FDI-Kongress in Wien: Die Geschäftssitzungen

Frischer Wind und straffe Reformen

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Heftarchiv Gesellschaft
Zum 90sten Mal fand vom 1. bis 5. Oktober 2002 der Weltzahnärztekongress statt, in diesem Jahr in Wien. Im Zentrum der Geschäftssitzungen stand eine Reform der FDI-Führungs- und Entscheidungsstrukturen, denn neue Mitglieder, veränderte Situationen in Politik und Gesellschaft und neue Wege der Kommunikation fordern frischen Wind in der Verbandsarbeit.

Der Kongress stieß auf großes Interesse bei den europäischen Zahnärzten, aber auch aus USA, Kanada, Japan, Australien und Korea waren große Teilnehmergruppen angereist. Nach den Angaben der FDI waren 3 582 Teilnehmer für den wissenschaftlichen Kongress registriert, zusätzlich nochmals 3 787 nur für die Dentalausstellung. Aus Deutschland werden von der FDI 821 Teilnehmer angegeben, hierbei handelt es sich neben Zahnärzten und Fachpersonal auch um Aussteller und reine Ausstellungsbesucher. Die hohe Teilnehmerzahl aus Deutschland ist beachtlich und wurde bisher selten bei einem FDI-Kongress außerhalb Deutschlands erreicht.

Über 70 Sitzungen

Vorgeschaltet zum eigentlichen FDI-Kongress mit dem wissenschaftlichen beziehungsweise Fortbildungsprogramm (zm- Bericht folgt) fanden die Geschäftssitzungen statt, in denen die gesundheits- und berufspolitische und die fachliche Arbeit der FDI vorbereitet, entwickelt, diskutiert und abgestimmt wird. In diesem Jahr waren das wieder über 70 Sitzungen.

Die Generalversammlung diskutierte und verabschiedete verschiedene Stellungnahmen, unter anderem zur Spezialisierung in der Zahnheilkunde (siehe Kasten). Hierin wird festgestellt, dass Spezialisierungen in der Zahnheilkunde nur dort sinnvoll sind, wo ein klar definierter Gesundheitsbedarf vorhanden ist und wenn es keine Überschneidungen mit anderen Spezialgebieten gibt. Eine Spezialisierung könne nur vom Berufsstand selbst eingeführt werden, nicht von anderen Gruppen, seien es staatliche Behörden oder Verbraucher- beziehungsweise Patientenverbände (diese Gruppen waren im Entwurf noch genannt). Diese Klarstellung wurde erst auf Intervention der französischen Delegation mit Unterstützung der Deutschen in die Stellungnahme aufgenommen. Themen weiterer Stellungnahmen, die von der Generalversammlung verabschiedet wurden, sind: illegale zahnärztliche Berufsausübung, minimal-invasive Zahnheilkunde, Interaktion zwischen Mund-, kardiovaskulärer und zerebrovaskulärer Gesundheit, Akupunktur in der Zahnheilkunde.

Strukturen auf dem Prüfstand

Beherrschendes Thema vieler Sitzungen war in diesem Jahr die Überprüfung der Führungs- und Entscheidungsstrukturen der FDI und deren geplante Reform. Die Gründe dafür sind mehrschichtig:

• Die FDI hat in den letzten zehn bis 15 Jahren beinahe eine Verdoppelung ihrer Mitgliedsverbände erlebt. Waren 1989 zum Beispiel 86 Mitgliedsverbände aus 79 Ländern in der FDI organisiert, waren es im Jahr 2001 152 Mitgliedsverbände mit insgesamt 700 000 Zahnärzten aus 133 Ländern.

• Strukturelle Änderungen haben stattgefunden, wie der Umzug der FDI-Geschäftsstelle von London nach Ferney-Voltaire

(Frankreich), die Abschaffung der Persönlichen Mitglieder, die veränderte Kommunikation und Information mittels Internet und Mail oder die Einsetzung einer neuen Kommission für zahnärztliche Praxis und Berufsausübung.

• Schließlich führen generelle Änderungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, insbesondere die Globalisierung – zum  Beispiel von Problemen wie HIV und Aids – zu veränderten Erwartungen der Mitglieder wie auch der Öffentlichkeit an die FDI.

Die FDI hatte bereits in Kuala Lumpur einen Strategieplan mit Visionen, Aufträgen und Zielen verabschiedet, der jetzt umgesetzt werden soll. Dafür werden geeignete Führungs- und Entscheidungsstrukturen in der FDI benötigt. Die gegenwärtigen Strukturen und die angemessene Repräsentanz der Mitglieder standen daher in diesem Jahr auf dem Prüfstand.  

