Sechs von zehn Zahnärzten erleben aggressive Patienten
Knapp vier von fünf Befragten geben der Umfrage zufolge an, die Patienten würden „ein wenig“ (46,5 Prozent) oder „sehr viel“ (31,8 Prozent) „fordernder und aggressiver“ auftreten. Ein Fünftel nimmt dies nicht wahr. Als mögliche Gründe nannten sie Frust über die gesellschaftliche Gesamtsituation, allgemeine Unsicherheiten wegen Krieg, Inflation und Corona-Pandemie sowie ein erhöhtes Anspruchsdenken oder unrealistische Erwartungen bezüglich der Behandlung. Für Frust sorgte laut Umfrage auch „der sich anbahnende Zahnärztemangel in einzelnen Regionen in Form von Abweisungen von Neupatienten oder langen Wartezeiten bei Terminvergaben".
Der jüngst aufgehobene Maskenzwang sowie die Kosten für die Behandlung waren demnach ebenfalls Gegenstand der Auseinandersetzungen. Mehrmals wurden Patienten mit Migrationshintergrund als besonders fordernd erwähnt. Auch fehlende Geduld und Egoismus wurden mehrfach genannt.
Über 60 Prozent berichten von Angriffen
„Haben Sie oder Ihr Team schon einmal Angriffe durch Patienten erlebt?" Diese Frage bejahten 61,2 Prozent für verbale Angriffe, bei 6,2 Prozent sei es außerdem zu einem körperlichen Angriff gekommen. Konkrete Sicherheitsbedenken beim zahnärztlichen Notdienst nachts, an Wochenenden oder an Feiertagen haben 44,2 Prozent der Befragten.
Fast ein Viertel (23,3 Prozent) hat darum Sicherheitstechnik wie Überwachungskameras in ihrer Praxis installiert, weitere 3,1 Prozent planen laut Umfrage eine derartige Investition. Einen Sicherheitsdienst nutzen 12,4 Prozent, einen Kurs zur Deeskalation, zur Selbstverteidigung oder ein Anti-Gewalt-Training haben 3,1 Prozent absolviert. Weitere 3,9 Prozent planen eine solche Kursteilnahme. Ein diffuses Interesse an derartigen Fortbildungsangeboten bekunden 58,1 Prozent.
10 Tipps für den Umgang mit ausfälligen Patienten
Praxisteams erleben immer wieder Situationen, in denen das Verhalten von Patienten Stress auslöst. In der Regel sind diese Begegnungen laut PKV Institut zwar sehr unangenehm und können auch Angstgefühle auslösen, aber sie stellen keine direkte Bedrohung dar: „In diesen Fällen geht es vor allem darum, die eigenen Gefühle zu regulieren, professionell zu kommunizieren und freundlich aber bestimmt Grenzen zu ziehen." Ziel sei, das eigene Selbstwertgefühl stabil zu halten. Eine wertschätzende Teamkultur und regelmäßige Gespräche, in denen belastende Situationen reflektiert werden, seien dafür eine wichtige Unterstützung. Eine gute Praxisatmosphäre könne solchen Stresssituationen sogar vorbeugen.
Wenn bei aggressiven Patienten vorbeugende Maßnahmen fehlschlagen, sei es wichtig, die eigene Sicherheit sicherzustellen und bedrohliche Situationen zu entschärfen. Das PKV Institut gibt 10 Tipps, wie das gelingen kann:
Versuchen Sie den Angreifer verbal zu beruhigen. Dazu lassen sich lösungsorientierte W-Fragen nutzen: Was erwarten Sie jetzt von mir? Wie kann ich Ihnen helfen? Wie wollen wir weiter vorgehen? Wie lösen wir jetzt das Problem?
Sorgen Sie für Distanz. Halten Sie eine, besser zwei Armlängen Abstand und nutzen Sie den Tresen oder einen Schreibtisch als Schutzbarriere. Bedroht Sie der Angreifer körperlich, strecken Sie beide Arme vor der Brust aus und sagen Sie dabei laut „Stopp!“.
Achten Sie auf eine Fluchtmöglichkeit.
Versuchen Sie, sich nicht in eine Ecke drängen zu lassen. Behalten Sie mögliche Waffen im Auge. Fast alles kann zu einer Waffe werden: Locher, Scheren, Brieföffner. Räumen Sie solche Gegenstände möglichst in Schubladen. Eine Schale mit Sand oder Büroklammern kann im Notfall hilfreich sein: Dem Angreifer entgegenwerfen, um ihn abzulenken.
Rufen Sie so früh wie möglich Verstärkung dazu. Wenn ein Angreifer zwei oder drei MFA/ZFA gegenübersteht, wirkt die Überzahl häufig abschreckend.
Vereinbaren Sie ein Signalwort. So können Sie, ohne dass es dem Angreifer auffällt, Unterstützung aus dem Team anfordern.
Nie allein am Tresen. Dienstpläne sollten so gestaltet sein, dass sich nie eine MFA oder ZFA allein im Empfangsbereich der Praxis aufhalten muss. Das kann frühmorgens oder abends allerdings schwierig umsetzbar sein.
Machen Sie einen Notfallplan. Besprechen Sie im Team, wie Sie sich in gefährlichen Situationen verhalten wollen. Halten Sie die Notrufnummern der Polizei bereit.
Zeigen Sie Beleidigungen und Beschimpfungen an.
Hängen Sie einen Bußgeldkatalog aus. Für Beschimpfungen sind bereits Urteile gesprochen worden, bei denen bis zu 1.000 Euro Bußgeld fällig war.
Kammer-Präsident Carsten Hünecke sagte dem MDR, auch er sei in seiner Magdeburger Praxis schon verbal attackiert worden. Zwar habe er die Situation schnell klären können, dennoch sei es eine unangenehme Erfahrung gewesen. „Man ist im ersten Moment natürlich davon überrascht und nicht vorbereitet“, sagte Hünecke. „Das ist ein Problem.“