American Medical Women’s Association

US-Medizinerinnen bangen um ihre Fruchtbarkeit

mg
Gesellschaft
Bei jeder vierten US-Ärztin, die versucht, ein Baby zu bekommen, wird Unfruchtbarkeit diagnostiziert – doppelt so häufig wie bei Nichtmedizinerinnen. Vermutete Ursachen: Stress, Schichtdienst und Schlafmangel.

Laut New York Times ist das Problem schon länger bekannt: So ergab 2016 eine Umfrage unter Ärztinnen im Journal of Women’s Health , dass bei fast jeder vierten, die schwanger werden wollte, Unfruchtbarkeit diagnostiziert wurde – fast doppelt so oft wie in der Normalbevölkerung. Und 2020 veröffentlichten Dr. Ariela Marshall und mehrere Kollegen einen Artikel in der Zeitschrift Academic Medicine , der zu mehr Fruchtbarkeitsaufklärung und -bewusstsein bei angehenden Ärztinnen aufrief, beginnend im Grundstudium.

Marshall, die in dem Artikel der New York Times auch als Betroffene zu Wort kommt, setzte sich bei der American Medical Women’s Association (AMWA) für die Gründung einer Arbeitsgruppe für Unfruchtbarkeit ein. Nach einer US-weiten Aktionswoche zum Thema Unfruchtbarkeit bei Medizinerinnen im April 2021 veranstaltete der Verband im Juni 2021 schließlich seinen ersten nationalen Fruchtbarkeitsgipfel , um über Themen wie Unfruchtbarkeit und psychische Gesundheit, Versicherungsschutz für Fruchtbarkeitsbehandlungen sowie zum Einfrieren von Eizellen zu informieren.

Die lange Ausbildungszeit verzögert die Familienplanung

Im Sommer 2021 zeigte eine Studie mit 692 Chirurginnen, dass 42 Prozent einen Schwangerschaftsverlust erlitten hatten – damit trat dieses Ereignis mehr als doppelt so häufig auf wie in der Gesamtbevölkerung. Fast die Hälfte hatte zudem Schwangerschaftskomplikationen erlebt.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass mit dem zunehmenden Anteil von Frauen in der chirurgischen Belegschaft eine Änderung der chirurgischen Kultur zur Unterstützung der Schwangerschaft von größter Bedeutung ist, „um das Risiko schwerer Schwangerschaftskomplikationen, der Anwendung von Fertilitätseingriffen oder der ungewollten Kinderlosigkeit aufgrund verzögerter Geburtsversuche zu verringern".

Einer weiteren, 2021 erschienenen Kohortenstudie zufolge bringen kanadische Ärztinnen im Durchschnitt mit 32 Jahren zum ersten Mal ein Kind zur Welt. Das Durchschnittsalter für Nichtmedizinerinnen liegt hingegen bei 27 Jahren. Die Ergebnisse legen demnach nahe, dass Ärztinnen im Vergleich zu Nichtmedizinerinnen Geburten hinauszögern – ein Phänomen, das bei Fachärztinnen am ausgeprägtesten ist. Und das höhere Alter geht mit einem erhöhten Risiko einher. Das Fazit der Forschenden: „Interventionen auf Systemebene sollten in Erwägung gezogen werden, um Ärztinnen mit Kinderwunsch in allen Karrierestufen zu unterstützen.”

Weitere Faktoren: Schichtdienst und Bewegungsmangel

Als weitere Ursachen für die höhere Unfruchtbarkeitsrate bei US-Medizinerinnen werden beruflicher Stress, Schichtdienst und Schlafmangel sowie schlechte Ernährung und Bewegungsmangel genannt.

Der AMWA führt darum eine Kampagne durch, um sicherzustellen, dass Ärztinnen in Zukunft ihre Karrierewünsche und Familienplanung besser vereinbaren können. Selbsterklärtes Ziel des Verbands ist es, „ein Umfeld zu schaffen, in dem Ärztinnen so lange in Praxis, Forschung und Wissenschaft verbleiben, wie sie es wünschen, ohne negative Auswirkungen auf die Geburtenentscheidung” zu erleben.

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