Komplexe Mechanismen bilden Teufelskreis

Lebererkrankungen beeinträchtigen die Mundgesundheit und umgekehrt

ck
Zahnmedizin
Ein internationales Forscherteam hat den Zusammenhang zwischen Parodontitis und chronischen Lebererkrankungen wie Leberzirrhose untersucht.

Die Wissenschaftler aus Großbritannien, Kanada, USA, Chile und China zeigen mehrere Wege auf, wie Parodontitis eine Lebererkrankung verschlimmern kann. Der erste Weg führt über die „Mund-Darm-Leber-Achse“: Pathogene Bakterien aus dem Mund gelangen bei alltäglichen Aktivitäten wie Kauen und Zähneputzen in den Blutkreislauf gelangen. Im Darm angekommen, können diese Mikroben die Zusammensetzung des Darmmikrobioms verändern, was zu Dysbiose und erhöhter Darmdurchlässigkeit führt – auch bekannt als „Leaky Gut“. Dadurch können bakterielle Produkte wie Endotoxine in die Leber gelangen und Entzündungen und Fibrogenese auslösen.

Eine Translokation vom Mund in die Leber ist biologisch plausibel

Dabei haben frühere Studien bereits gezeigt, dass parodontale Krankheitserreger wie Porphyromonas gingivalis die Leberverfettung und Entzündungen bei Mäusen mit vorbestehenden Stoffwechselerkrankungen verschlimmern kann. Diese Mikroben oder ihre Nebenprodukte wurden sogar im Lebergewebe gefunden, was den Forschenden zufolge darauf hindeutet, dass eine Translokation vom Mund in die Leber biologisch plausibel ist.

Auch das Immunsystem spielt in diesem Zusammenhang demzufolge eine zentrale Rolle: „Chronische parodontale Entzündungen führen zur Freisetzung entzündungsfördernder Zytokine wie TNF-alpha und IL-6, die seit Langem mit der Entwicklung von Lebererkrankungen in Verbindung gebracht werden“, heißt es in der Studie.

Sie hebt zudem die Beteiligung von Th17-Zellen hervor – einem Immunzelltyp, der durch orale Krankheitserreger aktiviert wird und in die Leber wandern und Stoffwechselstörungen verschlimmern kann. „Zusammen bilden diese Mechanismen einen Teufelskreis: Lebererkrankungen beeinträchtigen die Mundgesundheit, während orale Entzündungen die Leberschäden beschleunigen“, betonen die Forschenden.

Patienten mit Leberzirrhose haben eine schlechtere Mundgesundheit

Die klinischen Daten seien noch in der Entwicklung, stützten aber diesen Zusammenhang: „Patienten mit Leberzirrhose weisen durchweg eine schlechtere Mundgesundheit auf als die Allgemeinbevölkerung und leiden häufiger unter Gingivahyperplasie, Attachmentverlust und Knochenschwund“, schreiben die Wissenschaftler. Die Prävalenz von Parodontitis bei Patienten, die auf eine Lebertransplantation warten, könne bis zu 72 Prozent betragen. Studien hätten zudem Zusammenhänge zwischen schwerer Parodontitis und erhöhter Sterblichkeit bei Patienten mit Leberzirrhose festgestellt.

Auch für Menschen mit MASLD, der häufigsten Form chronischer Lebererkrankungen, seien die Belege überzeugend. Bevölkerungsstudien haben demnach ergeben, dass Menschen mit fortgeschrittener Parodontitis deutlich häufiger an MASLD erkranken, selbst nach Berücksichtigung gemeinsamer Risikofaktoren wie Übergewicht und Diabetes. In einer kleinen Studie führte eine Parodontitisbehandlung zu einer kurzfristigen Verbesserung der Leberenzyme – für die Autoren ein Hinweis darauf, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Mundgesundheit die Leberfunktion beeinflussen könnten.

Sie weisen jedoch darauf hin, dass sich die Forschung noch in einem frühen Stadium befindet. Viele der klinischen Daten stammen demnach aus Beobachtungsstudien, die Ursache und Wirkung nicht eindeutig nachweisen können. Zudem bestehe die Herausforderung, Lebensstil- und sozioökonomische Faktoren, die sowohl die Mund- als auch die Lebergesundheit beeinflussen, voneinander zu trennen. Dennoch sprächen die biologische Plausibilität, die Konsistenz der Befunde und vorläufige Interventionsdaten dafür, den Zähnen und dem Zahnfleisch von Patienten mit Lebererkrankungen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Die Autoren fordern daher eine intensivere multidisziplinäre Zusammenarbeit. „Gastroenterologen und Hepatologen, die typischerweise Lebererkrankungen behandeln, denken möglicherweise nicht daran, nach der Mundgesundheit zu fragen oder Patienten an einen Zahnarzt zu überweisen.“ Die Daten legten jedoch nahe, dass sie dies tun sollten. Eine engere Zusammenarbeit zwischen diesen Fachrichtungen könnte zu einer früheren Diagnose und einer besseren Versorgung führen.

Hudson D, Ayares G, Taboun Z, Malhi G, Idalsoaga F, Mortuza R, Souyet M, Ramirez-Cadiz C, Díaz LA, Arrese M, Arab JP. Periodontal disease and cirrhosis: current concepts and future prospects. eGastroenterology. 2025 Feb 25;3(1):e100140. doi: 10.1136/egastro-2024-100140. PMID: 40160254; PMCID: PMC11950965.

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