Anhörung zum Digital-Gesetz im Gesundheitsausschuss

Es hapert im Detail

pr
Politik
Das geplante Digital-Gesetz stößt zwar in der Fachwelt auf viel Lob. Dennoch hagelt es Kritik an etlichen Details, wie eine Anhörung gestern ergab. Auch für die Zahnärzteschaft liegt einiges im Argen.

Die geplante digitale Transformation im Gesundheitswesen wird von Experten im Grundsatz begrüßt. Allerdings werden einzelne Regelungen kritisch hinterfragt, vor allem die aus Sicht einiger Gesundheitsexperten zu kleinteiligen Vorgaben und zu kurze Umsetzungsfristen, wie die gestrige Anhörung im Bundestags-Gesundheitsausschuss zum Digital-Gesetz (DigiG)der Bundesregierung ergab.

In der Kritik: Sanktionsmechanismen und Zeitpläne

Sanktionsmechanismen und Zeitpläne werden kritisch gesehen. Ein wichtiger Schwerpunkt: Die Regelungen zur elektronischen Patientenakte (ePA). Die Bundesregierung will die Digitalisierung im Gesundheitswesen mit der Einführung verbindlicher Standards beschleunigen. Anfang 2025 soll die ePA für alle gesetzlich Versicherten eingerichtet werden, das elektronische Rezept (E-Rezept) wird 2024 verpflichtend.

Nach Ansicht des GKV-Spitzenverbandes ist die Opt-Out-Regelung notwendig, um die ePA als zentrale Datendrehscheibe zu etablieren, die Autonomie der Patienten zu stärken und den Akteuren notwendige Informationen alltagsnah zur Verfügung zu stellen. Allerdings sei die Frist zur Bereitstellung der ePA zu kurz. Die Einführung eines unreifen ePA-Produkts würde zu einer mangelhaften Akzeptanz führen, so der Verband. Die Frist sollte daher auf den 1. Juli 2025 festgesetzt werden. Die vorgesehene Möglichkeit für Krankenkassen, auf Wunsch der Versicherten bis zu zehn Dokumente pro Jahr in die ePA einzustellen, sei aufwendig, teuer und datenschutzrechtlich kaum umsetzbar. Alternativ könnten Versicherte eigenständig Dokumente scannen und in die ePA einstelle, so der Vorschlag.

Der Verband der Ersatzkassen (vdek) wies auf die höheren Kosten durch das geplante Gesetz hin. So beinhalte der Gesetzentwurf eine erhebliche Kostenbelastung von 789 Millionen Euro für die Jahre 2024 bis 2026. Hinzu kämen laufende jährliche Kosten in Millionenhöhe. Nötig sei daher eine Finanzreform zur langfristigen und nachhaltigen Finanzierung der GKV.

Gefragt: praxisgerechte Regelungen für die ePA

Die Bundesärztekammer (BÄK) begrüßte die Opt-Out-Regelung bei der ePA, kritisierte aber die Zugriffsverwaltung. Diese sei an manchen Stellen so kleinteilig gestaltet, dass die nötige Praktikabilität und Überschaubarkeit für die Versicherten nicht gewährleistet werde. Es müsse sichergestellt sein, dass die ePA von Versicherten mit komplexen chronischen Erkrankungen möglichst schnell einen Überblick für die behandelnden Ärzte bietet. Der Gesetzentwurf sehe überdies eine Reihe von Fristen vor, die überwiegend als unrealistisch einzuschätzen seien. Die angedrohten Sanktionen für Ärzte beim E-Rezept seien zudem kein sinnvolles Instrument.

Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sind praxisgerechte Regelungen für die ePA von besonderer Bedeutung. Diese müssten deshalb durch konkrete Umsetzungsvorgaben für die Hersteller und Regelungen zu ausreichenden Tests sichergestellt werden. Außerdem müsse gewährleistet sein, dass die ePA als Mehrwert für die innerärztliche Kommunikation dient. Die Krankenkassen müssten zudem ihrer Pflicht umfassend nachkommen, ihre Versicherten über die ePA umfassend zu informieren. Zusätzliche Erklärungsaufwände in den Praxen, die die Zeit für die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten reduzieren, müssten vermieden werden.

Das sagt die Zahnärzteschaft zum Digital-Gesetz

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) haben zu den geplanten Regelungen im DigiG Stellung bezogen, die die Zahnärzteschaft betreffen. Sie halten die Opt-Out-Lösung bei der ePA für geeignet, die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben. Dennoch bestehe damit das Kernproblem der ePA weiter fort, nämlich der fehlende Nutzen für die Versorgung. Sie sind der Auffassung, dass die ePA mit klar strukturierten und für die Nutzenden nachvollziehbaren Informationen befüllt werden müsse, die primär der Verbesserung der Versorgung dienen.

KZBV und BZÄK unterstützen die vom Bundesrat erhobene Forderung nach einer intensiven kommunikativen Begleitung des Einführungsprozesses durch das Bundesgesundheitsministerium . Dazu sollten - flankierend zur vorgesehenen Informationspflicht der Krankenkasse - allgemein, niederschwellig und leicht verständlich über grundsätzliche Funktionsweise und Sicherheit, Nutzen und Vorteile von Gesundheitsdaten sowie über Gebrauch von Basisfunktionen und analoge Alternativen aufgeklärt werden.

Die beiden Standesorganisationen geben zu bedenken, dass durch die flächendeckenden Einführung ePA auch die Anforderungen an das Datenmanagement in der ePA steigen würden. Dies könne zu einem erheblichen Mehraufwand in den Praxen führen und schlimmstenfalls die durch die bisherigen bürokratischen Hürden ohnehin schon reduzierte Zeit für die Behandlung der Patienten noch weiter senken. Behandlungskapazitäten dürften nicht verloren gehen. Gerade die Unterstützung der Versicherten bei der Nutzung der ePA sei originäre Aufgabe der Krankenkassen. Eine Einbeziehung der Leistungserbringenden bei der Befüllung mit Altbefunden lehnen KZBV und BZÄK ab.

Die Stellungnahme von KZBV und BZÄK finde Sie hier.

Nach Ansicht des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) kann die ePA der Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung große Impulse geben. Daher unterstütze der Verband „ausnahmsweise“ das Opt-Out-Verfahren. Es müsse gewährleistet sein, das die technische Infrastruktur für eine reibungslose Nutzung der ePA bereitsteht. Ein Widerspruch gegen die ePA müsse einfach, selbsterklärend und barrierefrei möglich sein.

Mehrere Sachverständige gingen in der Anhörung auf die Art der Befüllung der ePA ein und wiesen auf die Bedeutung strukturierter Daten hin. Unstrukturierte Daten seien am Ende für die Ärzte nicht hilfreich, hieß es.

Der Abschluss des Bundestagsverfahrens im Ausschuss und Plenum erfolgt voraussichtlich im Dezember. Der 2. Durchgang im Bundesrat könnte dann Anfang Februar 2024 stattfinden.

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