Wenn Impfgegner die Gesundheitspolitik machen
Robert F. Kennedy Jr. hatte bekannt gegeben, dass die neue Trump-Regierung die Fluoridierung des Trinkwassers in den USA sofort einstellen werde. Der Impfgegner und Verschwörungstheoretiker, dem Trump eine Schlüsselposition in der Gesundheitspolitik versprochen hat, behauptet, dass Fluorid mit Arthritis, Knochenbrüchen, Krebs, Nierenerkrankungen und IQ-Verlust in Verbindung gebracht werde. Die American Academy of Periodontology stellte auf ihrer Website umgehend klar, dass es „keine wissenschaftlich stichhaltigen Beweise“ für Kennedys Behauptungen gebe. In den USA wird dem Trinkwasser seit 1950 Fluorid zugesetzt.
„Eine der größten Errungenschaften des 20. Jahrhunderts!"
Auch Neil Maniar, Direktor des Master of Public Health-Programms der Northeastern University in Illinois und Professor für öffentliches Gesundheitswesen, bezeichnet die Fluoridierung des Trinkwassers als „eine der größten Errungenschaften des 20. Jahrhunderts im Bereich der öffentlichen Gesundheit". Laut Maniar hat allein diese Maßnahme die Zahl der Kariesfälle in den USA um 25 Prozent reduziert. Genau aus diesem Grund unterstützen Fachgesellschaften wie die American Dental Association, die American Academy of Pediatrics und die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) die – nicht von der Bundesregierung vorgeschriebene – Trinkwasserfluoridierung.
Kennedys Bedenken seien jedoch nicht völlig unbegründet, auch wenn sie fehlgeleitet seien, räumt Phil Brown ein, Universitätsprofessor für Soziologie und Gesundheitswissenschaften an der Northeastern University und Direktor des Social Science Environmental Health Research Institute. Denn viele Amerikaner nehmen Fluorid mittlerweile über eine Vielzahl von Quellen auf, etwa über Zahnpasta, Mundwasser, Lebensmittel und Getränke, wiewohl die Hauptquelle nach wie vor das Trinkwasser sei.
„Die Fluoridierung verbessert die Mundgesundheit!“
Je mehr Fluoridquellen vorhanden sind, desto größer sei natürlich das Risiko einer Fluorose, berichtet Brown. Als Reaktion auf die zunehmende Verbreitung der Erkrankung, insbesondere bei Kindern, sei daher 2015 die empfohlene Fluoridmenge im Trinkwasser abgesenkt worden. Die CDC habe jedoch in dem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass die meisten Fluorosen in den USA leichter Natur sind. Fluorid aus dem Trinkwasser zu verbannen, würde in jedem Fall mehr schaden als nützen, resümieren Maniar und Brown.
„Alle medizinischen Behandlungen haben bei einer kleinen Anzahl von Menschen unerwünschte Wirkungen. Das haben wir schon immer gewusst“, erläutert Brown. „Der Gesamtnutzen ist für so viele Menschen so groß, dass wir diesen Schaden akzeptieren.“ „Es ist wirklich wichtig, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, um die Mundgesundheit in diesem Land zu verbessern, und die Fluoridierung ist ein wichtiger Bestandteil davon“, bekräftigt Maniar.
In einem Land, in dem nicht alle Menschen den gleichen Zugang zu medizinischer und zahnmedizinischer Versorgung haben, sei die Beibehaltung von Fluorid im Trinkwasser unerlässlich, um sicherzustellen, dass jeder ein gewisses Maß an Zahnschutz hat. „Ansonsten werden Bevölkerungsgruppen, die bereits gefährdet sind, einem noch größeren Risiko ausgesetzt, und die Ungleichheiten steigen“, prophezeit Maniar.
Anstatt Fluorid ganz aus dem Trinkwasser zu verbannen, sollte laut Brown der Fluoridgehalt landesweit stärker überwacht werden. Dies würde sicherstellen, dass auch Menschen mit einer geringeren Versorgung von den Vorteilen des Fluorids profitieren, und gleichzeitig Informationen liefern, die dazu beitragen könnten, Fälle zu behandeln, in denen der Fluoridgehalt zu hoch ist.