„Eine zentrale Instanz, bei der alle Fäden zusammenlaufen“
Der Verband macht sich dafür stark, die hausärztliche Praxis als zentrales Steuerungselement zu implementieren und ein hausärztliches Primärversorgungsmodell einzuführen. Es brauche in Deutschland eine zentrale Instanz, bei der die Fäden der medizinischen Versorgung zusammenlaufen, betonte Prof. Dr. Martin Scherer, Präsident der DEGAM. Andere Länder machten seit Jahren vor, wie sich damit die Qualität steigern und gleichzeitig die Kosten reduzieren lassen, betonte er.
Steuerung stärkt die Patientensicherheit und verbessert die Versorgung
Scherer: „Eine konsequente hausärztliche Steuerung stärkt die Patientensicherheit und verbessert die Versorgung. Es gibt weder Evidenz noch rationale Argumente dafür, warum sich Deutschland ein unkoordiniertes System leistet, in dem die eine Hand oft nicht weiß, was die andere tut.“
Die DEGAM verweist in ihrem Positionspapier auf nationale und internationale Studien als Beleg dafür, dass eine hausärztliche Primärversorgung die Versorgung vulnerabler Gruppen verbessern, Hospitalisationen und Notfallbehandlungen verringern und die Behandlungskontinuität steigern könne. In hausärztlichen Praxen könnten über 80 Prozent der Beratungsanlässe niedrigschwellig, personenzentriert, schnell, meist parallel und ohne Überweisung vor Ort abschließend geklärt werden, heißt es in dem Papier.
Primärärztliche Koordination und Steuerung sei eine Kompetenz, die ausschließlich im hausärztlichen Setting erworben, aufrechterhalten und vertieft werde, heißt es in dem Positionspapier weiter. Nur hier werde die Versorgung durch die in der Weiterbildung erworbenen Kenntnisse im Niedrigprävalenzbereich, in gelebtem Shared Decision Making und in der psychosomatischen Grundversorgung immer stark auf das Individuum und seine Umgebung fokussiert.
Der Arzt muss nicht alles übernehmen
Als konkrete Maßnahmen schlägt die Gesellschaft drei Lösungsmöglichkeiten vor. Erstens gehört für sie dazu in einem ersten Schritt die Einführung eines hausärztliches Primärversorgungsystems – mit Vorteilen für Versicherte, in einen Tarif ihrer Krankenkasse zur hausarztzentrierten Versorgung (HZV) zu wechseln (HZV-Bonus). Zweitens schlägt die DEGAM eine Kontaktgebühr oder Kostenbeteiligung im Notdienst beziehungsweise für jeden gebietsärztlichen Besuch ohne Überweisung vor (Ausnahmen: Augenarzt, Gynäkologie). Drittens plädiert sie für eine Reform der Aus- und Weiterbildungsstrukturen mit Priorisierung hausärztlicher Kompetenzen.
Angesichts der aktuellen Überlastung der hausärztlichen Praxen macht die DEGAM auch Vorschläge zur Stärkung der personellen Basis in den Praxen: Nicht alle Aufgaben müssten zwangsläufig von einer Ärztin oder einem Arzt übernommen werden, nicht-sinnhafte Vorgaben der Gebührenordnung sollten abgeschafft werden.
Weiterhin fordert die DEGAM eine genügende Zahl von ausgebildeten Medizinstudierenden, die sich für die hausärztliche Praxis entscheiden. Es sei völlig unverständlich, dass die seit Jahren eingeforderte Reform des Medizinstudiums (Umsetzung Masterplan 2020 und Änderung der Ärztlichen Approbationsordnung) noch immer auf sich warten lasse.