Die Arzneimittelkommission informiert

Aut idem – Was sagt uns das?

Im Folgenden wird die seit Anfang des Jahres verabschiedete Aut-idem- Regelung aus der Sicht des Zahnarztes betrachtet. Die Arzneimittelkommission Zahnärzte hat hierzu Stellung genommen.

Am 23. Februar 2002 ist das Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz (AABG) in Kraft getreten. Dies Gesetz enthält eine neue Aut-idem-Regelung. „Aut idem“ bedeutet wörtlich „oder dasselbe“. Nach früherem Recht war das ärztliche Rezept für den Apotheker eine zwingende Anordnung genau dieses Medikament in angegebener Dosierung, Menge und Darreichungsform abzugeben, es sei denn, der Arzt hat auf dem „Kassenrezept“ das Kästchen „aut idem“ angekreuzt. Der Apotheker konnte in diesem Fall ein wirkstoffgleiches und im Übrigen identisches Präparat an den Patienten abgeben. Das neue Gesetz, das für Ärzte und Zahnärzte gilt, kehrt diese Regelung um. Kreuzt der Zahnarzt jetzt dieses Kästchen an, gilt „oder dasselbe“ nicht, es ist für den Apotheker ein Imperativ. Ist es nicht angekreuzt gilt die Aut-idem-Regelung. Diese neue gesetzliche Regelung dient nicht dazu, das logische Denken des Arztes auf eine harte Probe zu stellen, oder dem Apotheker die Lagerhaltung zu erleichtern, sondern es sollen die gesetzlichen Krankenkassen dadurch im Bereich der Arzneimittelausgaben entlastet werden. Der Apotheker soll vermehrt Arzneimittel aus dem unteren Preisdrittel oder bei geringerem Angebot aus den fünf preisgünstigsten Präparaten auswählen. Hat der Arzt von sich aus ein Medikament aus diesem Bereich verordnet, ist die Substitution untersagt.

Der Gesetzgeber stellt sich vor, dass der Arzt/Zahnarzt insbesondere aus dem Bereich der Generika einen Wirkstoff in entsprechender Dosis, Menge und Darreichungsform verordnet und der Apotheker dann das preisgünstigste Handelspräparat auswählt. Dazu waren und sind Vorarbeiten nötig, die vom Bundesausschuss Ärzte und Krankenkasse zu erbringen sind.

Erster Schritt:Es müssen austauschbare Darreichungsformen bestimmt werden und in den Arzneimittelrichtlinien Hinweise aufgeführt werden, bei welchen Arzneimittelgruppen eine Austauschbarkeit gegeben ist.

Zweiter Schritt:Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen müssen die obere Preislinie des unteren Preisdrittels bekannt geben.

Dies ist in einer ersten Tranche Anfang Juli geschehen. Etwa 110 Wirkstoffe, vorwiegend Schmerz- und Erkältungsmittel, wurden erfasst und Preislinien festgelegt. Etwa 11 000 Handelsformen waren davon betroffen, seitdem hat es 2 700 Preissenkungen aber auch 580 Erhöhungen gegeben. Die zweite Tranche mit 180 Wirkstoffen trat zum 1. Oktober in Kraft, sodass dann etwa 20 Prozent des Arzneimittelmarktes erfasst sind.

Übergangsregelung

Für diejenigen Medikamente, bei denen es noch keine entsprechenden Bekanntmachungen der zuständigen Ausschüsse gibt, gilt eine Übergangsregelung, die aber rechtlich in Frage gestellt wird: Der Apotheker soll substituieren, wenn eine Substitutionsmöglichkeit eindeutig zu erkennen ist. Von Seiten der Ärzte und Apotheker gab es zur Aut-idem-Regelung in diesem Gesetz Kritik mit folgenden Schwerpunkten.

1. Fehlende Dokumentation bei Arzt und Apotheker über das ausgegebene konkrete Präparat

Der Apotheker gibt nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ab, bei unerwünschten Arzneimittelwirkungen kann der Arzt wegen fehlender Dokumentation zum ausgegebenen Präparat diagnostische Probleme haben, insbesondere in Bezug auf Punkt 2.

2. Allergien und Unverträglichkeiten durch Hilfsstoffe

Allergie, zum Beispiel durch Konservierungsstoffe: Kann der Apotheker eine derartige Anamnese erheben und umsetzen?

Diabetiker: Ist eventuell Zucker in der Zubereitung?

Abstinenter Alkoholiker oder eingeschränkte Nierenfunktion bei Alkohol als Hilfsstoff.

3. Bioverfügbarkeit, Bioäquivalenz

Diese Untersuchungen sind bei der Arzneimittelzulassung vorzulegen. Kann der Apotheker, insbesondere bei Medikamenten mit geringer therapeutischer Breite, diese bei der Auswahl einbeziehen?

4. Besonderheiten der Darreichungsform

Beispielsweise bei Dosieraerosolen gibt es unterschiedliche Dosiermengen durch den technischen Dosieraerosoltyp.

5. Compliance

Insbesondere bei älteren, multimorbiden Patienten oder Kindern kann der von Rezept zu Rezept mögliche Austausch von Präparaten mit anderer Form, anderer Farbe, anderem Geschmack zu Unsicherheiten in der Langzeittherapie führen, weil ein Wiedererkennungseffekt verloren geht.

Zusammenfassung

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Therapiehoheit in der Arzneimittelbehandlung im Prinzip beim Arzt bleibt, sie muss nur im Einzelfall durch Ankreuzen im Feld „aut idem“ auf dem Rezept ausgedrückt werden. Dabei sollten im Gesamtinteresse sowohl die medizinischen als auch die sozioökonomischen Faktoren einbezogen werden, was voraussetzt, dass auch der Zahnarzt über Pharmakologie, Pharmazie und Preissituation mindestens ausreichend informiert ist, um medizinisch und wirtschaftlich handeln zu können.

Dr. Helmut PfefferVorsitzender der Arzneimittelkommission ZahnärzteWeidenbaumweg 621029 Hamburg

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