In Memoriam: Peter Gängler
Am 13. Januar verstarb Peter Gängler unerwartet im Alter von 83 Jahren. Noch Wochen vorher haben wir – seine ehemaligen Erfurter Mitarbeiter – uns in der Tradition regelmäßiger Zusammenkünfte mit ihm treffen können. Wie bleibt er uns in Erinnerung? Es fällt schwer, ein letztes Mal aufzuschreiben, was ihn ausmachte, was ihn in unseren Köpfen und Herzen verankert.
Dazu vielleicht eine kleine Sequenz aus der Erinnerung: Wenn wir mit ihm ein durchschnittliches Manuskript bearbeiteten, dann war der biologische, (zahn)medizinische, publizistische und strategische Erkenntniszuwachs aus 30 Minuten gemeinsamen Überarbeitens ein derartiger, wie er nach mehrtägigem eigenem Bemühen nie hätte ausfallen können. Und wir verließen sein Arbeitszimmer in der Überzeugung – die er uns mitgab –, eine recht gute Arbeit abgeliefert zu haben, motiviert und inspiriert für die nächste.
Es ist nicht alltäglich, wenn ehemalige Assistenten über einen Zeitraum von 50 Jahren hinweg ihrem Chef die Treue halten. Es ist besonders, miterleben zu dürfen, mit involviert zu sein, wenn sich aus unterstelltem ein kollegiales Miteinander entwickelt, wenn daraus ein freundschaftliches erwächst und schließlich echte Freundschaft. Letzteres darf man in heutigen Zeiten durchaus – natürlich in Abhängigkeit des eigenen Anspruchs – als Seltenheit bezeichnen.
Peter Gängler war besonders und diese Entwicklung war etwas Besonderes. Wir durften partizipieren an der bis zu seinem plötzlichen Tod erhaltenen jugendlichen Begeisterungsfähigkeit, die noch mindestens für ein Jahrzehnt Potenzial hatte, und das strahlte nicht nur auf uns als die am meisten Verbundenen aus, sondern auch auf Generationen von Studenten, Zahnärzten und Hochschullehrern. Das gespürt und erlebt zu haben, macht den Verlust deutlich, doch das Nachhallen des Erlebten mindert gleichzeitig den Schmerz.
Mit Peter Gängler verlieren wir einen Verfechter modernen biologischen Denkens sowie medizinischen Handelns und Forschens, einen Wissenschaftler, der den Meinungsstreit über alles liebte und ihn einzigartig kultivierte – eine Tugend, die nicht nur in der Zahnmedizin immer rarer zu werden droht –, der bis zu seinem Tode forschte und international renommiert publizierte, unterstützt durch treue Begleiter. Wir verlieren einen von ethischen Grundsätzen beseelten Menschen, der Intelligenz nicht als auf die bloße Naturgesetzlichkeit begrenzte Kenntnis vom Kausalen, wie systemisch und komplex es sich auch immer präsentiert, reduzierte, sondern weit umfassender als geistige und emotionale Ausformung des Menschen begriff. Wir verlieren einen Menschen, der mit Verstand und Leidenschaft zu arbeiten, zu feiern, zu genießen verstand: einen guten Wein, ein selbst bereitetes Mahl, Natur, Literatur, Architektur, Kultur schlechthin und gute Gespräche in fröhlicher Runde.
Derartige Lücken schließen sich nicht vollständig. Wir werden uns nun ohne Dich treffen, lieber Peter, und Deiner dabei stets ehrend gedenken.
Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Gängler
geboren am 30.10.1941 in Radebeul
1965: Abschluss des Studiums der Zahnmedizin in Leningrad (heute St. Petersburg)
danach Tätigkeit als Zahnarzt in Lutherstadt Wittenberg
1966: Medizinische Akademie Carl Gustav Carus Dresden
1967: Promotion zum Dr. med. dent. am Institut für Klinische Pharmakologie
1975: Berufung zum Professor und Direktor der Poliklinik für Konservierende Stomatologie an der Medizinischen Akademie Erfurt (jüngster Lehrstuhlinhaber der Zahnmedizin in der DDR)
1978 bis 1987: Präsident der Gesellschaft für Konservierende Stomatologie der DDR
1992: Berufung auf den Lehrstuhl für Zahnerhaltung und Parodontologie und Dekan der Zahn-, Mund-, Kiefer- und Gesichtsmedizin der Universität Witten/Herdecke
2003 bis 2005: Vizepräsident für Forschung an der Universität Witten/Herdecke
2004: Ehrendoktorwürde der Ignatz Semmelweis Universität in Budapest
2008: Emeritierung
2008: Gründung des „Instituts für Oralmedizin an der Universität Witten/Herdecke (ORMED)“ gemeinsam mit seinem ehemaligen Studenten Dr. Tomas Lang
Prof. Gängler war häufig Gast in der Podcast-Reihe „IntraDental“ von Dr. Tomas Lang. Ein Gesprächsmitschnitt aus dem Juni 2024 ist auf der Plattform YouTube veröffentlicht (https://www.youtube.com/watch?v=L3BclV32DOQ).
Prof. Dr. Dr. h. c. Thomas Hoffmann
im Namen der ehemaligen Erfurter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter