Auswertung des GKV-Spitzenverbands

„Apps auf Rezept“ sind nicht in der Versorgung angekommen

nb
Gerade einmal 10.000 bis 12.000 digitale Gesundheitsanwendungen – kurz DiGA – werden monatlich freigeschaltet. Das Fazit des GKV-Spitzenverbands zu den „Apps auf Rezept“ fällt insgesamt schlecht aus.

„Apps auf Rezept“ sind offenbar noch nicht in der Versorgung angekommen. Das geht aus einer aktuellen Auswertung des GKV-Spitzenverbands hervor. Seit Anfang 2022 bewegt sich demnach die monatliche Zahl der eingelösten Freischaltcodes auf einem nahezu unveränderten Niveau zwischen 10.000 und 12.000. Insgesamt wurden vom 1. September 2020 bis zum 30. September 2022 rund 164.000 DiGA verwendet.

„Mit viel Vorschusslorbeeren sind DiGA in die Versorgung gestartet. Aber den Erwartungen sind sie bisher nicht gerecht geworden", sagt Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbands. Auch nach über zwei Jahren würden die Gesundheits-Apps „noch in den Kinderschuhen stecken", dabei sehe der GKV-Spitzenverband durchaus großes Potenzial, wie DiGA die Patienten beim Erkennen oder Überwachen von Krankheiten unterstützen können.

Zwei Drittel der Apps sind nur auf Probe

Ein großes Problem: Bei der Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis fehlt häufig der Nachweis über den medizinischen Nutzen. Deshalb werden zwei Drittel der Apps nur vorläufig, zur Probe, aufgenommen. „Trotz dieser unklaren Evidenzlage rufen die herstellenden Unternehmen beliebig hohe Preise auf und der gesetzlichen Krankenversicherung sind im ersten Jahr bei dieser Preisspirale nach oben die Hände gebunden", kritisiert Stoff-Ahnis.

So könnten laut Aussage des GKV-Spitzenverbands herstellende Unternehmen im ersten Jahr der Aufnahme einen beliebig hohen Preis festlegen, der von der gesetzlichen Krankenversicherung für diesen Zeitraum erstattet werden muss, unabhängig davon, ob ein Nutzen nachgewiesen wurde oder nicht.

Das Preisspektrum reicht dabei von 119 Euro für eine Einmallizenz bis zu 952 Euro für 90 Tage. „Hier sollte der Gesetzgeber schleunigst einen Riegel vorschieben", fordert Stoff-Ahnis: "Die Krankenkassen sollen eine gute Versorgung der Patientinnen und Patienten sichern und keine Wirtschaftsförderung mit Beitragsgeldern betreiben!“

Preise steigen nochmals um 20 Prozent

Die Auswertung des GKV-Spitzenverbands zeigt zudem, dass die durchschnittliche Preishöhe von DiGA mit fehlendem Nutzennachweis deutlich steigt. Die Preisentwicklung der durchschnittlichen Herstellerpreise dauerhaft aufgenommener DiGA ist hingegen konstant bis leicht sinkend. Im Durchschnitt liegen die Herstellerpreise für eine DiGA bei 500 Euro – in der Regel für ein Quartal. Die Herstellerpreise sind damit gegenüber dem Durchschnittswert aus dem ersten Jahr der DiGA nochmals um 20 Prozent gestiegen.

Stoff-Ahnis zufolge gibt es keinen Zusammenhang zwischen Preishöhe und Nutzen. Ganz im Gegenteil: Selbst bei DiGA, die ihren Patientennutzen nicht innerhalb eines Jahres belegen konnten und deren Erprobungszeitraum deshalb verlängert wurde, sei es zu deutlichen Preiserhöhungen gekommen.

Der Nutzen bleibt zumeist aus

"Wenn man bedenkt, dass DiGA derzeit ausschließlich ein Add-on zur bestehenden Versorgung sind, führt diese beliebige Preisbildung und die zusätzliche Möglichkeit der Preiserhöhung im Erprobungszeitraum zu großen Verwerfungen bei der Vergütung von GKV-Leistungen mit nachgewiesenem Nutzen. Das unterläuft jeglichen Maßstab der Wirtschaftlichkeit in der GKV. Wenn es für die Patientinnen und Patienten keinen Mehrwert gibt, dann sollte überlegt werden, ob das Geld der Beitragszahlenden nicht an anderer Stelle besser eingesetzt wäre“, so Stoff-Ahnis.

Damit DiGA in der Versorgung ankommen, braucht es aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes drei zentrale Anpassungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen:

  • Es dürfen ausschließlich DiGA mit einem klaren  medizinischen Nutzen aufgenommen werden.

  • Es muss das Gebot der Wirtschaftlichkeit gewahrt bleiben, indem die verhandelten Preise vom ersten Tag der Aufnahme in die  Regelversorgung gelten.

  • Es bedarf einer Harmonisierung der Rahmenbedingungen für DiGA mit anderen GKV-Leistungsbereichen, indem die Leistungserbringenden und der GKV-Spitzenverband in den Zulassungsprozess mit einbezogen werden.

Nur so könnten laut GKV-Spitzenverband Vertrauen und Akzeptanz bei der Ärzteschaft sowie bei den Patienten gesteigert werden.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.