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Streit um Höhe der Arztgehälter

sg/dpa
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Verdienen Hausärzte ein besseres Einkommen? Die Ärzteverbände halten sie für unterbezahlt - im Vergleich mit Bankern. Die Kassen sprechen von angemessener Bezahlung - und verweisen auf Professorengehälter.

 Die Frage, ob eine Arbeit angemessen bezahlt wird, ist nicht zuletzt eine Frage des Vergleichs. Und verglichen mit Investmentbankern seien Hausärzte unterbezahlt, ist der Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Ulrich Keller, überzeugt.

"Banker haben keine Verantwortung für Leben"

"Wenn ich die Bedingungen von Ärzten und Bankern vergleiche, ärgere ich mich immer, denn in Banken wird keine Nachtschicht gemacht und keine Verantwortung für ein Leben übernommen." Seine Schlussfolgerung: "Es fehlt die Wertschätzung für die Ärzte, die sich heute eben auch in Geld ausdrückt." 

Laut Statistik werden in der Bankbranche zurzeit die höchsten Löhne gezahlt. Der Leiter des Verbandes der Ersatzkassen im Südwesten, Walter Scheller, blickt dagegen in eine andere Richtung. Seiner Ansicht nach verfügen Hausärzte mit etwas mehr als 5.000 Euro netto im Monat über ein Spitzengehalt. "Das sind Größenordnungen, an die auch Professoren oder Staatssekretäre nicht unbedingt herankommen." 

Statistische Rechenspiele

Die Mediziner fühlen sich unter Druck, seit das Statistische Bundesamt Mitte August bei den Umsätzen von Arztpraxen zwischen 2007 und 2011 ein durchschnittliches Plus von 17 Prozent errechnet hat. Von solchen Zuwächsen können andere Branchen nur träumen. 

Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) bemüht sich denn auch um Klarstellung: Die statistischen Daten sind vor allem mit der Angleichung der Arztgehälter in Ostdeutschland im Jahr 2008 zu erklären, wie der Vorsitzende Norbert Metke sagt. Im Südwesten seien beispielsweise die Vergütungen jährlich nur um 1,8 Prozent gestiegen.

Ein Wert, "der von der Inflationsrate sowie einem gleichzeitigen Fallzahlanstieg von circa sechs Prozent vollumfänglich neutralisiert wird".  Doch dabei belässt es Metke nicht. Für ihn sind die Hausärzte die "gesundheitspolitische Geberkuh" im Land. Ihre Bezahlung pro Patient sei im Vergleich mit dem Taschengeld eines Jugendlichen eine "groteske Vergütungssituation". Und verglichen mit der Gehaltsentwicklung in anderen europäischen Staaten wundert es Metke nicht, dass Ärzte in der Ferne ihr Glück suchen. 

Ärzte gehen, Ärzte kommen

An diesem Punkt überzieht die Ärztevereinigung nach Ansicht von Scheller den Bogen. "Die Lohnzuwächse waren im Ausland in fast allen Branchen größer - und Deutschland ist nicht entvölkert." Seit Jahren werde damit gedroht, dass die Ärzte ins Ausland abwandern - und seit Jahren seien die Zahlen unverändert. "Auf 1.200 deutsche Ärzte, die gehen, kommen 1.600 aus dem Ausland zu uns - und das bestimmt nicht, weil hier die Bedingungen so schlecht sind." 

Bleibt noch der Vergleich mit dem durchschnittlichen Netto-Einkommen, das je nach Berechnungsart zwischen 1500 und 2000 Euro liegt. "Ein Arzt vollbringt nichts Durchschnittliches", sagt Ulrich Keller dazu. Ein Hausarzt arbeite rund 52 Stunden die Woche, müsse investieren und trage das unternehmerische Risiko. "Das ist nicht vergleichbar mit anderen Professionen." 

Ungleiche Verteilung innerhalb der Fachgruppen

Und wie schaut es bei den Klinikärzten aus? Sie haben in den vergangenen Jahren erfolgreich um mehr Geld gekämpft. "Auf 5.000 Euro netto kommt bei uns höchstens ein Oberarzt, alle Bereitschaftsdienste eingerechnet", sagt die Geschäftsführerin vom Landesverband des Marburger Bundes, Sandra Bigge. Trotzdem spiele Geld für diese Berufsgruppe im Moment nicht die tragende Rolle. "Es sind eher die Arbeitsbedingungen, die uns zu schaffen machen."

Etliche Klinikärzte suchten deshalb ihr Heil in einer eigenen Praxis. Nicht zuletzt liegt es auch in der Hand der Kassenärztlichen Vereinigung, wie sie das Geld verteilt. "Es gibt die berechtigte Kritik, dass es die Eingruppierung umso besser ist, je weiter der Arzt vom Patienten entfernt ist", gesteht der stellvertretende Vorsitzende der KVBW, Johannes Fechner, ein.

Das heißt, Gerätemedizin wird besser entlohnt als Hausarztgespräche. "An dem Thema sind wir dran." Die Wertigkeit und Vergleichbarkeit der Arbeit müsse auch hier immer wieder neu verhandelt werden.

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