Repetitorium

Leberzirrhose

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Chronische Lebererkrankungen galten bis vor nicht allzu langer Zeit nicht nur als unheilbar, sondern auch als kaum behandelbar. Das hat sich deutlich gewandelt. So stehen inzwischen bei verschiedenen Lebererkrankungen wirkungsvolle Therapieformen zur Verfügung. Sie bewirken keine Heilung, können aber das Fortschreiten der Erkrankung hinauszögern und damit auch die Notwendigkeit einer Lebertransplantation zeitlich hinausschieben

Auf knapp zehn Prozent wird die Häufigkeit der Leberzirrhose in den Industrienationen geschätzt. Die Zahl stammt aus Autopsiestudien und bedeutet nicht, dass fast jeder zehnte Bundesbürger unter einer klinisch manifesten Lebererkrankung leidet, also entsprechende Symptome entwickelt. Denn gerade im Frühstadium verlaufen chronische Lebererkrankungen oft unbemerkt, und bei älteren und alten Menschen ist die Zirrhose somit unter Umständen eine Art Zufallsbefund. Dennoch zeigen die Daten, dass Lebererkrankungen bis hin zur Leberzirrhose in unserer Gesellschaft ein relevantes Gesundheitsproblem darstellen.

Die Leberzirrhose

Eine Leberzirrhose entwickelt sich praktisch immer auf dem Boden einer langjährigen Leberschädigung. Grundlage ist eine fortschreitende Zerstörung von Lebergewebe, ein Prozess, der zwangsläufig mit Umbauprozessen und Vernarbungen einher geht. Es bildet sich zunehmend knotiges Bindegewebe (Leberfibrose), während gleichzeitig gesunde Leberzellen absterben. Die Funktionsfähigkeit der Leber nimmt dadurch ab, das Organ selbst schrumpft, seine Oberfläche wird knotig und runzelig. Es kommt zur Schrumpfleber, also zur Leberzirrhose.

Die Ursachen

In rund 60 Prozent der Fälle ist die Leberzirrhose die Folge eines chronischen Alkoholabusus. Rund 40 Prozent der Männer, die über Jahre hinweg täglich 60 Gramm Alkohol (zwei Liter Bier oder eine Flasche Wein oder ein Schnaps) und mehr konsumieren, müssen damit rechnen, eine Leberzirrhose zu entwickeln. Bei Frauen besteht ebenfalls ein Zusammenhang zum Alkoholkonsum, doch reagiert die Leber empfindlicher auf die Noxe: So ist bereits ab einer Alkoholmenge von regelmäßig mehr als 20 Gramm täglich (das entspricht einer Flasche Bier) von einer chronischen Leberschädigung auszugehen.

Die zweithäufigste Ursache für eine Leberzirrhose sind chronische Hepatitiden wie die Hepatitis B oder die Hepatitis C. Daneben münden auch cholestatische Lebererkrankungen, wie die Primär Biliäre Zirrhose und die Primär Sklerosierende Cholangitis, praktisch immer in eine Leberzirrhose. Als weitere Ursachen kommen die Autoimmunhepatitis in Betracht sowie Krankheiten des Eisen- oder Kupferstoffwechsels, wie die Hämochromatose oder die Wilson-Krankheit. Seltener sind in unseren Breitengraden Ursachen, wie eine langjährige Exposition gegenüber chemischen Noxen, Arzneimitteln oder Tropenkrankheiten, wie die Bilharziose.

Die Symptome

Die Leberzirrhose entwickelt sich allmählich über mehrere Jahre, ohne dass sich dies durch Schmerzen oder andere Beschwerden bemerkbar macht. Treten Beschwerden auf, so sind diese zunächst unspezifischer Natur. Als Warnsignal zu verstehen sind eine ungeklärte Müdigkeit und Abgeschlagenheit, ein Nachlassen der allgemeinen Leistungsfähigkeit sowie Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme.

