Alkohol in Desinfektionsmitteln bald verboten?

Die EU arbeitet an einem Ethanolverbot in Desinfektionsmitteln

br
Zahnmedizin
Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) kritisiert die jüngsten Bestrebungen der EU scharf: „Die EU begibt sich auf wissenschaftlich nicht nachvollziehbare Pfade, die die Patientenversorgung gefährden könnten“.

Die BZÄK macht auf Bestrebungen der EU zu einer Neubewertung von Ethanol aufmerksam, die weitreichende Konsequenzen für die Hygiene im gesamten Gesundheitswesen haben könnte, und kritisiert diese scharf: „Die EU begibt sich auf wissenschaftlich nicht nachvollziehbare Pfade, die die Patientenversorgung gefährden könnten“.

Ein aktuelles Verfahren der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zur Neubewertung von Ethanol (umgangssprachlich Alkohol) könnte dessen Verwendung zukünftig stark einschränken. Das hätte weitreichende Folgen für Krankenhäuser, Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Pflegeheime.

„Bürokratischer Irrsinn“ liegt wie Mehltau auf den Praxen

Als Konsequenz wäre die Verfügbarkeit und der Einsatz von Ethanol auf Grund der Arbeitsschutzregelungen stark eingeschränkt oder sogar verboten. Dazu gehören zum Beispiel Hände- und Oberflächendesinfektionsmittel. Eine im Raum stehende Einstufung als reproduktionstoxisch würde nach deutschem Arbeitsrecht ein Beschäftigungsverbot für alle Frauen im gebärfähigen Alter nach sich ziehen. Das würde das Gesundheitswesen unmittelbar lahmlegen, kritisiert die Bundeszahnärztekammer in einer Pressemitteilung.

„Vor wenigen Tagen hat der Deutsche Zahnärztetag als zentrales Thema den bürokratischen Irrsinn angeprangert, der wie Mehltau über den Praxen liegt und einen radikalen, echten Bürokratieabbau gefordert“, sagt BZÄK-Vizepräsident Konstantin von Laffert zu den Brüsseler Plänen. „Diese neue Posse aus Brüssel ist sinnbildlich für kontinuierliche bürokratische Übergriffigkeiten.“

Hygiene in der medizinischen Versorgung darf nicht gefährdet werden

Um eine gesicherte und hygienische medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleisten zu können, müsse eine Einstufung von Alkohol (Ethanol) als CMR-Substanz (cancerogen/mutagen/reproduktionstoxisch) dringend verhindert werden – darin seien sich die Beteiligten im deutschen Gesundheitssystem einig, schreibt die Bundeszahnärztekammer.

Und ergänzt: „Eine entsprechende Einstufung wäre unverhältnismäßig und auch unsachgemäß, da sie allein durch Studien bezüglich einer (missbräuchlichen) oralen Aufnahme von Ethanol-Gemischen, also dem Alkoholtrinken, erfolgen würde. Das Trinken alkoholischer Getränke soll allerdings weiter erlaubt bleiben.“

Ethanol ist unverzichtbar – Alternativen wären teurer

„Ethanol ist in der Verwendung als Desinfektionsmittel, Arzneimittel und Medizinprodukt wirksam, sicher und unverzichtbar. Zudem wäre der Schutz vulnerabler Patientengruppen, insbesondere im Krankenhaus beziehungsweise im ambulanten Sektor, aber auch in Pandemiezeiten, nicht mehr gegeben. Mögliche Ausnahmeregelungen erscheinen vor dem regulatorischen und bürokratischen Aufwand wenig effektiv“, so von Laffert.

„Mit dem wissenschaftlich nicht nachvollziehbaren Verbot von Ethanol würde sich die Versorgung verschlechtern und die Hygienekette löchrig werden. Bei Verwendung teurer Alternativen würden die Kosten im Gesundheitswesen weiter steigen. Nach dem zuletzt gestarteten Versuch der Hygienebehörden, hierzulande die sogenannte ,abschließende Wischdesinfektion' zu verbieten, ist das ein weiterer bürokratischer Knüppel, der den unter Personalmangel ächzenden Praxen zwischen die Beine geworfen wird“, führt der BZÄK-Vize weiter aus.

„Wir appellieren an eine neue Bundesregierung, den bürokratischen Burnout in den Praxen endlich zu stoppen, um die Patientinnen und Patienten weiter auf gewohnt hohem Niveau behandeln zu können.“

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