Ausnahmeregelung der EU-Kommission

Nordirische Zahnärzte dürfen weiter Amalgam verwenden

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Politik
Die Europäische Kommission hat einer Ausnahmeregelung für Nordirland von der neuen EU-Amalgamverordnung zugestimmt: Nordirische Zahnärzte dürfen demnach bis Ende 2034 weiterhin Amalgam verwenden.

Zahnärzte in Nordirland dürfen „bis Ende 2034 beziehungsweise bis zu dem vom Vereinigten Königreich unterzeichneten Datum im Minamata-Übereinkommen – je nachdem, was früher eintritt“ – weiterhin Amalgam verwenden, meldete das nordirische Gesundheitsministerium am Freitag. Die EU-Kommission hatte die Ausnahmeregelung kurz zuvor bekanntgegeben.

Der nordirische Gesundheitsminister Mike Nesbitt begrüßte die Verlängerung: „Die Sicherstellung einer Ausnahmeregelung hatte für das Ministerium angesichts der Auswirkungen, die das Amalgamverbot auf Patienten und Zahnärzte gehabt hätte, Priorität." Nun könne die schrittweise Abschaffung von Zahnamalgam in den kommenden Jahren viel planmäßiger erfolgen.

Auch die British Dental Association (BDA) Nordirland drückte ihre Erleichterung aus: „Mit diesem Schritt konnte ein Verbot der Verwendung von Quecksilberfüllungen in der Zahnmedizin ab dem 1. Januar 2025 abgewendet werden“, teilte sie mit. Hintergrund: Nach dem Windsor-Abkommen unterliegt Nordirland eigentlich weiterhin EU-Regelungen wie dem Amalgamverbot, das Eu-weit ab 2025 in Kraft tritt. Schon im März hatte die BDA Nordirland daher darauf hingewiesen, dass ein solcher Schritt zur Zerstörung der NHS-Zahnmedizin in Nordirland geführt hätte.

9 von 10 Zahnärzte hätten NHS-Behandlungen stark reduziert

In einer Umfrage, die dem Stormonts Windsor Framework Democratic Scrutiny Committee im März vorgelegt wurde, hatte die BDA Nordirland davor gewarnt, dass 92 Prozent der Zahnärzte im Falle eines Amalgamverbots den Umfang von NHS-Behandlungen in ihrer Praxis reduzieren würden. Genauso viele sagten, ein Verbot würde die Kosten für NHS-Behandlungen in ihrer Praxis erhöhen, wobei 91 Prozent angaben, dass sich die Aufwendungen gerade auf Patienten mit höheren Bedarfen niederschlagen würde. 88 Prozent sagten, es würde dazu führen, dass ihre Praxis ihr NHS-Engagement runterfahren oder ganz beenden würde.

Das Windsor Framework Democratic Scrutiny Committee

Das Windsor-Abkommen gewährt Nordirland nach dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs freien Handelszugang sowohl zum EU-Binnenmarkt als auch zum britischen Markt und stattet das nordirische Parlament mit einem Vetorecht gegen neue EU-Regeln aus. Das Windsor Framework Democratic Scrutiny Committee (WFDSC) ist ein ständiger Ausschuss der Northern Ireland Assembly, der 1998 eingerichtet wurde, um neue EU-Rechtsakte zu überwachen und zu prüfen. Dem WFDSC kommt daher eine wichtige Rolle bei der Brexit-Kontrolle zu.

Die Vereinbarung mit der EU ist laut Nesbitt an eine Reihe von Bedingungen geknüpft, die vor allem die Berichterstattung und den Nachweis kontinuierlicher Fortschritte bei der Verringerung der Verwendung von Amalgam betreffen. „Die Bedingungen werden als erfüllbar angesehen und stehen im Einklang mit den längerfristigen politischen Zielen des Gesundheitsministeriums zur Verwendung von Amalgam“, heißt es aus seinem Ministerium.

Das hätte das Aus für die NHS-Zahnmedizin in Nordirland bedeuten können

„Ein Verbot von Zahnamalgam im Jahr 2025 hätte die NHS-Zahnmedizin in Nordirland auslöschen können", betonte die Vorsitzende des Ausschusses für Zahnarztpraxen in Nordirland der BDA, Ciara Gallagher. „Wir haben Alarm geschlagen und mit aller Kraft für eine praktikable Lösung gekämpft. Dieser Aufschub ist ein Hoffnungsschimmer für einen Dienst, der am Boden liegt und keinen weiteren finanziellen Druck hätte ertragen können.“ Nordirland habe jetzt etwas Spielraum, dennoch dürften die britische und die nordirische Regierung nicht nachlassen, wenn es darum geht, einen nahtlosen Übergang zu einer amalgamfreien Zahnmedizin zu schaffen.

Gallagher: „Wenn Amalgam endlich der Stecker gezogen wird, muss Nordirland eine gesündere Bevölkerung und eine nachhaltigere Versorgung haben. Andernfalls ist diese 10-jährige Ausnahmeregelung nur ein Aufschub der Vollstreckung für die NHS-Zahnmedizin.“

Das steht in der Ausnahmeregelung

"Die Verwendung von Dentalmalgam bei Zahnbehandlungen in Nordirland für Patienten mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich stellt weder ein Risiko für die Integrität des Binnenmarkts der Union noch für den Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Umwelt in der Union dar, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  • Die Einfuhr von Dentalamalgam aus Drittländern nach Nordirland zur Verwendung bei der zahnärztlichen Behandlung von Patienten mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich erfolgt gemäß den besonderen Bedingungen dieser Bekanntmachung;

  • die Ausfuhr von Dentalamalgam aus Nordirland in Länder außerhalb des Vereinigten Königreichs ist gemäß [...] den Änderungen der Verordnung (EU) 2017/852 ist verboten;

  • die Herstellung von Dentalamalgam in Nordirland [... ] ist ab dem 1. Juli 2026 verboten.

Aus diesem Grund und so lange das Vereinigte Königreich in Nordirland diese Bedingungen erfüllt, ist die Kommission der Auffassung, dass Dentalamalgam in Nordirland zur zahnärztlichen Behandlung von Patienten mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich verwendet werden darf und dass zu diesem Zweck bis zum 31. Dezember 2034 oder bis zu dem im Rahmen des Minamata-Übereinkommens vereinbarten Zeitpunkt weiterhin Dentalmalgam von außerhalb der Union eingeführt werden darf, je nachdem, was früher eintritt.

Die Kommission wird die Anwendung der mit der Verordnung (EU) 2024/1849 in Nordirland eingeführten Änderungen, auch im Hinblick auf diese Bekanntmachung, fortlaufend überwachen und auf der Grundlage entscheiden, ob diese Regelung beibehalten werden soll."

Anwendung der Verordnung (EU) 2024/1849 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/852 über Quecksilber in Bezug auf Dentalamalgam und andere mit Quecksilber versetzte Produkte, die Ausfuhr-, Einfuhr- und Herstellungsbeschränkungen unterliegen, in das Vereinigte Königreich und in das Vereinigte Königreich in Bezug auf Nordirland (C/2024/4675)

Nordirland und der Rest des Vereinigten Königreichs haben die EU am 31. Januar 2020 verlassen. Nordirland ist also nicht mehr Teil der EU, im Rahmen des Windsor-Abkommens gelten in dem Territorium jedoch weiterhin die Bedingungen des EU-Binnenmarkts.

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