Schreitet die Lebererkrankung fort, so kommt es zum Juckreiz der Haut und eventuell zur Gelbsucht. Viele Patienten weisen Hautveränderungen, wie Lebersternchen, und insbesondere eine Rotfärbung der Handinnenflächen auf. Bei fortgeschrittener Leberzirrhose entwickeln sich dann häufig massive Symptome, zum Beispiel Hormonstörungen infolge der eingeschränkten Syntheseleistung der Leber, aber auch Verdauungsstörungen und Stoffwechselstörungen.

Komplikationen der Leberzirrhose

Schreitet die Leberzirrhose weiter fort, so können zum Teil lebensbedrohliche Komplikationen durch die eingeschränkte Funktionsfähigkeit des Organs auftreten. Gefürchtet ist insbesondere der Aszites, also die Bauchwassersucht. Eine gefährliche Komplikation ist ferner die Ausbildung von Ösophagus-Varizen (Krampfadern in der Speiseröhre), da dann die Gefahr lebensbedrohlicher Blutungen besteht. Ihre Bildung wird durch die Leberzirrhose forciert, da das Blut das derbe knotig veränderte Gewebe nicht mehr problemlos passieren kann. Es staut sich vor der Leber, was die Ausbildung von Varizen in der Speiseröhre begünstigt.

Eine weitere bedrohliche Komplikation ist die hepatische Enzephalopathie, die im Koma und schließlich im Tod des Patienten enden kann. Möglich ist ferner der Übergang von der Leberzirrhose in den Leberkrebs, eine Komplikation, die bei etwa zehn Prozent der Patienten beobachtet wird.

Diagnosestellung

Hinweisend auf eine Lebererkrankung sind mehr oder weniger häufig zufällig festgestellte erhöhte Leberwerte bei der Blutuntersuchung. Als weitere diagnostische Maßnahmen bieten sich im Verdachtsfall der Ultraschall des Oberbauchs an. In der Sonographie kann dann die Größe sowie die Beschaffenheit der Leber beurteilt werden. Eine sichere Diagnosestellung ist letztlich jedoch nur über eine Gewebeprobe und eine histologische Untersuchung möglich, so dass gegebenenfalls eine Leberbiopsie durchgeführt werden muss.

Therapie und Verlauf

Unbehandelt schreiten die Schädigungsund Umbauprozesse in der Leber in aller Regel fort, die Leberzirrhose nimmt zu und hat schließlich das Leberversagen und damit den Tod des Patienten zur Folge. Dieser Prozess aber lässt sich aufhalten, wenn die schädigende Noxe eliminiert, konkret in den meisten Fällen also ein Alkoholverzicht, praktiziert wird. Bereits eingetretene Veränderungen des Leberuntergangs aber können nicht mehr behoben werden, manifeste Schädigungen sind irreversibel.

Klinisch wird die Leberzirrhose dabei in verschiedene Stadien eingeteilt, und zwar in

• die latente Zirrhose, die noch keine Beschwerden verursacht

• die manifeste Zirrhose mit deutlichen Zeichen einer Zellschädigung und Zelluntergängen

• die kompensierte Zirrhose

• die dekompensierte Zirrhose mit gravierenden Komplikationen wie portaler Hypertension, Aszites oder gastrointestinalen Blutungen.

Allerdings kann durch die Behandlung der Grunderkrankungen erheblich darauf Einfluss genommen werden, ob, wie und wann sich eine Leberzirrhose entwickelt. Welche therapeutischen Maßnahmen im Einzelfall indiziert sind, hängt direkt von der Grunderkrankung ab.

Lebertransplantation als Mittel der letzten Wahl

Die eigentliche Behandlung der Leberzirrhose jedoch beschränkt sich auf die Therapie der Komplikationen. So wird zum Beispiel beim Aszites mit Diuretika behandelt. Bei Oesophagus-Varizenblutungen stehen heutzutage verschiedene Verfahren zur Verfügung, um die Blutung zu stillen und es kann langfristig operativ für eine Entlastung des Pfortaderdrucks gesorgt werden. Auch die hepatische Enzephalopathie ist einer Therapie zugänglich, wobei durch diätetische aber auch medikamentöse Maßnahmen die Verwirrheitszustände behoben und das Koma abgewendet werden kann.

