Britische Apotheker dürfen Patienten behandeln
Insgesamt 10.265 Apotheken in England können ab jetzt Patientinnen und Patienten mit sieben häufigen Erkrankungen behandeln, ohne dass diese vorab einen Hausarzt konsultiert haben. Speziell dazu ausgebildete Apothekerinnen und Apotheker sind jetzt befugt, Nasennebenhöhlenentzündungen (Sinusitis), Hals- sowie Ohrenschmerzen, infizierte Insektenstiche, Hautausschlag (Impetigo), Gürtelrose und unkomplizierte Harnwegsinfektionen bei unter 65-jährigen Frauen behandeln.
Millionen von Menschen soll der Zugang zur Gesundheitsversorgung erleichtert werden
Die starke Ausweitung der Apothekendienstleistungen soll Patienten mehr Wahlmöglichkeiten darüber geben, wo und wie sie Zugang zu medizinischer Versorgung erhalten, meldet der staatliche Gesundheitsdienst (National Health Service, NHS). Dadurch könnten zehn Millionen Hausarzttermine pro Jahr eingespart, lange Wartelisten reduziert werden und das chronisch überlaufene staatliche Gesundheitswesen im Land entlastet werden. Das Programm ist Teil des NHS- und Regierungskonzepts zur Wiederherstellung des Zugangs zur Grundversorgung.
Bereits seit Dezember 2023 haben Apotheken auch Verhütungspillen im Angebot, wie der NHS weiter mitteilt: Seitdem hätten sich mehr als 5.000 Apotheken registriert, die Frauen die Möglichkeit bieten, orale Verhütungsmittel rezeptfrei in ihrer Apotheke zu beziehen, ohne zuerst ihren Hausarzt aufsuchen zu müssen. Es werde erwartet, dass eine halbe Million Frauen pro Jahr von dem Angebot Gebrauch machen, so der NHS weiter.
Hausärzte behandeln demnach bereits jeden Monat Millionen mehr Menschen als vor der Pandemie. Angesichts einer alternden Bevölkerung und einer wachsenden Nachfrage steht laut NHS fest, dass der Gesundheitsdienst den Menschen mehr Auswahl bieten und den Zugang zur Gesundheitsversorgung so einfach wie möglich machen muss
Die Regierung hat insgesamt 645 Millionen Pfund an neuen Mitteln zur Verfügung gestellt, um den weiteren Ausbau der kommunalen Apothekendienste zu unterstützen. Ähnliche Angebote existieren bereits in Schottland, Wales und Nordirland.
Das staatliche und steuerfinanzierte britische Gesundheitswesen ist seit Jahren unterfinanziert und in einer Dauerkrise. Durch die Pandemie und den Brexit ist die Überlastung noch einmal gestiegen. Behandlungsrückstau, lange Wartelisten und finanzielle Engpässe und Unterbesetzung und Unterbezahlung des Gesundheitspersonals prägen den medizinischen Alltag. Allein durch den Brexit entstanden riesige personelle Engpässe, weil medizinisches Personal (Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger) aus der Europäischen Union das Land verließen. Die Lücken sind nicht so leicht zu füllen und in die medizinische Ausbildung auf der Insel selbst wurde zu wenig investiert.
Erst vor Kurzem waren Pflegende aus Krankenhäusern, Rettungsdienste und Assistenzärzte auf die Straße gegangen, um für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen zu demonstrieren.