Oralsex als Risikofaktor

Welcher Zusammenhang besteht zwischen Oropharynxkarzinomen und Sexualverhalten?

nl
Zahnmedizin
Krebs im Mund- und Rachenraum ist mit vielen Vorurteilen über das Sexualverhalten der Betroffenen belegt. Eine Studie aus Leipzig relativiert nun die stigmatisierende Sicht auf die Erkrankung.

Die Entstehung von Oropharynxkarzinomen wird immer häufiger mit HPV-Infektionen in Verbindung gebracht, die sexuell übertragen werden können. Forschende der Universitätsmedizin Leipzig haben nun herausgefunden, dass sich das Sexualverhalten von Erkrankten mit Oropharynxkarzinomen, die durch HP-Viren hervorgerufen wurden, nicht von dem gesunder Teilnehmer unterscheidet. Die Ergebnisse relativieren die bisherige Meinung, dass Betroffene der Erkrankung ein ausschweifendes Sexualleben mit wechselnden Personen hätten.

Oralsex wird als Risikofaktor diskutiert

Weil HPV-Infektionen sexuell übertragen werden können, gelten Tumore wie beispielsweise die des Gebärmutterhalses, des Mund- und Rachenraums, aber auch Anal-, Penis- und Vulvakarzinome als sexuell übertragbare Erkrankungen. Etwa ein Drittel der in Deutschland diagnostizierten Oropharynxkarzinome werden durch HP-Viren hervorgerufen. Betroffenen wird oft ein Sexualverhalten mit häufig wechselnden Personen sowie eine erhöhte Frequenz von Oralsex unterstellt und auch unter Fachleuten als Risikofaktor diskutiert. Zu dieser Sicht zentral beigetragen haben Studien aus den USA, die mehrfach beschrieben, dass die Frequenz von Oral- und Vaginal-Sexualpartnerinnen und Sexualpartnern mit Oropharynxkarzinomen höher läge.

Das humane Papillomvirus

Das humane Papillomvirus (HPV) ist ein verbreitetes Virus, mit dem sich die meisten Menschen irgendwann in ihrem Leben infizieren. Es kann die Haut und die Schleimhäute an verschiedenen Körperregionen angreifen. Mehr als 100 verschiedene HPV-Typen sind bekannt, die meisten davon sind gutartig. Bei vielen Menschen treten HPV-Infektionen auf und klingen wieder ab, ohne dass sich Symptome zeigen. Manche HPV-Subtypen sind allerdings nicht harmlos. Sie können Zellen infizieren, Krebsvorstufen bilden und letztlich sogar Krebs auslösen oder begünstigen. Auch die Entstehung von Oropharynxkarzinomen wird immer häufiger mit einer HPV-Infektion in Verbindung gebracht.

Dies konnte durch die aktuellen Studie nicht bestätigt werden. Dafür wurden 303 Kontrollprobanden der Leipziger LIFE-Studie eingeladen, interviewt und die Antworten mit denen von 317 an Kopf-Hals-Tumoren Erkrankten der LIFE-Studie verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich das Sexualverhalten der Patienten mit HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen in Bezug auf häufig wechselnde Sexualpartner nicht von dem der Kontrollgruppe und anderen Patienten unterscheidet, die an nicht HPV-assoziiertem Mund- und Rachenkrebs erkrankt sind. Die unterschiedlichen Forschungsergebnisse im Vergleich zu US-amerikanischen Studien könnten auf ein unterschiedliches Sexualverhalten zurückgehen oder abhängig von den verschiedenen HPV-Varianten sein, schlussfolgern die Autoren.

Der sexuelle Übertragungsweg sei für die Infektion mit HPV relevant. Die Studie zeige aber auch, dass die Probanden mit Oropharynxkarzinom häufiger vor dem 18. Lebensjahr sexuell aktiv waren. „Wir können jedoch nicht ausschließen, dass ein niedrigeres Alter beim ersten Geschlechtsverkehr das Risiko für oropharyngeale Plattenepithelkarzinome erhöht, da die Epithelien jüngerer Personen anfälliger für eine Infektion mit HPV sind", betonen die Forschenden. Daher empfehlen sie die frühe HPV-Impfung von Mädchen und Jungen vor der Geschlechtsreife. Die Impfstoffe gegen HPV sind für Mädchen und Jungen ab neun Jahren zugelassen und die Kosten der Impfung unter 18 Jahren werden von allen gesetzlichen Krankenkassen getragen.

Wichmann G, Rudolph J, Henger S, et al. Is High-Risk Sexual Behavior a Risk Factor for Oropharyngeal Cancer? Cancers (Basel). 2023 Jun 26;15(13):3356. doi: 10.3390/cancers15133356. PMID: 37444466; PMCID: PMC10340603.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.