Lässt sich jedoch durch konservative Verfahren die Leberzirrhose mit ihren Komplikationen nicht beherrschen, so bleibt als Mittel der letzten Wahl die Lebertransplantation.

Therapie der Hepatitiden

Wenngleich eine Heilung der Leberzirrhose nicht möglich ist, lässt sich durch optimierte Therapieverfahren bei den Grunderkrankungen doch häufig ihre Entstehung verhindern oder hinauszögern. Besonders eindrucksvoll sind die Erfolge bei den Hepatitiden. So führt eine Therapie der chronischem Hepatitis B mit Interferon-Alpha langfristig in 30 bis 50 Prozent der Fälle zu einem Verlust des viralen Antigens aus dem Serum und zu einer Normalisierung der Leberwerte (Transaminasen). Besonders gut ist das Ansprechen bei Patienten mit Nachweis des HBe-Antigens, bei Frauen, sowie bei niedriger Viruslast. Fehlt das HBe-Antigen, so kommt es jedoch nach Absetzen der Therapie in 90 Prozent der Fälle innerhalb eines Jahres zu einem Rezidiv.

Deutlich besser wurden die Therapiechancen in den vergangenen Jahren durch die Einführung von Virostatika, wie dem Lamivudin, das in Kombination mit Interferon-Alpha bei 30 Prozent aller Patienten eine Serokonversation erzielt.

Mit Blick auf die chronische Hepatitis B ist aber zu bedenken, dass es durchaus Schutzmöglichkeiten vor dieser Erkrankung, die in zehn Prozent der Fälle in eine Leberzirrhose mündet, gibt. Da die Virusübertragung mit dem Blut erfolgt, wird deshalb allen in medizinischen Berufen Beschäftigten unbedingt zu einer vorsorglichen Impfung geraten.

Nicht möglich ist dagegen eine Impfung gegen das Hepatitis C-Virus, welches ebenfalls über die Körperflüssigkeiten übertragen wird. Auch die Hepatitis C-Infektion führt bei der Mehrzahl der Patienten zu einer chronischen Hepatitis mit der Gefahr der Entwicklung einer Leberzirrhose. Der Prozentsatz derjenigen, die eine Leberzirrhose entwickeln, ist dabei noch deutlich höher als bei der Hepatitis B. Auch bei der Hepatitis C sind Fortschritte in der Therapie zu verzeichnen: Die Standardtherapie besteht ebenfalls in der Gabe von Interferon-Alpha, doch wird dieses neuerdings in Kombination mit dem Virostatikum Ribavirin verabreicht. Unter einer solchen Kombinationstherapie ist den Studien zufolge eine Viruseliminationsrate von etwa 40 Prozent zu erwarten, wobei die Ergebnisse vom Virustyp und auch vom Virustiter abhängig sind sowie vom Genotyp des Patienten.

Cholestatische Lebererkrankungen

Bei den cholestatischen Lebererkrankungen steht die Primäre Biliäre Zirrhose (PBC) im Vordergrund, ein Krankheitsbild, bei dem es zu einem Stau der Gallenflüssigkeit in der Leber (Cholestase) kommt und das zu den Autoimmunkrankheiten gehört. Die Ursachen der PBC sind noch unbekannt.

Betroffen sind in der Mehrzahl der Fälle Frauen, die Erkrankung manifestiert sich meist zwischen dem 20. und dem 60. Lebensjahr. Die PBC gehört zu den seltenen Erkrankungen, ist mit einer Häufigkeit von 94 pro 100 000 Einwohner allerdings häufiger als beispielsweise ein Pankreaskarzinom.

