So unterstützt Sachsen Zahnärzte aus Drittstaaten
Mit „großer Vorfreude“ sei sie am 26. und 27. April in den ersten Vorbereitungskurs gegangen, berichtet Dr. Ellen John-Weißer, niedergelassene Fachärztin für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie in Dresden und Mitglied im Vorstand der LZKS. Sie war maßgeblich an der Konzeption des Kurses beteiligt und erzählt, wie die Idee entstanden ist: „Vor circa einem Jahr ging es in einer Vorstandssitzung um die niedrige Erfolgsquote bei den Anerkennungsprüfungen. Bundesweit liegt die Durchfallquote bei 75 Prozent. Wir haben uns gefragt, woran die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland scheitern.“
Der Flaschenhals sind die schriftlichen Prüfungen
Schnell sei man zu dem Schluss gekommen, dass es in der Regel nicht an mangelnden Fachkenntnissen liegt. Das zeigten auch die Erfahrungen, die man in den mündlichen Prüfungen macht: „Hier ist die Durchfallquote viel geringer, weil es möglich ist, auf Rückfragen zu reagieren“, schildert John-Weißer. „Ich habe schon oft erlebt, dass das Wissen aus den Kolleginnen und Kollegen heraussprudelt, wenn sie die Frage erst einmal richtig verstanden haben. Unsere Vermutung ist daher: Der Flaschenhals sind die schriftlichen Prüfungen beziehungsweise das korrekte Verständnis der oft sehr komplexen und kleinteiligen Fragen.“ Ein weiterer Grund: die oft fehlende Möglichkeit, sich strukturiert auf die Prüfung vorzubereiten. Der zweitägige Kurs soll Zahnärztinnen und Zahnärzten aus Drittstaaten in beiden Punkten Hilfestellung sein und ihre Erfolgschancen verbessern.
John-Weißer, die auch Vorsitzende des Fortbildungsausschusses ihrer Kammer ist, arbeitete ehrenamtlich mit anderen Kolleginnen und Kollegen, die wie sie regelmäßig Kenntnisprüfungen abnehmen, an Inhalt und Struktur des Vorbereitungskurses. Dabei stimmte sich die Projektgruppe eng mit dem Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt ab. Auch mit dem Landesprüfungsamt wurden die Inhalte besprochen.
Sprache und Zeit treiben die Durchfallquote nach oben
Beim ersten Durchlauf Ende April standen an Tag eins die Module Konservierende Zahnheilkunde, Kinderzahnheilkunde, Prophylaxe sowie Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und Röntgen auf dem Programm. An Tag zwei folgten die Themen Parodontologie und Prothetik. Jedes Modul wurde von Expertinnen und Experten der jeweiligen Fachgebiete vorgestellt. Dazu gehörten neben John-Weißer PD Dr. Jasmin Flemming von der Universität Dresden, Dr. Elyan Al Machot von der Universität Dresden und PD Dr. Oliver Schierz von der Universität Leipzig.
„Unser Fokus lag darauf, den Teilnehmenden zu vermitteln, welche Kenntnisse wir erwarten und wo sie die relevanten Leitlinien dazu finden“, sagt John-Weißer. Dabei habe man keinen Frontalunterricht gemacht, sondern eher auf ein Gesprächsformat gesetzt – die Teilnehmenden hätten jederzeit Fragen stellen können. Auf diese Weise sei man schnell in einen konstruktiven Austausch gekommen, beschreibt die Chirurgin die Atmosphäre bei der Veranstaltung.
Nach den Fachvorträgen nahm der Kurs am zweiten Tag in Kleingruppen die Kenntnisprüfung aus dem Jahr 2023 durch. „Dabei wurde ganz deutlich, was die beiden Hauptfaktoren sind, die die Durchfallquote nach oben treiben: Sprache und Zeit“, so John-Weißer. „Wir haben versucht, hier ein paar praktische Tipps zu geben, zum Beispiel, dass man sich nicht bei Fragen verkünsteln soll, die wenig Punkte bringen, sondern die in Angriff nehmen, für die es viele Punkte gibt.“
Wir haben uns gefragt, woran die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland scheitern ...
Denn ohne diese gut qualifizierten Fachkräfte aus dem Ausland wird es nicht gehen. Wir möchten sie motivieren, in Sachsen zu bleiben.Dr. Ellen John-Weißer, Vorstandsmitglied der Landeszahnärztekammer Sachsen
Nach der positiven Erfahrung beim Auftakt des Vorbereitungskurses ist John-Weißer überzeugt, dass es weitere Termine geben wird. Angedacht ist sogar, den Kurs größer aufzuziehen. „Wir haben festgestellt, dass mehr Zeit gut wäre. Jedes Fachgebiet sollte an einem eigenen Tag behandelt werden und das möchten wir zukünftig auch so umsetzen“, resümiert sie. Sie freut sich, dass das Feedback der Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer so positiv ausgefallen ist. Schließlich wolle die Kammer die Kolleginnen und Kollegen, die zum großen Teil schon in sächsischen Zahnarztpraxen arbeiten, motivieren, im Land zu bleiben.
Es wird ein zweites Mal geben
Bedarf besteht: Laut Angaben der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen wurde in den vergangenen Jahren nur etwa jede dritte Praxis im Land übernommen. Betroffen seien alle Regionen, auch die Großstädte. Während es im Jahr 2019 noch 3.209 Zahnärztinnen und Zahnärzte in Sachsen gegeben habe, waren es vergangenes Jahr 3.042. Ihr Durchschnittsalter lag bei 54 Jahren.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung sei klar, betont die Chirurgin: „Ohne gut qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland wird es nicht gehen. Deshalb ist es uns wichtig, ihnen fachliche Unterstützung anzubieten. Gleichzeitig möchten wir den oft schlechten Ruf, den Sachsen in Sachen Rechtsextremismus hat, geraderücken. Hier leben viele Bürgerinnen und Bürger, die Menschen aus dem Ausland willkommen heißen und ihnen Starthilfe geben möchten."