Schlichten statt prozessieren
Wenn es ums Geld geht, heißt es statt „Sparkasse“ immer öfter: „Ombudsmann“ (oder „Ombudsfrau“). Der Ombudsmann ist eine schwedische Einrichtung, welche versucht, zwischen mächtigen Institutionen und vergleichsweise machtlosen Privatleuten Streit zu schlichten, ohne dass die amtliche Justiz, dass heißt Rechtsanwälte und Gerichte, eingeschaltet werden müssen. Ein Ombudsmann spricht also nicht im juristischen Sinne Recht. Vielmehr versucht diese oft mit hochkarätigen Fachleuten besetzte Einrichtung, einen Streit einvernehmlich im Sinne eines Vergleichs zu schlichten. Kommt kein einvernehmliches Einverständnis unter den streitenden Parteien zustande, muss derjenige, der glaubt, im Recht zu sein, dennoch ein Gericht anrufen.
Seit langem schon bieten die Privat- und Hypothekenbanken eine Streitbeilegung durch einen Ombudsmann an. Diese Einrichtung hat sich gut bewährt. Sie spart nicht nur viel Geld, sondern auch – im Zuge der Überlastung des amtlichen Rechtswegs – viel Zeit und Stress. Seit Oktober 2001 haben auch die Versicherungen (ausgenommen Rückversicherer, Kreditversicherer oder Industrieversicherer) wie auch die privaten Krankenversicherungen die Institution „Ombudsmann“ geschaffen. Im April dieses Jahres schlossen sich die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die privaten Bausparkassen dem außergerichtlichen Schiedsverfahren an. Jetzt gibt es auch in diesem Bankenbereich eine zentrale Beschwerdestelle.
Abseits stehen noch Ärzte, Kliniken, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer – oder auch Rechtsanwälte, die ja vom juristischen Streit leben. Aber gerade dieser Berufsstand sollte, vor allem, wenn es um die Interpretation seiner Gebührenordnung geht, an eine außergerichtliche Schiedsstelle verweisen können. In der breiten Öffentlichkeit nämlich überwiegt eher Skepsis als Vertrauen im Umgang mit Advokaten. Denn jedermann möchte verständlicherweise vermeiden, mit dem Anwalt seines Vertrauens vor Gericht über Gebühren streiten und dafür wiederum einen anderen Anwalt zu Rate ziehen zu müssen.
Jeder Bereich des Banken- und Versicherungsgewerbes hat eine zentrale Beschwerdestelle. Hier hat auch die Institution Ombudsmann ihren Sitz. Der Beschwerdeablauf ist recht einfach: Ein Verbraucher, der mit einer zumeist geldrelevanten Entscheidung nicht einverstanden ist, reicht seinen Einspruch schriftlich beim Ombudsmann ein. Er begründet ihn ebenfalls schriftlich und belegt seine Sicht der Sachlage mit beweiskräftigen Dokumenten. Zu den eingereichten Unterlagen gehört auch der bislang ergebnislose Schriftverkehr, der den vorhandenen Streitfall dokumentiert. Eine telefonische Schilderung des Streitfalls wird in der Regel nicht zugelassen. Läuft bereits ein Gerichtsverfahren in der zur Schlichtung vorgetragenen Angelegenheit, lehnt die Schlichtungsstelle ein Eingreifen ab.
Die zentrale Beschwerdestelle prüft nach Vorliegen aussageund beweiskräftiger Unterlagen, ob eine gerichtliche Klage formal zulässig wäre. Ist dies so, hat womöglich der Ombudsmann einen weiteren Fall. Dem gewerblichen Streitpartner leitet der Ombudsmann den Einspruch des unzufriedenen Kunden zu. Bleibt es bei der strittigen Entscheidung, muss der Schlichter ans Werk. Für die Privat- und Hypothekenbanken ist der Schlichterspruch bindend, wenn der Streitwert unter 5 000 Euro liegt. Der betroffene Verbraucher kann in diesem Fall aber nach wie vor ein Gericht anrufen. Bei den Volks- und Raiffeisenbanken spricht der Schlichter nur eine Empfehlung aus. Geht die involvierte Bank nicht darauf ein, bleibt nur der Weg zum Kadi. Die Volks- und Raiffeisenbanken beschränken ihr Schlichtungsverfahren nicht nur auf Privatleute. Sie akzeptieren auch gewerbliche Kunden.
Keine Kosten
Alle Schlichtungsverfahren sind für die Kundschaft der Unternehmen, die sich einer Ombudsmann- Institution angeschlossen haben, kostenfrei. Hat der eingeschaltete Schlichter den Verdacht, dass sich ein Beschwerdeführer bei ihm eine kostenfreie Rechtsberatung abholen will, legt er den Fall nieder. In der Versicherungsbranche gingen bislang alle Schlichtungsverfahren nur zu 50 Prozent zu Gunsten des Kunden aus. Die Ombuds- Stellen der Banken entschieden sogar öfter zu Gunsten der Banken als im Sinne der Kunden.
Ob die von den Gelddienstleistern bezahlten Ombudsleute tatsächlich mit neutraler Intention schlichten, versuchen die Verbraucherverbände zu überwachen. Aber noch gibt es nach Ansicht der Verbraucherschützer zu wenig Fälle, um ein fundiertes Urteil aussprechen zu können.