Besonders kritisch wurde die inadäquate Repräsentation der Mitgliedsverbände in Generalversammlung und Rat bei einer Umfrage unter den Mitgliedsverbänden beurteilt. Die FDI sieht sich hier mit einem Problem konfrontiert, das großen internationalen Organisationen, zum Beispiel auch den United Nations (UN), eigen ist: Die großen, wirtschaftlich starken Länder, vor allem die USA, fühlen sich unterrepräsentiert und zahlen zu hohe Beiträge. 

Die American Dental Association (ADA) hatte dann auch ein umfangreiches Papier erarbeitet, das Diskrepanzen in der Repräsentation der Länder und Regionen deutlich aufzeigte. Darin werden die Verteilung der Mitgliedsverbände auf die fünf Regionalorganisationen der FDI, die Zahl der Zahnärzte in den Regionalorganisationen, die Zahl der Delegierten in der Generalversammlung sowie die Höhe der Beiträge aus den Regionalorganisationen miteinander verglichen.   

Europa spielt eine tragende Rolle

Wichtige Ergebnisse der Ausarbeitung der ADA sind: Die europäischen Zahnarztverbände spielen in der FDI in allen Aspekten eine herausragende Rolle: sie stellen 40 Prozent der Mitgliedsverbände, sie repräsentieren 47 Prozent der Zahnärzte insgesamt, sie stellen 45 Prozent der Delegierten zur Generalversammlung und sie sind mit 51 Prozent an den Beiträgen zur FDI beteiligt. Im Gegenteil dazu sind Afrika und Nordamerika völlig ungleich gewichtig vertreten. Afrika ist in der Generalversammlung gut vertreten (elf Prozent der Delegierten) zahlt aber nur geringfügige Beiträge (ein Prozent). Demgegenüber ist Nordamerika in der Generalversammlung deutlich unterrepräsentiert (sieben Prozent aller Delegierten), stellt aber einen Anteil von 24 Prozent aller Zahnärzte und zahlt 25 Prozent der Beiträge.  

Die ungleichgewichtige Verteilung von Delegierten und Beiträgen resultiert daraus, dass in der FDI die kleinen Mitgliedsverbände, auch wenn sie zum Beispiel nur 20 Zahnärzte vertreten (wie Samoa, Benin, Mauritius und Zambia), schon einen Delegierten stellen, während Deutschland, Japan und die USA als die drei größten Mitgliedsverbände erst bei über 10 000 Zahnärzten ein Delegiertenmandat erhalten. Die Stimmgewichtung wie auch die finanzielle Belastung der Mitgliedsverbände ist also sehr ungleich verteilt. Daher schlug die ADA vor, über eine ausgeglichenere Beteiligung der Mitgliedsverbände in den Entscheidungsgremien zu diskutieren. Der Vorschlag der ADA stieß bei der deutschen Delegation auf großes Interesse und wird zunächst intern weiter diskutiert. Die kleineren Länder bewerteten die Vorschläge der ADA erwartungsgemäß sehr kritisch. Die Diskussion über Repräsentanz und angemessene Führungs- und Entscheidungsstrukturen wird in der FDI im kommenden Jahr intensiv weitergeführt werden.

Wahlen

Wahlen waren in diesem Jahr insofern weniger spannend, als es für die vier zu wählenden Positionen im Rat jeweils nur eine Nominierung gab. Nach dem – von der deutschen Delegation seit mehreren Jahren kritisierten – Wahlverfahren der FDI sind Kandidaten, die keinen Gegenkandidaten haben, ohne Wahlvorgang per Feststellung des Leiters der Generalversammlung gewählt. Die deutsche Delegation wird dem Rat einen Vorschlag für ein verändertes, demokratischeres Wahlverfahren vorlegen.  

Prof. Peter Reichart, Berlin, wurde vom Rat auf drei Jahre in das Komitee für Kongress und Fortbildung gewählt. Er ist Nachfolger von Prof. Rolf Nolden, Bonn, der nach sechs Jahren Mitgliedschaft im Komitee nicht mehr kandidierte. Somit ist in diesem wichtigen Gremium der FDI wieder ein Deutscher unter den acht Mitgliedern vertreten. Zum Abschluss der Generalversammlung B wird immer die FDI-Flagge an das Organisationskomitee des kommenden FDI-Kongresses übergeben. Im Jahr 2003 wird der FDI-Kongress vom 18. bis 21. September in Sydney, Australien veranstaltet.  

Barbara Bergmann-KraussUniversitätsstr. 7350931 Köln

• In der nächsten zm-Ausgabe erfolgt ein Bericht über das wissenschaftliche Programm in Wien.

• Informationen zum Kongress in Sydney sind bereits erhältlich unter: www.fdiworldental. org, Fr. Fleuchaus, Tel.: 0221/4001-207, Fax: 0221/4001-214 und Reisebüro Reder, Fr. Klose, Tel.: 07071/41 06 54.

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