Thrombosen
Der Begriff der Thrombose beschreibt die Bildung eines Thrombus in einem Blutgefäß und die dadurch bedingte Verengung oder den Verschluss des Gefäßes. Am häufigsten findet ein solches Ereignis in den Venen statt, ein Vorgang, der auch als Phlebothrombose bezeichnet wird. Besonders oft sind die Extremitäten betroffen und insbesondere die tiefen Bein- und Beckenvenen. Bei Frauen ist die Thromboseneigung allgemein höher als bei Männern, die Inzidenz der Störung wird auf zwei Fälle pro 1000 Frauen und Jahr geschätzt.
Ursachen der Thrombose
Bei der Thrombose handelt es sich um ein multifaktorielles Geschehen, was schon Rudolf Virchow erkannt hat. Er benannte bereits im 19. Jahrhundert als Ursache der Störung eine Schädigung der Gefäßwand, eine Verlangsamung des Blutflusses sowie eine erhöhte Gerinnungsneigung des Blutes. Alle drei Faktoren gelten bis heute als wesentliche Ursachen der Thrombose, wobei die Verlangsamung des Blutflusses und die gesteigerte Gerinnbarkeit bei den venösen Thrombosen im Vordergrund stehen und die Gefäßschädigung, beispielsweise in Form einer Arteriosklerose, eher bei den arteriellen Thrombosen zum Tragen kommen.
Allgemeine Risikofaktoren
Aus diesen Ursachen lassen sich direkt Risikofaktoren für die Thomboseentstehung ableiten. So ist bei jeder Immobilisierung zwangsläufig von einer Verlangsamung des Blutflusses auszugehen. Jede lang andauernde Bettlägerigkeit sowie stundenlanges Sitzen im Auto oder Flugzeug erhöhen somit die Gefahr einer Thrombose. Auch Krebserkrankungen sind überdurchschnittlich häufig mit einer Thrombose assoziiert.
Als weitere Risikofaktoren sind allgemeine Venenerkrankungen, wie Krampfadern oder Venenentzündungen, bekannt sowie eine erhöhte Blutgerinnungsneigung wie sie nach großen Operationen oder Entbindungen üblich ist. Eine massiv erhöhte Gefährdung besteht bei Personen mit angeborener Thrombophilie, also mit Genvariationen, die die Blutgerinnung begünstigen, was eine generelle Thromboseneigung zur Folge hat.
Ein Risikofaktor ist ferner die Adipositas, welche sowohl die venöse als auch die arterielle Thrombose fördert. Spezielle Risikofaktoren einer arteriellen Thrombose, die letztlich Grundlage des Herzinfarktes und des Schlaganfalls ist, sind zudem die Hypertonie, das Rauchen, erhöhte Cholesterinspiegel im Blut und ein Diabetes mellitus.
Flugreisen-Thrombose
Dass gehäuft Thrombosen nach langen Flugreisen beobachtet werden, hängt übrigens mit der besonderen Situation im Flugzeug zusammen. Denn in den Kabinen wird üblicherweise ein Luftdruck eingestellt wie er einer Höhe von 2500 Metern entspricht. Der Luftdruck ist damit niedriger als gewohnt, die Venen dehnen sich aus, der Blutfluss wird dadurch langsamer und die Gerinnungsneigung steigt.
Die Folgen dieser Situation hat praktisch jeder Langstrecken-Reisende bereits erlebt. Denn im Verlaufe des Fluges schwellen die Knöchel an, die Füße passen nach Stunden oft kaum mehr in die Schuhe.
Aber es nimmt nicht nur der Luftdruck ab, auch die Luftfeuchtigkeit wird geringer: Während sie am Boden bei 20 bis 30 Prozent liegt, sinkt sie im Flugzeug auf drei Prozent. Der Körper gibt dadurch vermehrt Flüssigkeit an die Umgebung ab, das Blut wird dickflüssiger, was einen weiteren gefährdenden Faktor für eine Thrombose darstellt. Werden in der Touristenklasse durch enge Sitzreihen die Venen in der Kniekehle sowie der Leistenregion regelrecht abgeknickt, so fließt das dickflüssige Blut noch langsamer und die Thrombosegefahr steigt weiter an. Besonders gefährdet für eine „Flugreisen-Thrombose“ oder ein so genanntes „Economy-Class-Syndrom“ sind Reisende nach einer Thrombophlebitis (Venenentzündung), einer Phlebothrombose, einem postthrombotischen Syndrom und Beinulzera. Von einem erhöhten Risiko ist auch auszugehen bei Frauen, die die Pille nehmen und rauchen, bei Personen mit verödeten Krampfadern, nach Knochenbrüchen und bei jenen, die vor der Reise länger bettlägerig waren.
