Interview mit Dr. Rebecca Otto

"Wir sprechen nicht über, sondern mit Frauen!"

ck/ak
Ende 2020 hatte sie für einen Sitz im BZÄK-Vorstand kandidiert, konnte aber wegen des überraschenden Verlustes ihres Delegiertenmandats nicht antreten. Seit Mitte Oktober ist sie neue Dentista-Präsidentin: Dr. Rebecca Otto im Interview.

Sie sind seit Kurzem Präsidentin des Dentista e.V. - Verband der ZahnÄrztinnen. Wie schätzen Sie die Situation für Frauen in der zahnärztlichen Standespolitik ein? Sehen Sie Handlungsbedarf – wenn ja welchen (Stichworte Quote)?

Es geht nicht primär um die Situation der Frauen in der Standespolitik, sondern um die Situation der Frauen in der Versorgung, in den Praxen. Es geht vor allem darum, wie Standespolitik dazu beitragen kann, dass auch junge Zahnärztinnen Praxen betreiben oder gründen können und gleichzeitig auch Zeit für die Kinder und die Familie haben. Eine solche Standespolitik wird

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das lehrt die Erfahrung der letzten 40 Jahre

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am besten von Frauen für Frauen gemacht.

Wer in den berufs- und standespolitischen Gremien auf den Entscheiderpositionen nicht dabei ist, dessen Einfluss ist begrenzt. Jahrelang wurde "die Feminisierung" der Zahnmedizin zwar lautstark beklagt, aber eben keine entsprechenden Weichenstellungen vorgenommen. Alles sollte möglichst so bleiben wie es war.

Nur - das ist das Gegenteil von zukunftsorientiertem Handeln. In der jüngeren Vergangenheit deutet sich mit der Wahl von Dr. Romy Ermler in den GV der BZÄK und der Wahl von Stefanie Tiede zur Präsidentin der LZÄK in Mecklenburg-Vorpommern (sie ist übrigens auch eine Dentista!) ein langsames Umdenken an. Es geht also voran.

Aber: Die Zusammensetzung von Gremien in der Standespolitik spiegelt nach wie vor bei Weitem noch nicht die Zusammensetzung

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und damit die Bedürfnisse

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der Zahnärzteschaft wider . Die Ursachen hierfür liegen meiner Meinung nach auch in strukturellen Gegebenheiten der Gremien. Die oftmals anfänglich vorhandene Bereitschaft vieler junger Frauen sich zu engagieren, scheitert dann an scheinbar simplen Strukturen wie beispielsweise an abends anberaumten Sitzungsterminen, welche nicht gut vereinbar mit familiären Belangen sind.

Um es deutlich zu sagen: Ich bin keine Verfechterin von Frauenquoten. Allerdings sind Quoten ein gutes Vehikel, die bislang eingeschliffenen Abläufe und Strukturen zu durchbrechen. Anders ausgedrückt: Wenn sich Gremien nicht selbst modernisieren können, sind Quoten nützlich. Aber nur als Vehikel, und nicht als Selbstzweck. Denn es geht um gute Politik für die Zahnmedizin und nicht um eine bestimmte Anzahl von Frauen.

Spielt es für Ihre Arbeit eine Rolle, dass Sie eine Frau sind?

Als Präsidentin eines weiblichen Zahnärztinnenverbandes stehe ich stellvertretend für die weibliche Perspektive der Zahnärzteschaft. Dass ich eine junge, selbstständige und erfolgreiche Praxisinhaberin und gleichzeitig auch Mutter und Ehefrau bin, sehe ich als großen Vorteil an

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es schärft den Blick und ermöglicht mir eine viel weitere Perspektive. Das heißt, ich kann die Welt aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.

Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in der Standespolitik bereits gemacht?

Erste Erfahrungen in der Standespolitik habe ich zu Beginn meiner Niederlassung in Thüringen 2009 gemacht, im Jahre 2015 wurde ich in den Vorstand der Landeszahnärztekammer Thüringen für eine Legislatur gewählt. In dieser Zeit habe ich eine Familie gegründet, meinen Sohn geboren und zusätzlich ein Studium im 10. Studiengang der AS Akademie absolviert sowie mein standespolitisches Engagement bei Dentista ausgeweitet. Aktuell bin ich nebenberuflich Masterstudentin im Studiengang Health Management (MaHM), um meine Expertise im Gesundheitswesen weiter auszubauen.

Was sind Ihre Ziele, was wollen Sie erreichen?

Im Herbst 2021 wurde ich gefragt, ob ich für das Präsidentenamt von Dentista kandidieren möchte, im Oktober wurde ich dann gewählt - einstimmig und mit einem großen Vertrauensvorschuss, wofür ich außerordentlich dankbar bin. Dentista steht ja dafür, nicht über, sondern mit Frauen zu sprechen. Wir stehen dafür, nicht über Probleme zu lamentieren, sondern uns ganz konkret zu überlegen, mit welchen Maßnahmen wir junge Kolleginnen und Kollegen unterstützen können. Beispielsweise dabei, sich trotz einer heute leider noch damit verbundenen Doppel- und Dreifachbelastung für die Niederlassung zu entscheiden.

Gelernt habe ich in diesen Jahren, wie wichtig es für  in der Standespolitik Tätige  ist, zunächst einmal gut zuhören zu können, offen für einen echten Dialog zu sein. Daraus möchte ich dann - zusammen mit unserem wunderbaren Dentista-Team - Politik  erarbeiten und, ganz wichtig, auch umsetzen. Aber auch Netzwerken, Fortbildungen und Genderwissenschaften sind Themen, die bei uns im Fokus stehen.

Wir denken gerade viele Ideen und welche strukturellen Veränderungen und Initiativen wir als Nächstes auf den Weg bringen können. Wenn solche Initiativen dann funktionieren, ist es etwas ganz anderes als nur politische Reden zu halten. Es ist ein sehr befriedigender Gedanke, wenn wir mit Dentista dazu beitragen, dass junge Zahnärztinnen in Zukunft Praxis, Familie, Weiterbildung und vielleicht auch standespolitisches Engagement besser unter einen Hut bringen können. In der Bundespolitik würde man eine solche Herangehensweise wohl bürgernahe Realpolitik nennen.

Ich glaube, das ist es, wofür ich gewählt wurde. Und ich muss mich daran messen lassen, wie weit es mir gelingt, dies auch umzusetzen. Zumindest ein Stück weit umzusetzen. Denn glauben Sie mir, es gibt viele Baustellen.

Die Fragen stellten Anja Kegel und Claudia Kluckhuhn.

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