Zahnschmelz aus der Petrischale
Um Ameloblasten im Labor zu erzeugen, musste das multidisziplinäre Team der University of Washington in Seattle zunächst das genetische Programm verstehen, das die fötalen Stammzellen dazu bringt, sich zu diesen hochspezialisierten schmelzproduzierenden Zellen zu entwickeln. Dazu verwendeten sie die Technik der kombinatorischen Einzelzell-Indizierung der RNA-Sequenzierung (sci-RNA-seq), die Aufschluss darüber gibt, welche Gene in den verschiedenen Entwicklungsstadien einer Zelle aktiv sind.
Auf dieser Grundlage gelang es ihnen, undifferenzierte menschliche Stammzellen dazu zu bringen, sich zu Ameloblasten zu entwickeln. Dazu identifizierten sie „wichtige Signalwege, die während der fötalen Entwicklung zwischen den Stützzellen und den Ameloblasten beteiligt sind, und rekapitulieren diese Ergebnisse bei der in vitro-Differenzierung menschlicher Ameloblasten aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSCs).“ [Alghadeer et al., 2023].
Dabei setzten sie die Stammzellen chemischen Signalen aus, von denen bekannt war, dass sie verschiedene Gene in einer Abfolge aktivieren, die den von den sci-RNA-seq-Daten aufgezeigten Weg nachahmte. In einigen Fällen verwendeten sie bekannte chemische Signale. In anderen Fällen schufen sie am Computer entworfene Proteine, die eine verstärkte Wirkung hatten. Bei der Durchführung dieses Projekts identifizierten die Wissenschaftler auch zum ersten Mal einen anderen Zelltyp, den so genannten Subodontoblasten, von dem sie annehmen, dass er ein Vorläufer des Odontoblasten ist.
Organoide sezernieren Ameloblastin, Amelogenin und Enamelin
Die Forschenden fanden heraus, dass diese Zelltypen zusammen zur Bildung kleiner, dreidimensionaler, mehrzelliger Miniorgane, sogenannter Organoide, veranlasst werden können. Diese organisierten sich in Strukturen, die denen der sich entwickelnden menschlichen Zähne ähnelten, und sezernierten drei wichtige Schmelzproteine: Ameloblastin, Amelogenin und Enamelin. Diese Proteine bildeten dann eine organische Matrix und mineralisieren im Verlauf. Überdies untersuchten die Forschenden die Ätiologie von Amelogenesis imperfecta.
Das FTeam hofft nun, den Prozess zu verfeinern, um einen Zahnschmelz herzustellen, der in seiner Haltbarkeit mit dem natürlichen Zahnschmelz vergleichbar ist, und den man zur Wiederherstellung beschädigter Zähne verwenden kann. Ein Ansatz sei die Herstellung von Zahnschmelz im Labor, der dann zum Füllen von Kavitäten und anderen Zahnhartsubstanzdefekten verwendet werden kann.
Ein anderer, ehrgeizigerer Ansatz bestehe darin, „lebende Füllungen“ zu schaffen, die in Defekte hineinwachsen und diese regenerieren könnten. Letztendlich sei es das Ziel, aus Stammzellen gewonnene Zähne zu schaffen, die verlorene Zähne vollständig ersetzen können. Dies sei allerdings noch ferne Zukunftsmusik.
Alghadeer A, Hanson-Drury S, Patni AP et al. Single-cell census of human tooth development enables generation of human enamel. Dev Cell. 2023 Aug 11:S1534-5807(23)00360-X. doi: 10.1016/j.devcel.2023.07.013. Epub ahead of print. PMID: 37582367.