Ein Prozent studiert Zahnmedizin ohne Abi
Kontinuierlicher Anstieg: Zwischen 2010 und 2016 hat sich die Zahl der Studierenden ohne Abi mehr als verdoppelt und liegt aktuell bei bundesweit 57.000 Immatrikulierten. Das geht aus Berechnungen des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh hervor.
Das CHE beruft sich dabei auf aktuelle Zahlen des Bundesamts für Statistik. Als "Studierende ohne Abitur" definiert das CHE dabei all diejenigen, die ihre Hochschulzugangsberechtigung nicht über die allgemeine Hochschulreife beziehungsweise Fachhochschulreife erlangt haben, sondern über eine abgeschlossene Berufsausbildung, einen Meisterabschluss oder eine gleichwertige Aufstiegsfortbildung.
2016 schaffte es ein Prozent in die Medizin oder Zahnmedizin
Von den aktuell 107.000 Medizin- und Zahnmedizinstudierenden in Deutschland seien rund 700 über den beruflichen Weg an einen Studienplatz gelangt, schreibt das CHE in dem kürzlich veröffentlichten Arbeitspapier "Medizin und Pharmazie studieren ohne Abitur". Im Jahr 2016 nahmen laut den Berechnungen des Instituts insgesamt 146 Männer und Frauen ein Studium der Medizin oder Zahnmedizin auf. Zum Vergleich: Im Jahr 2014 waren es mit 112 Personen noch deutlich weniger Studienanfänger gewesen.
Trotzdem: Nach Aussage der CHE-Experten müsse man immer noch klar von Ausnahmefällen sprechen. "Gemessen an der Gesamtzahl aller Studienanfänger ohne allgemeine Hochschulreife oder Fachhochschulreife, die im Jahr 2016 bei 13.132 lag, beträgt der Anteil bezogen auf das Studienfach Medizin 1 Prozent", heißt es in dem Arbeitspapier.
Human- und Zahnmedizin auf Platz drei der Beliebtheitsskala
Im Jahr 2016 belegten rund 55 Prozent aller Studienanfänger ohne Abitur ein Fach aus den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Am zweitbeliebtesten waren die Ingenieurwissenschaften mit 20 Prozent. Mit einer Quote von 11,4 Prozent rangierte der Studienbereich Humanmedizin inklusive Zahnmedizin und Gesundheitswissenschaften bei den Studienanfängern dieser Gruppe auf Platz drei. Das entsprach rund 1.500 Personen.
Über 90 Prozent von ihnen entschieden sich für den Bereich der Gesundheitswissenschaften. Dazu gehören unter anderem Studiengänge aus Fachrichtungen wie Pflegewissenschaften oder Physiotherapie. Nur etwas über 9 Prozent nahmen ein Studium der Human- oder Zahnmedizin auf.
Die Konkurrenz schläft nicht
Das CHE nennt unter anderem diesen Grund dafür: starke Konkurrenz. "Laut aktueller Zahlen kommen im Sommersemester 2018 auf 1.678 Studienplätze in Medizin rund 19.700 Bewerbungen, was einer durchschnittlichen Nachfrage von 12 Studienbewerbern pro Studienplatz entspricht", heißt es in dem Papier.
Etwas günstiger habe es in der Zahnmedizin ausgesehen: "Dort sind es im selben Zeitraum rund 3.400 Bewerber für 603 Studienplätze und somit durchschnittlich 6 Interessenten pro Studienplatz."
Zahl der Abschlüsse ist gestiegen
Im untersuchten Zeitraum ist laut CHE die Zahl derjenigen, die ein Studium ohne den vorherigen Erwerb einer schulischen Hochschulzugangsberechtigung erfolgreich abschließen, stetig angewachsen und erreichte 2016 mit 7.200 Personen einen vorläufigen Höchstwert. Der Anteil der Absolventen aus dem Bereich Humanmedizin inkl. Zahnmedizin liegt bei 0,5 Prozent.
Jenseits der 40 beginnen mehr Frauen als Männer ein Studium
Das CHE hat im Rahmen der Analyse auch Daten zu Geschlecht und Alter der Studierenden ausgewertet. Das Ergebnis: Jeder zweite Studierende, der sich rein über den beruflichen Weg für ein Studium qualifiziert hat, ist zwischen 20 und 30 Jahre alt. Etwa ein Drittel sind 30 bis 40 Jahre alt. Männer sind laut CHE mit 55 Prozent nur wenig mehr vertreten als Frauen mit 45 Prozent. Auffallend sei jedoch, dass jenseits der 40 mehr Frauen "den Sprung in die akademische Ausbildung" wagten.