Ein Lächeln als Dankeschön
Immer mehr Patienten trudeln vor dem Zelt ein, meist vom Bergstamm der Phnong, die eine Art Kilt tragen und größere Elfenbeinscheiben in den Ohrläppchen. Die Patienten haben klare Ansichten: Ein Zahn, der weh tut, kommt raus; was raus ist, kann keine Schmerzen verursachen. Die kleine Sreymau, mal eben fünf Jahre alt, kommt auf uns zu und klärt uns über ihre Sicht der Dinge auf: „I don’t want this – I want Ice Cream!“. So beschreibt Dr. Wolfgang Schmidtberg eine typische Szene aus der Arbeit des Hilfswerkes Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete (HDZ).
Schmidtberg ist Initiator des zahnärztlichen Projektes „Asia Smile“ in Kambodscha, das vom (HDZ) finanziert wird. Mit einer mobilen Behandlungseinheit wird vor allem die kambodschanische Landbevölkerung zahnärztlich versorgt. Es ist eines von über 40 Projekten weltweit, die das HDZ im vergangenen Jahr unterstützt hat.
Es gehört zum Grundsatz des Hilfswerkes, dort tätig zu werden, wo staatliche Hilfsmaßnahmen nicht greifen und die großen Hilfsorganisationen nicht vertreten sind. Die Projekte sind punktuell, setzen aber umfassend an: Zahnstationen, Waisenhäuser, Kinderheime, Schulen oder Krankenstationen werden gebaut oder renoviert und komplett ausgestattet. Dabei steht die Hilfe zur Selbsthilfe im Vordergrund: so bekommen junge Menschen eine fundierte Schulund Berufsausbildung oder einheimische Ärzte/ Zahnärzte werden mit der gespendeten Ausrüstung vertraut gemacht und mit Medikamenten versorgt.
Im vergangenen Jahr hat das Hilfswerk unter der Leitung von Dr. Klaus Winter aus Bad Lauterberg einen Schwerpunkt seiner Arbeit in Kambodscha gelegt. Nach der Herrschaft der roten Khmer in den 70er Jahren lag das Land in Trümmern. Die gesamte Ärzteschaft, Richter- und Anwaltschaft, eigentlich die gesamte „inteligenzja“ war verschwunden, berichtet Dr. Wiprecht von Treskow, der von 1994 bis 1997 Botschafter in Kambodscha war und im Januar 2002 das zweite große kambodschanische HDZProjekt „Kampong Thom“ besuchte.
„Mit Mitteln des HDZ wurden in Kampong Thom vier Fast-Ruinen des am River Stung gelegenen Provinzkrankenhauses in wahre Juwele verwandelt“, begeistert sich von Treskow, der Südostasienbeauftragte des HDZ. Das von der französischen Kolonialmacht (1863 bis 1953) gebaute Krankenhaus wurde während des Pol-Pot Regimes stark vernachlässigt und danach nie wieder saniert. Der gesamte Investitionsaufwand liegt bei rund 315 000 Euro, im Jahr 2001 gingen rund 115 000 Euro an das Projekt.
Die erste Baustufe ist bereits abgeschlossen, im Verlauf dieses Jahres sollen alle Gebäude fertiggestellt werden. „Die junge Ärzteschaft ist stolz auf die neuen Gebäude. In den bewegenden Gesprächen mit den Verantwortlichen wird deutlich, wie dankbar sie für die ungewöhnliche Spendenidee des im vergangenen Jahr verstorbenen Gründers des HDZ, Zahnarzt Carl Heinz Bartels, sind“, berichtet von Treskow.
Im Gegensatz zum Krankenhaus-Projekt in Kampong Thom ist „Asia Smile“ ein rein zahnärztliches Entwicklungshilfeprojekt. Hauptziel des Projektes ist die zahnärztliche Versorgung der Bevölkerung in den ländlichen Gebieten durch ein mobiles Behandlungssystem. Mit einem Investitionsaufwand von rund 130 000 Euro wurden im vergangenen Jahr zwei Geländewagen gekauft und als mobile Zahnarztstation fachgerecht umgebaut. Weitere Anschaffungen waren mobile – und vor allem robuste – Behandlungseinheiten und Röntgengeräte. Zur Ausstattung der mobilen Dental-Klinik gehören neben Medikamenten und Füllwerkstoffen auch ein gebrauchter Stromgenerator sowie eine Wasseraufbereitungsanlage. Nach dem Umbau rollten die „Asia Smile“-Mobile auf Schotterpisten durch zwei der 18 Provinzen Kambodschas. Von Juli bis November wurden 2 167 Patienten behandelt. Großes Augenmerk wurde auch auf die Prävention gelegt: Lehrer und Schulkinder wurden in Zahnhygiene unterrichtet, Zahnbürste und-paste als freie Zugabe. Dass es dabei nicht immer so geordnet vorgeht, wie in deutschen Wartezimmern, erzählt der Leiter des Projekts, der deutsche Zahnarzt Dr. Wolfgang Schmidtberg, der seit vielen Jahren in Kambodscha lebt. „Frauen und Männer um die 50 oder älter albern herum mit ihren tauben Wangen und Lippen: Keiner von ihnen hat jemals eine Spritze bekommen, und nun kneifen sie sich gegenseitig im Gesicht herum und freuen sich, dass es nicht schmerzt.“ Bei einer dieser Gelegenheiten kam dann auch die fünfjährige Sreymau mit ihrem Wunsch nach Eiscreme auf den Zahnarzt zu. Es half nichts, der Milchmolar musste raus.