Bürger halten Gesundheit und Pflege für die wichtigsten Handlungsfelder
Noch vor den Themen Wirtschaft und Innere Sicherheit sieht die Bevölkerung in Deutschland in der Gesundheitsversorgung und bei der Pflege den größten politischen Handlungsbedarf nach der Bundestagswahl. Das ergab eine repräsentative forsa-Befragung im Auftrag des AOK-Bundesverbandes, die gestern vorgestellt wurde.
Danach halten 48 Prozent der Befragten das Thema für wichtig für eine kommende Bundesregierung. An zweiter Stelle folgt mit 46 Prozent die wirtschaftliche Lage des Landes. Vor allem Frauen (56 Prozent) stimmen zu, dass Gesundheit und Pflege wichtige Themen sind. Bei den Männern ist dies zu 39 Prozent der Fall. Umwelt- und Klimaschutz (insgesamt 21 Prozent), die Lage am Arbeitsmarkt (10 Prozent) und Verkehr (7 Prozent) spielen für die Befragen weniger eine Rolle.
Nur zehn Prozent sind sehr zufrieden mit der Versorgungsqualität
Durchwachsen sind die Aussagen zur Qualität. Mit der Qualität der Gesundheitsversorgung sind laut der Befragung nur 10 Prozent sehr zufrieden. 45 Prozent sind eher zufrieden, 34 Prozent weniger zufrieden und 11 Prozent gar nicht zufrieden. Auch das Vertrauen, künftig eine qualitativ hochwertige und bezahlbare gesundheitliche und medizinische Versorgung zu bekommen, ist laut Umfrage gesunken: 50 Prozent haben demnach eher weniger Vertrauen, dass die gewohnte Versorgung erhalten bleibt, 10 Prozent geben gar kein Vertrauen an, 36 Prozent haben großes Vertrauen. Nur vier Prozent haben sehr großes Vertrauen.
Das fordert der AOK-Bundesverband zur Wahl
Die geplante Reform der Notfallversorgung müsse schnellstmöglich nachgeholt werden. Um unnötige Krankenhausaufenthalte zu vermeiden sowie Kosten zu senken, seien auch mehr ambulante Operationen sinnvoll. Die hausärztliche Versorgung müsse zu einer Primärversorgung weiterentwickelt werden. Es brauche „weniger Staatsmedizin, mehr Freiraum“. Nötig seien mehr Gestaltungsfreiräume für regionale Lösungen. Prävention dürfe nicht auf Vorbeuge-Medizin beschränkt werden, nötig sei eine umfassende Public-Health-Strategie.
Generell sei die Beitragssatzstabilität der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung völlig aus dem Lot geraten, ohne bessere Gegenleistungen. Beitragssatzsprünge wie diese zum Jahreswechsel seien inakzeptabel und kämen einem sozialpolitischen Armutszeugnis gleich.
Es bedürfe einer klaren Trennung zwischen gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, die der Staat zu finanzieren habe, und den originären Aufgaben einer GKV. Der Bundeszuschuss für versicherungsfremde Leistungen benötige eine regelgebundene Dynamisierung. Auch müssten die pauschalen Krankenversicherungsbeiträge für Bürgergeldbezieher auf eine auskömmliche Höhe angehoben werden. Auch der Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel von 19 Prozent müsse reduziert werden. Die infrastrukturellen Kosten für den Krankenhaus-Transformationsfonds zur Hälfte den Beitragszahlern aufbürden zu wollen, untergrabe dagegen das Vertrauen in die GKV. Die AOK fordert, dass die Krankenkassen ihre Rücklagen nicht mehr für Finanzlücken im Gesundheitsfonds einbringen müssen.
Über die gesundheitspolitischen Positionen und Vorhaben der Parteien bei Gesundheit und Pflege ist die Bevölkerung laut der Umfrage nicht so genau informiert. So gaben 61 Prozent an, nicht so genau Bescheid zu wissen. 31 Prozent haben einigermaßen Ahnung, 7 Prozent wissen gut Bescheid und ein Prozent weiß es nicht.
Ein schneller Termin ist vielen wichtiger als die freie Arztwahl
Vor die Wahl gestellt, finden 53 Prozent einen schnellen Termin beim Arzt wichtiger als die freie Arztwahl. Dagegen ist für 43 Prozent die freie Auswahl des Arztes wichtig, auch wenn es länger dauert, einen Termin zu bekommen. Und nur 20 Prozent glauben, dass die Krankenhausreform die medizinische Versorgung verbessern wird.
Für die repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbandes wurden vom 16. bis 18. Dezember insgesamt 1.0003 Menschen befragt.