Organoid-Biobank zur Erforschung neuer Therapiestrategien
Ein Forscher-Team hat eine Kopf-Hals-Organoid-Biobank aufgebaut und charakterisiert. Organoide sind dreidimensionale Gewebestrukturen, die aus Stammzellen oder differenzierten Zellen gezüchtet werden und Organe oder Gewebetypen nachahmen. Die Organoid-Modelle ermöglichen es, verschiedene molekulare Situationen für Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren vor und während der Therapie zu modellieren.
Bei der Tumorentstehung in der Kopf-Hals-Region spielen Mutationen im Tumorsuppressor-Gen TP53 sowie Infektionen mit dem Humanen Papillomvirus (HPV) Typ 16 eine wichtige Rolle. Die Forschenden der Goethe-Universität, der Universitätsmedizin und des Georg-Speyer-Hauses in Frankfurt am Main haben diese „Tumortreiber“ in Normalgewebs- und Tumor-Organoide eingebracht und molekular sowie funktionell analysiert. Die Laborergebnisse wurden mit den individuellen klinischen Daten abgeglichen, um die Eignung des Modellsystems zu validieren. Erstautor Dr. Christian Issing, entwickelte diese Ressource im Rahmen seines Projektes im Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum (MSNZ) Frankfurt, einem Exzellenzprogramm der Deutschen Krebshilfe.
Bessere Vorhersagen für Krankheitsverlauf und Therapie
Kopf-Hals-Tumoren sind eine sehr heterogene Gruppe von Tumorerkrankungen, deren Therapieansprechen, insbesondere bei der Strahlentherapie, schwer vorherzusagen ist. Die Forschung von Dr. Issing und Prof. Dr. Henner Farin, Forschungsgruppenleiter im Georg-Speyer-Haus, zielt daher darauf ab, das Therapieansprechen mit einer molekularen Charakterisierung zu verknüpfen, um bessere Vorhersagen für die entsprechenden Subtypen treffen zu können. Die „Konservierung“ des Subtyps als Organoid in Form einer Organoid-Biobank ermöglicht es zudem, neue Therapieoptionen direkt an dem Gewebeverbund zu testen.
Reaktion auf Strahlentherapie im Fokus
Die Tumor-Organoide wurden aus nicht mehr für die Diagnostik benötigtem Tumorgewebe von Studienpatientinnen und -patienten gezüchtet. Genom- und Transkriptomanalysen identifizierten krebsspezifische Biomarker. Anschließend wurde untersucht, ob das individuelle Ansprechen auf die Strahlentherapie mit den Organoid-Modellen vorhergesagt werden kann. Die Ergebnisse zeigen, dass das Modell die Therapieansprache widerspiegelt und sich für die Untersuchung molekularer Mechanismen der Radiosensitivität eignet.
Erste Ergebnisse deuten aber auch darauf hin, dass TP53-Status und HPV-Diagnostik alleine nicht ausreichen, um das Therapieansprechen sicher vorherzusagen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen nun weitere Mechanismen, um die Behandlungsmöglichkeiten von Kopf-Hals-Tumoren langfristig zu verbessern.
Zukunftsperspektiven
Die Forschenden sehen in Tumor-Organoiden in Verbindung mit molekularer Charakterisierung ein großes Potenzial für personalisierte Therapieansätze bei Kopf-Hals-Tumorpatientinnen und -patienten. „Neben einem besseren mechanistischen Verständnis dieser heterogenen Tumoren möchten wir die Organoid-Modelle nutzen, um zukünftig Patientinnen und Patienten gezielte individuelle Behandlungsoptionen anbieten zu können“, resümiert Dr. Issing.
Issing C, Menche C, Richter MR et al. Head and neck tumor organoid biobank for modelling individual responses to radiation therapy according to the TP53/HPV status; Journal of Experimental & Clinical Cancer Research, March 5, 2025.