medizinisch versorgt? Und wie versuchten Ärzte und Gesundheitspolitiker, die gesundheitliche Betreuung der deutschen Bevölkerung bis zum Kriegsende sicherzustellen?
Die Ausstellung bildet den Abschluss eines von der Vertreterversammlung der KBV initiierten Forschungsprojekts zur Geschichte ihrer Vorgängerorganisation KVD. Die KVD war im Dritten Reich an der Entrechtung und Vertreibung jüdischer sowie oppositioneller Kassenärzte beteiligt. Mit der Wanderausstellung zeigt das ZfA die Ergebnisse seiner mehrjährigen Arbeit für das Projekt „KBV übernimmt Verantwortung“ der Öffentlichkeit.
Die Ausstellung ist vom 29. November 2024 bis zum 28. Januar 2025 wochentags zu den Bürozeiten der KBV (9 bis 20 Uhr) kostenlos zu sehen: Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, Foyer im Gebäudeteil I.