Zwei Prüfer wären schön, aber einer reicht
Der Kläger hatte 2006 sein zahnmedizinisches Studium begonnen. 2007 legte er die naturwissenschaftliche und 2011 die zahnärztliche Vorprüfung ab. Im Frühjahr 2017 unterzog er sich der zahnärztlichen Prüfung. Dabei bestand er fast alle Prüfungsabschnitte, nur der Prüfungsabschnitt Zahnersatzkunde wurde mit der Note „nicht genügend“ bewertet.
Bei der Wiederholungsprüfung musste der Kläger bei einem Patienten einen festsitzenden Zahnersatz über drei Zähne sowie bei einer Patientin einen herausnehmbaren Zahnersatz (Totalprothese) für Ober- und Unterkiefer anfertigen. Dies gelang nicht zur Zufriedenheit des Prüfers, und das Ergebnis wurde erneut als „nicht genügend“ bewertet. Damit galt die Prüfung endgültig als insgesamt nicht bestanden
Den Widerspruch dagegen wies das Regierungspräsidium Stuttgart ab. Auch die Klage hatte wie schon vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe nun auch vor dem VGH keinen Erfolg. „Die streitgegenständliche Wiederholungsprüfung leidet nicht an Verfahrensfehlern“, heißt es in dem Mannheimer Urteil.
Es sei nicht zu beanstanden, dass es laut Prüfungsordnung nur einen Prüfer gab
So hätte die Wiederholungsprüfung nicht zwingend durch zwei Prüfer bewertet werden müssen. Zwar möge es „erstrebenswert sein, die Objektivität einer Leistungsbewertung dadurch zu verbessern, dass man sie nicht einem einzelnen Prüfer, sondern mehreren Prüfern überlässt“. Eine entsprechende Regel lasse sich aber auch dem Grundgesetz nicht entnehmen. Dass die Bewertung durch nur einen Prüfer dem Grundsatz der Chancengleichheit widerspreche, „trifft nicht zu“. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass die Prüfungsordnung nur einen Prüfer vorsah.
Auch sei die Chancengleichheit nicht dadurch verletzt, dass die Prüflinge eigene Patienten vorschlagen konnten. Diese Möglichkeit habe auch dem Kläger offen gestanden. Ganz gleich seien die Bedingungen der praktischen zahnärztlichen Prüfung aber ohnehin nie und könnten es auch nicht sein. Worum es im Kern jeweils gehe, sei aber auch bei fremden, von der Uniklinik rekrutierten Patienten durch den Heil- und Kostenplan vorab bekannt. Anders als bei Klausuraufgaben sei eine weitergehende gezielte Vorbereitung bei der praktischen Prüfung auch bei Patienten aus dem eigenen Bekanntenkreis nicht möglich.
Dass Prüflinge mit bekannten Patienten heimlich vorbereitete Teile mitbringen, sei eher unwahrscheinlich. Denn dies würde in der Regel wohl auffallen und dann zum Ausschluss von der Prüfung führen. Auch die Vorstellung, Prüflingen stehe im Bekanntenkreis ein „Pool“ möglicher Patienten zur Verfügung, aus dem sie einen für sie „passenden“ auswählen könnten, sei eher realitätsfern.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Az.: 9 S 831/22
Urteil vom 11. Juli 2023