Hilft CHX auch ohne Zähneputzen?
Chlorhexidindiglukonat (CHX) hat seine antibakteriellen Eigenschaften in Kombination mit einem hohen Bindungsvermögen an Schleimhäute in zahlreichen Studien unter Beweis gestellt. In einer kürzlich in “Clinical Oral Investigations“ publizierten Studie gingen Wissenschaftler der Universität Homburg/Saar gezielt zwei Aspekten der CHX-Anwendung auf den Grund:
Inwieweit stört CHX die Biofilmbildung?
Ist CHX in der Lage, einen etablierten Biofilm zu zerstören?
Die Klärung dieser Fragen könnte neue Evidenz für den Einsatz von CHX-Mundspüllösungen bei alten und/oder gehandicapten Menschen liefern, die einer Plaquebeseitigung nicht in wünschenswerter Weise nachkommen können.
Um ein möglichst lebensnahes Setting nachzuahmen, ließen die Forscher in Kunststoff eingebettete Rinderschmelzproben von Probanden intraoral tragen.
Für die Analyse der Biofilm-Bildungsstörung trugen die Freiwilligen die Proben insgesamt zwei Tage und spülten zu Beginn und dann weiter zweimal täglich mit einer CHX-Mundspüllösung von 0,2 Prozent für 30 Sekunden.
Für die Analyse der Zerstörung von bestehendem Biofilm, ließen die Forscher die Plaque zunächst über 48 Stunden intraoral auf den Probenoberflächen wachsen. Erst an Tag drei spülten die Freiwilligen zweimal mit CHX.
Während beider Versuchsprotokolle verzichteten die Probanden für zwei beziehungsweise drei Tage komplett auf das Zähneputzen. In der Kontrollgruppe benutzten die Freiwilligen Trinkwasser anstelle der CHX-Mundspüllösung.
Analyse der Biofilmbildung
Bei den Kontrollgruppen war nach 24 und nach 48 Stunden erwartungsgemäß ein dichter Biofilm mit vielen lebenden Mikroorganismen entstanden. Auf dem mit CHX gespülten Zahnschmelz fanden die Forscher nur einzelne bakterielle Kolonien und erheblich weniger lebende Bakterien. Die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) offenbarte in der Kontrollgruppe mehrere Schichten von Bakterien auf der Pellikel, während bei den CHX-gespülten Proben die Bakterien in nur einer Schicht die Pellikel besiedelt hatten. Auch zeigten sich die Bakterienzellen in der Mehrzahl beschädigt und nicht lebensfähig. Nach 48 Stunden war die Biofilmdicke bei der CHX-Gruppe signifikant geringer.
Störung des reifen Biofilms
Nach 48-stündiger Biofilmbildung sank die Vitalität der Bakterien bereits nach der ersten CHX-Spülung signifikant, obwohl die Wissenschaftler zu diesem Zeitpunkt noch keine signifikante Verringerung der Biofilmbedeckung beobachten konnten. Erst nach 72 Stunden und zweimaliger CHX-Spülung verringerten sich beide Parameter, die Bakterienbedeckung und die bakterielle Vitalität, erheblich.
Die Dicke des Biofilms verringerte sich ebenfalls nach dem ersten CHX-Spülen im Vergleich zur Dicke des Kontrollbiofilms. Die nachfolgenden CHX-Spülungen führten nach 72 Stunden zu einer signifikanten Verringerung der Biofilmdicke.
Weiterhin hemmte die CHX-Behandlung nicht nur die Bildung von bakteriellem Biofilm, sondern es deutete sich auch an, dass die CHX-Behandlung den Schmelzschutz durch die Bildung einer dickeren proteinhaltigen Schutzschicht verbessert.
Fazit
Spülungen mit 0,2 Prozent CHX haben ein großes präventives Potenzial bei der Biofilmbildung und ein enormes Störpotential für bestehende Biofilme auf Zahnschmelz unter „lebensnahen“ experimentellen Bedingungen in situ. Die wirksame Entfernung eines bereits vorhandenen Biofilms auch ohne mechanische Plaquebeseitigung eröffnet den Einsatz von CHX-Spülungen jenseits von antibakteriellen Zusatzbehandlungen in Situationen, wo eine adäquate Mundhygiene kaum möglich ist.
Martínez-Hernández, M., Reda, B. & Hannig, M. Chlorhexidine rinsing inhibits biofilm formation and causes biofilm disruption on dental enamel in situ. Clin Oral Invest 24, 3843–3853 (2020).https://doi.org/10.1007/s00784-020-03250-3