Arbeiten trotz Krankschreibung – geht das?
Klar, arbeitsunfähig ist man, wenn aufgrund von Krankheit die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen werden kann. Das besagt § 2 Abs. 1 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie. Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) – seit Januar 2023 in der Regel bei gesetzlich Versicherten nur noch als elektronische AU (eAU) vorgesehen – attestiert eine aktuell bestehende Arbeitsunfähigkeit verbunden mit der ärztlichen Prognose, wie lange dieser Zustand voraussichtlich andauern wird, erklärt Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied des Verbandes deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V. Bernhard Kinold.
Keine „Gesundschreibung“ nötig
Nun verfügen auch Ärzte in der Regel nicht über hellseherische Fähigkeiten und insbesondere die Prognose zur voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit erweist sich gelegentlich als unzutreffend. Der für zwei Wochen „krankgeschriebene“ Patient fühlt sich beispielsweise bereits nach einer Woche wieder fit. In diesem Fall darf der vorzeitig genesene Mitarbeiter seine Arbeit umgehend wieder aufnehmen. Es bedarf keiner gesonderten „Gesundschreibung“.
Aber Achtung: Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bleibt bestehen. Erkennt der Arbeitgeber, dass der vorzeitig wieder zur Arbeit erschienene Arbeitnehmer tatsächlich doch noch krank ist und möglicherweise sogar eine Gefahr für sich selbst oder die übrige Belegschaft darstellt, kann er den Arbeitnehmer wieder nach Hause schicken.
Das heißt also, die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung führt nicht zu einem Arbeitsverbot. Bei vorzeitiger Genesung darf der Arbeitnehmer seine Tätigkeit auch vor Ablauf des Prognosezeitraums wieder aufnehmen, und der Arbeitgeber muss ihn beschäftigen, wenn keine besonderen Anzeichen für eine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit sprechen.