Forschungsverbund in Hannover forscht an intelligenten Implantaten
Mit rund zwölf Millionen Euro fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in den nächsten vier Jahren einen neuen Sonderforschungsbereich Transregio TRR 298 zu Implantaten. Unter der Federführung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) werden dabei Mediziner der MHH gemeinsam mit Ingenieur- und Naturwissenschaftlern der Leibniz Universität Hannover (LUH) die Grundlagen für eine neue Generation von Implantaten entwickeln.
In dem Forschungsverbund „Sicherheitsintegrierte und infektionsreaktive Implantate“ (SIIRI), der von Prof. Dr. Meike Stiesch, Direktorin der MHH-Klinik für Zahnärztliche Prothetik und Biomedizinische Werkstoffkunde, geleitet wird, wird ein völlig neuer Weg der Implantat-Forschung eingeschlagen. „Erstmals wollen wir sicherheitsrelevante Konzepte aus den Ingenieurwissenschaften, wie sie zum Beispiel in der Luftfahrt zur Erhöhung der Sicherheit zur Anwendung kommen, für die Medizin erforschen“, erläutert Stiesch.
Monitoring der Implantatfunktion
Dabei sollen Forscher aus unterschiedlichsten Disziplinen gemeinsam intelligente Implantatsysteme für die Zahnmedizin und Orthopädie sowie Hörimplantate entwickeln, die mit modernster Technologie erstmals ein kontinuierliches Monitoring der Implantatfunktion und damit eine Früherkennung von Komplikationen, wie etwa Infektionen, erlauben. So werde eine frühzeitige therapeutische Intervention zur Bekämpfung dieser Infektionen möglich.
Ausgangspunkt bei Dentalimplantaten ist eine in die Implantatoberfläche integrierte Sensorik, die den Umschlag des mikrobiologischen Umfeldes in einen pathogenen Zustand registrieren kann, beispielsweise über Veränderungen des pH-Wertes. Diese Information muss im Implantat gespeichert und extern auslesbar gemacht werden, damit Behandler bei Kontrollen darauf aufmerksam werden können.
Implantate sollen heilen
Die Wissenschaftler wollen in diesem Verbund aber noch weiter gehen: „Wir entwickeln intelligente Implantatsysteme, die über zellbasierte, chemische und physikalische sogenannte Closed-Loop-Systeme eigenständig eine frühzeitige Reparatur und damit Ausheilung einleiten können“, erklärt Stiesch.
Solche autonomen Systeme sollen beispielsweise chemisch über die Freisetzung antibakterieller Wirkstoffe aus der Implantatoberfläche eine „heilende“ Funktion erhalten. Limitationen durch einen begrenzten Wirkstoffvorrat am Implantat könnten durch eine biologische Lösung aufgehoben werden, indem geeignete, in die Implantatoberfläche integrierte Zellen theoretisch unbegrenzt antibakterielle Substanzen produzieren.
Innovation stärkt Patientensicherheit
Ein weiterer innovativer Ansatz in diesem Forschungsverbund ist, dass nicht nur die Grenzflächen zwischen Technik und Biologie erforscht werden, sondern auch die Patientenperspektive von Anfang an in alle Forschungs- und Entwicklungsschritte einbezogen wird. Die Erforschung der Arzt-Patienten-Interaktion soll zu einer weiteren Erhöhung der zukünftigen Implantat- und damit Patientensicherheit beitragen.