Chancen für den mündigen Patienten
Interessante neue Denkanstöße zur Reformierung des Gesundheitswesens bot die Politikberatung. So stellte der ehemalige Vorsitzende des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Prof. Dr. Klaus-Dirk Henke, ein Reformmodell der Vereinten Krankenversicherung vor. Mehr Kapitalbildung, mehr Wettbewerb, eine Versicherungspflicht für die gesamte Bevölkerung mit Kontrahierungszwang für alle Versicherungsunternehmen sind die Kernpunkte. Es geht um eine neue finanzielle Absicherung des Krankheitsrisikos mit Versicherungspflicht für alle und Wahlfreiheit für den Einzelnen.
Althergebrachtes hörten die rund 45 Journalisten auf dem mittlerweile zur festen Institution gewordenen FVDZ-Presseseminar hingegen von der SPD: So bekräftige Fraktionsmitglied Horst Schmidbauer die Position seiner Partei, Grund- und Wahlleistungen abzulehnen und die solidarische Krankenversicherung gegen einen Systemwechsel zu verteidigen. Mehr Qualität und Effizienz müsse stattdessen ins System. Wolfgang Lohmann, CDU/CSU-Fraktion, kritisierte heftig die „konzeptionslose Gesundheitspolitik von Rot-Grün“ und forderte eine Neugewichtung von Solidarität und Subsidiarität, die Stärkung der Eigenverantwortung der Patienten und mehr Wettbewerb. Dr. Dieter Thomae, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, sprach sich für eine Richtungsänderung weg von Budgetierung, Rationierung und Reglementierung sowie für eine Öffnung zu wettbewerblichen Strukturen aus.
Missverstanden
Immer wieder komme es zu Missverständnissen, was unter Wettbewerb tatsächlich verstanden werde, erklärte der FVDZ-Vorsitzende, Dr. Wilfried Beckmann: „Für uns Zahnärzte ist klar, dass Wettbewerb ohne Information und Transparenz nicht möglich ist.“ Therapiefreiheit und das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Zahnarzt seien unerlässlich. Gefordert sei die Einführung des Kostenerstattungsprinzips mit befundorientierten Festzuschüssen und die Privatisierung der GKV. FVDZ-Vize Dr. Karl-Heinz Sundmacher erläuterte die diesem Prinzip zu Grunde liegende Wettbewerbsstruktur: Im Mittelpunkt solle der Patient stehen, er benötige eine privatwirtschaftliche Krankenversicherung und freiberuflich tätige Ärzte und Zahnärzte. Der Bürger habe die Pflicht zur Versicherung seines Krankheitskostenrisikos für einen definierten Kernleistungsbereich, Wahlleistungen würden individuell versichert. Die Zahnärzte sollten ihre Patienten gemäß dem Spektrum der modernen Zahnheilkunde versorgen, sei es aus dem Kern- oder Wahlleistungsbereich.
Der Vorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Karl Horst Schirbort, zeigte sich sehr zufrieden, dass gesundheitspolitische Themen inzwischen in der Öffentlichkeit in einer großen Breite diskutiert werden. Endlich sei es so weit, dass schwierige Probleme emotionslos und sachlich angepackt würden. Bei den Diskussionen um den Wettbewerb müsse der Patient in den Mittelpunkt rücken, er suche sich sowohl die Krankenkasse wie auch den Zahnarzt aus.
Mit Spannung erwartet wurden die Aussagen von Renate Jaeger, Richterin am Bundesverfassungsgericht, über das Urteil zu den Tätigkeitsschwerpunkten. Aus ihrem Vortrag ging deutlich hervor, dass das Urteil in den Kontext zu stellen ist mit einer ganzen Reihe von komplexen Problemlösungen am Bundesverfassungsgericht, die im Sinne des Gemeinwohls das Informationsbedürfnis des Bürgers über berufsständische Werbeverbote stellt: „Berufsethos und Wettbewerb sind keine Gegensätze“. Der Vizepräsident der BZÄK, Dr. Dietmar Oesterreich, betonte, dass das Urteil den Kammern helfe, den Bereich der Tätigkeitsschwerpunkte neu zu regulieren. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Kammern würden genützt und dem Patienten sei dabei geholfen, die für ihn wichtigen und gesicherten Information zu bekommen.