Aktion fordert „Respekt füreinander miteinander“ ein
Der Chirurg Günther Fuhrer aus Reutlingen ist Mitinitiator der Aktion, mit der er und seine Mediziner-Kollegen mehr Bewusstsein für das Problem in der Bevölkerung schaffen wollen. In Fuhrers Praxis, dem chirurgisch-orthopädischen Zentrum Neckar Alb, sind deshalb nun Aufkleber, Buttons und Plakate angebracht. Wie viele Praxen sich beteiligen, ist offen. Was die Aktion bringt leider auch.
Die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN), Martina Wenker, hatte bereits Ende 2022 dazu aufgerufen, in der angespannten Situation im Gesundheitswesen die Beschäftigten mit Respekt zu behandeln. „Es ist eine absolute Fehlentwicklung, dass in Notaufnahmen von Krankenhäusern inzwischen private Sicherheitsdienste notwendig sind“, wurde Wenker in verschiedenen Medienberichten zitiert. Der Pandemie-Frust dürfe nicht an denen ausgelassen werden, „die mit aller Kraft im Gesundheitswesen arbeiten und schon am Limit sind oder darüber hinaus.“
Belastbare Zahlen zu Übergriffen gibt es kaum
Quantifizieren lässt sich das Phänomen nur schlecht: laut einem Bericht des Deutschen Ärzteblatts erfassen die Landesärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) Angriffe gegen ihre Mitglieder bislang nicht systematisch, berichten jedoch über eine gefühlte Zunahme der Fälle. In den Ländern Sachsen und Sachsen-Anhalt, wo vergleichsweise viele Einwohner die Impfung gegen COVID-19 ablehnen, habe in der Pandemie die Aggressivität zugenommen, heißt es. Die Sächsische Landesärztekammer (SLÄK) berichtete sogar, schon vor der Pandemie eine Zunahme der Übergriffe verzeichnet zu haben.
Um eine Vorstellung über Zahlen und Formen von ausgeübter Gewalt zu erhalten, hat die Landesärztekammer Hessen (LÄKH) im Frühjahr 2019 die Meldestelle „Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte“ eingerichtet und auf ihrer Website einen Meldebogen zur Verfügung gestellt. Bis Januar 2023 sind 93 Meldungen bei der Landesärztekammer Hessen eingegangen.
Meist geht es um Beleidigungen oder Beschimpfungen
Wie das Hessische Ärzteblatt berichtet, handelt es sich bei der Mehrheit der gemeldeten Fälle um „mittlere Formen aggressiven Verhaltens“ betrifft. Die Mehrheit der Ärzte berichtet demnach über Beleidigung oder Beschimpfung sowie über Bedrohung oder Einschüchterung. In 20 Fällen wurde über Rufschädigung in Form von Falschaussagen auf Ärzteportalen im Internet berichtet.
Bekannt ist das Problem schon länger, berichtet auch Hannelore König, Präsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe (vmf). Schon 2019 habe es Patienten gegeben, die jede Hemmung verloren und im Wartezimmer oder an der Anmeldung getobt hätten, sagt sie.