Stellungnahme der ABDA zur Apotheken-Reform

„Der Weg zur Zulassung von Fremdbesitz wird geebnet“

pr
Politik
Durch die Zulassung von Betriebsstätten ohne Apotheker vor Ort werde der Weg zu Fremdbesitz frei, so die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Die Zahnärzteschaft setzt sich daher weiter für die Regulierung von investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) ein.

Der vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgelegte Referentenentwurf der Apotheken-Reform stößt bei der Apothekerschaft auf Ablehnung. Die ABDA schreibt in ihrer Stellungnahme zum Gesetz: „Durch die Zulassung von Betriebsstätten, die ohne vor Ort anwesende Apothekerin oder anwesenden Apotheker betrieben werden, wird der Begriff „Apotheke“ des ihn ausmachenden Wesenskerns beraubt, die Apothekenpflicht faktisch abgeschafft und der Weg zur Zulassung des Fremdbesitzes geebnet.“

Der Begriff „Apotheke“ wird seines Wesenskerns beraubt

Sie kritisiert weiter: „Das vorhandene approbierte Apothekenpersonal wird unter anhaltendem Kostendruck aus ökonomischen Zwängen auf das dann geltende gesetzliche Mindestmaß eines Apothekers oder einer Apothekerin für alle von einer Betriebserlaubnis erfassten Betriebsstätte reduziert werden müssen.“

Dabei handele es sich um ein Freisetzungspotenzial von rund 40.000 approbierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern öffentlicher Apotheken mit absehbaren negativen Folgen für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und das Angebot ortsnaher, familienfreundlicher Arbeitsplätze, heißt es in der Stellungnahme weiter. Dies stehe im diametralen Gegensatz zur Zuweisung von zusätzlichen Aufgaben für Apotheken in anderen Gesetzen und Gesetzgebungsverfahren.

Die eigenverantwortliche Leitung durch einen freien Heilberuf wird zur Fiktion

Die Möglichkeit, zusätzlich zu den heute maximal vier Betriebsstätten einer Apotheke zwei „Zweigapotheken“ betreiben zu dürfen und Entfernungen zwischen den Betriebsstätten von rund drei Stunden PKW-Fahrzeit zuzulassen, machten bei minimaler Anwesenheitspflicht in den Betriebsstätten aus der eigenverantwortlichen Leitung einer Apotheke durch einen freien Heilberuf faktisch eine Fiktion, so die ABDA mit Nachdruck.

Infolgedessen falle das zentrale Kriterium der inhabergeführten Apotheke, das gesetzliche Berufsbild des „Apothekers in seiner Apotheke“. Diese Gesetzesinitiative zur Apothekenreform sei ein weiterer Angriff auf die Freiberuflichkeit, die so immer weiter ausgehöhlt werde. Das BMG scheine für den Apothekenbereich eben solche Liberalisierungen anzustreben, die es – angeblich – im (zahn-)ärztlichen Bereich verhindern will.

Was ist das Wort von Herrn Lauterbach wert?

Bereits seit fast zwei Jahren verspreche Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beim Thema iMVZ regulativ einzugreifen, erinnern Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV). So habe er erst vor wenigen Wochen im Rahmen der Pressekonferenz zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) gesagt, dass man sich zur Regulierung von iMVZ „im parlamentarischen Verfahren [zum GVSG] einigen“ würde und diese „zum Schluss verboten werden“. „Wir wollen da die derzeit ausufernde Kommerzialisierung der Praxen unterbinden, aber das ist im parlamentarischen Verfahren noch zu besprechen“, so O-Ton Lauterbach.

Die Zahnärzteschaft setzt sich weiter vehement für eine Regulierung von iMVZ ein, betonen die Standesorganisationen. Die KZBV hat im April dieses Jahres die auf Basis der Jahresdaten 2023 aktualisierte regelmäßige Analyse der KZBVzu iMVZ in der vertragszahnärztlichen Versorgung veröffentlicht.

Jedes dritte zahnärztliche MVZ ist schon in Investorenhand

Diese Zahlen zeigen: Danach setzte sich auch in 2023 die langjährige Entwicklung nahtlos fort, wonach immer mehr Fremdinvestoren (wie Private-Equity-Gesellschaften) in die vertragszahnärztliche Versorgung streben. Mittlerweile befinde sich bereits nahezu jedes dritte zahnmedizinische MVZ in der Hand von Investoren.

Wie die KZBV mitteilt, hat sie die Ergebnisse zusammen mit den zentralen Lösungsvorschlägen, wie diesen Versorgungsgefahren wirkungsvoll begegnet werden kann, an die politischen Entscheider auf Bundes- wie auch auf Landesebene versendet und stehe dazu „im kontinuierlichen Austausch mit den politischen Akteuren“. Bereits zuvor hatte die KZBV umfangreiche Gutachten veröffentlicht, die den aus ihrer Sicht dringenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf untermauern.

Letzte Woche appellierten die Landeszahnärztekammern an die jeweiligen Gesundheitsministerien, im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz, auf eine eigene Gesetzgebungsinitiative im Bundesrat zur Regulierung solcher Strukturen hinzuwirken: Entgegen aller Ankündigungen habe Lauterbach erneut eine Gelegenheit verpasst, dieses Thema endlich anzupacken, heißt es in dem Schreiben, das den zm vorliegt.

Am 5. Juli stimmt der Bundesrat über eine Regulierung ab

„Wir befürchten, dass die Mitglieder des Deutschen Bundestages in dieser Angelegenheit unter Umständen nicht die Einigkeit und Entschlossenheit an den Tag legen, die die Gesundheitsministerinnen und -minister zuletzt gezeigt haben. Sollte der Bundestag ebenfalls keinen geeigneten Lösungsvorschlag unterbreiten, wäre es aus unserer Sicht angezeigt, im Bundesrat über eine eigene Gesetzgebungsinitiative zu beraten“, heißt es in dem Brief weiter.

Bekanntlich hatte der Bundesrat schon im letzten Jahr auf Initiative von Bayern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hamburg eine Entschließung gefasst, in der er die Bundesregierung auffordert, MVZ stärker zu regulieren. Dieses Ansinnen hat der Gesundheitsausschuss des Bundesrats nun noch einmal aufgegriffen – mit der Empfehlung, die Forderung im Rahmen seiner Stellungnahme zum GVSG erneut an das BMG heranzutragen.

Lösungen liegen schon lange auf dem Tisch

Der Bundesrat will in seiner Sitzung am 5. Juli per Abstimmung darüber entscheiden, ob er den Empfehlungen seines Gesundheitsausschusses folgt. Bereits in dieser Woche, am 28. Juni, steht die 1. Lesung des GVSG im Bundestag an.

Die BZÄK und die KZBV hatten gemeinsam bereits sehr frühzeitig in dieser Legislaturperiode dem BMG Vorschläge für konkrete Maßnahmen zur Regulierung der iMVZ und zur Eindämmung der mit der Ausbreitung dieser Strukturem ausgehenden Gefahren für die Patuientenversorgung übermittelt: Voraussetzung für die Berechtigung zur Gründung von zahnärztlichen MVZ durch ein Krankenhaus müsse sein, dass das Krankenhaus über einen zahnmedizinischen Fachbezug verfügt und ein MVZ nur innerhalb seines Planungsbereichs gründen darf (räumlich-fachlicher Bezug). Entsprechende Änderungen sollten dann auch im Zahnheilkundegesetz zur Regulierung der iMVZ erfolgen.

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