Studie der Universität Würzburg

Patienten vertrauen Dr. ChatGPT noch nicht

LL
Gesellschaft
Menschen vertrauen medizinischen Ratschlägen weniger, wenn sie vermuten, dass eine künstliche Intelligenz an deren Erstellung beteiligt ist. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie Würzburger Psychologen.

Die Ergebnisse der Untersuchung fielen eindeutig aus: Die Befragten beurteilten medizinische Ratschläge als weniger zuverlässig und empathisch, wann immer eine Künstliche Intelligenz (KI) daran beteiligt war. Das war selbst dann der Fall, wenn die Studienteilnehmenden annehmen konnten, dass ein Arzt oder eine Ärztin die Empfehlungen unter Zuhilfenahme einer KI erstellt hatte. Des Weiteren waren bei KI-unterstützten Entscheidungen auch in geringerem Maße dazu bereit, den Rat im Anschluss zu befolgen – im Vergleich zu Empfehlungen, die ausschließlich auf ärztlicher Expertise basierten.

Die Verständlichkeit wird gleich bewertet

2.280 Studienteilnehmende erhielten im Rahmen des Experiments identische medizinische Ratschläge und sollten diese auf ihre Verlässlichkeit, Verständlichkeit und Empathie bewerten. Während eine Gruppe die Information erhielt, diese Ratschläge stammten von einem Arzt beziehungsweise einer Ärztin, hieß es für die zweite Gruppe, ein KI-gestützter Chatbot sei dafür verantwortlich. Die dritte Gruppe wurde in dem Glauben gelassen, ein Arzt habe die Empfehlung unter Zuhilfenahme einer KI erstellt.

Die Ergebnisse sind eindeutig: Auch in der Kategorie „Empathie“ schneidet der ärztliche Rat besser ab als die beiden KI-Varianten. Einzig unter dem Aspekt der Verständlichkeit zeigen sich kaum Unterschiede zwischen den drei Gruppen. Anscheinend haben Menschen unter diesem Gesichtspunkt keine Vorbehalte gegenüber der Technik.

Vertrauen ist wichtig für den Behandlungserfolg

Tatsächlich sei das Vertrauen in die medizinische Kompetenz einer KI längst nicht so ausgeprägt, wie es den Anschein hat, schreiben die Wissenschaftler zur Studie. Vielmehr gebe es zum heutigen Zeitpunkt noch ein weitreichendes Misstrauen gegenüber der KI. Ihre Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Nature Medicine veröffentlicht.

„Das ist ein wichtiger Befund, da Vertrauen in medizinische Diagnosen und Therapieempfehlungen bekanntermaßen ein sehr wichtiger Faktor für den Behandlungserfolg ist“, bewerten die Autoren das Studienergebnis. Gerade vor dem Hintergrund einer möglichen Entbürokratisierung und Entlastung des ärztlichen Arbeitsalltags durch eine Kooperation mit KI seien diese Erkenntnisse wichtig. Ihrer Ansicht nach sei die Studie somit ein Startpunkt für eine detaillierte Erforschung der Bedingungen dafür, wie KI in Diagnostik und Therapie eingesetzt werden kann, ohne das Vertrauen und die Mitwirkung von Patienten zu gefährden.

Reis, M., Reis, F. & Kunde, W. (2024). Influence of believed AI involvement on the perception of digital medical advice. Nature Medicine. https://doi.org/10.1038/s41591-024-03180-7

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