Unbehandelt führt die PBC unweigerlich zur Leberzirrhose und damit zum Tod des Patienten, wobei die Überlebenszeit im Durchschnitt bei zehn bis 15 Jahren liegt. Erste empirische Therapieversuche aber haben gezeigt, dass sich die Progression der Störung durch die Behandlung mit Ursodeoxycholsäure, einer endogenen Gallensäure, deutlich verzögern lässt. Ursodeoxycholsäure scheint dabei choleretische Eigenschaften zu besitzen, also den Gallefluss zu fördern und damit die Schädigung der Leberzellen durch toxische Gallensäuren zu mindern. In Studien belegt wurde, dass die Ursodeoxycholsäure nicht nur die Beschwerden der Patienten, wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Juckreiz, bessert, sondern auch die Zeitspanne verlängert, bis eine Lebertransplantation erforderlich wird. Neben der PBC ist bei den cholestatischen Lebererkrankungen vor allem die Primär Sklerosierende Cholangitis (PSC) zu nennen, bei der ebenfalls Therapiefortschritte erzielt wurden. Die Erkrankung geht mit einer Destruktion der Gallengänge einher, was ebenfalls zur Cholestase und damit zu Leberschädigungen führt. Auch bei der PSC lassen sich therapeutische Effekte durch die Ursodeoxycholsäure erzielen, wirklich effektiv aber ist die Therapie nur, wenn sie mit einer Erweiterung von Strikturen in den Gallengängen kombiniert wird. Geschieht dies frühzeitig und konsequent, so kann, nach Untersuchungen an der Universitätsklinik Heidelberg, die Progression der Störung erheblich verzögert werden.

Sowohl bei der PBC als auch bei der PSC ist allerdings im Endstadium eine Lebertransplantation unumgänglich, um das Leben des Patienten zu retten.

Bringt Transplantation von Hämatozyten eine Zukunft

Deutlich bessere Behandlungschancen deuten sich für die Zukunft durch völlig innovative Therapieverfahren bei Lebererkrankungen an. So wird derzeit intensiv an Alternativverfahren zur Lebertransplantation gearbeitet. Eine Möglichkeit ist die gezielte Transplantation von Leberzellen (Hepatozyten), die aus Spenderorganen stammen, welche für eine Organtransplantation nicht geeignet sind.

Bei dem neuen Verfahren wollen die Wissenschaftler versuchen, gesunde Leberzellen in die kranke Leber einzuschleusen und dort zur Proliferation anzuregen, um die Funktion des Organs möglichst wieder herzustellen. Dass eine solche Hepatozyten-Zelltransplantation funktionieren sollte, legen Tierversuche von Dr. Robert A. F. M. Chamulleau, Universitätsklinik Amsterdam, nahe, die der Mediziner bei einem Internationalen Falk-Symposium in Hannover präsentierte. So konnte bei Nagetieren gezeigt werden, dass sich durch die Zelltransplantation eine eingeschränkte Leberfunktion wieder bessern und die Überlebensrate beim akuten Leberversagen steigern lässt. Eine Indikation für die Hepatozyten- Transplantation sehen auch Wissenschaftler an der Medizinischen Hochschule Hannover, die noch in diesem Jahr einen ersten Versuch mit dem neuen Verfahren beim Menschen planen, in erster Linie beim akuten Leberversagen. Sie hoffen, durch die Implantation gesunder Hepatozyten der erkrankten Leber eine Erholungspause und damit Regenerationsmöglichkeiten bieten zu können.

Hoffnungen werden auf Stammzellen gesetzt

Doch das Verfahren hat noch weitreichendere Bedeutung: Zwar kann es wahrscheinlich nicht die herkömmliche Organtransplantation ablösen, doch könnte es möglicherweise bei Patienten auf der Warteliste für eine Spenderleber helfen, den Zeitraum zu überbrücken, bis ein geeignetes Organ verfügbar ist.

Die Hepatozyten-Transplantation ist bei Lebererkrankungen außerdem wohl Wegbereiter für die Stammzelltransplantation. Dabei werden omnipotente Zellen, die so genannten Stammzellen, in das Organ eingebracht und zur Proliferation angeregt. Auch die Leber selbst hält dabei eine gewissen Reserve an Stammzellen vor, aus denen sich offensichtlich neue Hepatozyten rekrutieren können. Andererseits können sich Hepatozyten offenbar auch aus hämotopoetischen Stammzellen entwickeln. Damit wird wahrscheinlich, dass in Zukunft durch die Stammzelltherapie weitere Fortschritte bei der Behandlung schwerer Lebererkrankungen zu erzielen sind.

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