Neues Molekül gegen antibiotikaresistente Keime
Cresomycin heißt das neue Molekül der Forscherteams und lehnt sich in seiner Funktionsweise an die Mechanik bereits existierender Antibiotika an: Wie diese stört es die Funktion der bakteriellen Ribosomen. Ribosomen sind makromolekulare Komplexe, die die genetische Information (Basensequenz) eines mRNA-Einzelstrangs „ablesen“ und in Proteine übersetzen. Dieser Prozess ist überlebenswichtig für Bakterien und deshalb haben die Keime Gegenstrategien, Resistenzen gegen die Störungen entwickelt, die die Anbindung der eingesetzten Antibiotika an die Ribosomen verhindern.
Cresomycin ist nach bisherigem Forschungsstand offenbar in der Lage, diesen Resistenzschutz der Bakterien zu umgehen. Bei in Harvard durchgeführten Tierversuchen schützte das Medikament vor Infektionen mit multiresistenten Stämmen häufiger Krankheitserreger, darunter Staphylococcus aureus, Escherichia coli und Pseudomonas aeruginosa. „Obwohl wir noch nicht wissen, ob Cresomycin und ähnliche Medikamente beim Menschen sicher und wirksam sind, zeigen unsere Ergebnisse im Vergleich zu klinisch zugelassenen Medikamenten eine deutlich verbesserte Hemmwirkung gegen eine lange Liste pathogener Bakterienstämme“, sagt der Leiter des Harvard-Teams Andrew Myers, Professor für Chemie und chemische Biologie. Der nächste Schritt besteht nun darin, die Wirksamkeit und Sicherheit von Cresomycin beim Menschen zu bewerten.
Das neuartige Antibiotikum ist das Ergebnis einer langjährigen Forschungspartnerschaft zwischen der Gruppe von Yury Polikanov, außerordentlicher Professor für Biowissenschaften an der UIC, und Kollegen in Harvard. Die UIC-Wissenschaftler lieferten dabei Erkenntnisse über zelluläre Mechanismen und Strukturen, die den Forschern in Harvard bei der Entwicklung und Synthese neuer Medikamente helfen.
Kelvin J. Y. Wu et al. ,An antibiotic preorganized for ribosomal binding overcomes antimicrobial resistance. Science 383,721-726(2024). DOI:10.1126/science.adk8013