Eine absolute Kontraindikation für einen Langstreckenflug besteht bei Personen mit stark ausgeprägten Krampfadern.
Trias der Symptomatik
Drei Symptome kennzeichnen die Thrombose, und zwar der Schmerz, die Schwellung sowie die livide Verfärbung der betroffenen Extremität. Die Schmerzen treten meist spontan auf, sind belastungsabhängig und bessern sich entsprechend beim Hochlagern des Beines. Typisch ist ein Druckschmerz an der Innenseite des Fußes, auch Payr-Zeichen genannt, sowie im Verlauf der thrombosierten Vene und ein Wadenschmerz bei der Beugung des Fußes, ein Phänomen, das die Mediziner als Homans-Zeichen charakterisieren. Außerdem besteht im Bereich der Waden meist eine ausgeprägte Druckschmerzhaftigkeit (Meyer-Zeichen).
Die Thrombose ist ferner durch eine zunehmende Schwellung charakterisiert, wobei sich die oberflächlichen Venen ungewöhnlich ausgeprägt abzeichnen, weshalb sie auch „Warnvenen“ genannt werden.
Besonders schmerzhaft sind Thrombosen des Armes, und auch bei diesen eher seltenen Erkrankungen ist eine Schwellung sowie eine verstärkte Venenzeichnung typisch.
Allerdings treten die klassischen Symptome längst nicht immer komplett auf, was die Diagnosestellung erschwert. So kann der typische Schmerz ebenso fehlen wie die livide Verfärbung, und in nicht wenigen Fällen verlaufen Thrombosen symptomarm oder Thrombosen geringeren Ausmaßes sogar völlig beschwerdefrei.
Gesichert wird der Verdacht auf eine Thrombose zunächst durch eine Ultraschalluntersuchung. Gegebenenfalls ist darüber hinaus eine Kontrastmitteldarstellung der Venen (Phlebographie) erforderlich.
Komplikationen gefürchtet
Gefürchtet ist die Thrombose vor allem wegen ihrer potenziellen Komplikationen. Diese entstehen durch die Lösung und Fortschwemmung des Thrombus aus seinem lokalen Entstehungsgebiet in andere Gefäßregionen. Es kommt in der Folge zu einer Lungenembolie oder, wenn der Thrombus sich in den Hirngefäßen festsetzt, zu einem Schlaganfall.
Neben solchen direkt lebensbedrohlichen Komplikationen sind auch weniger dramatische Begleiterscheinungen möglich. So bilden sich um das verschlossene Blutgefäß herum Kollateralen aus und es besteht die Gefahr der Krampfaderbildung. Die dauerhafte Behinderung des Blutflusses kann außerdem zur Bildung von Geschwüren, dem so genannten Ulcus cruris führen, im Volksmund bekannter noch als „offenes Bein“. Das Ulcus cruris hat eine ausgesprochen schlechte Heilungsneigung.
Eine der häufigsten Komplikationen ist das postthrombotische Syndrom. Dabei handelt es sich um eine bleibende Venenschwäche mit erhöhter Ödemneigung, der Entstehung von Krampfadern und Entzündungen der Haut bis hin zu Ulzerationen.
Behandlung der Thrombose
Die Therapie der Thrombose richtet sich nach dem Alter des Thrombus. Denn dieser bleibt nur kurze Zeit in seiner ursprünglichen Form erhalten, lagert sich dann um, so dass das verschlossene Gefäß zumindest teilweise wieder durchgängig wird.
Im akuten Zustand ist das oberste Ziel der Therapie die Wiederherstellung des Blutflusses und die Abwendung bedrohlicher Komplikationen. So kann versucht werden, den Thrombus durch die Gabe von Heparin wieder aufzulösen, ein Verfahren, das auch als Lysetherapie bezeichnet wird. Außerdem kann eine chirurgische Entfernung des Thrombus (Thromektomie) versucht werden.
Die Behandlung der Thrombose muss dabei nicht zwangsläufig stationär erfolgen wie eine Studie von Forschern in Dresden zeigt: Vier von fünf Thrombose-Patienten können demnach gut zu Hause behandelt werden, ohne dass die Gefahr einer Lungenembolie steigt. Neuere Erfahrungen sprechen zudem auch dafür, dass die früher verordnete strikte Bettruhe bei der tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose nicht notwendig ist, denn die vorliegenden Studien zeigen keinen Un-terschied der Rate an Lungenembolien bei Patienten unter Bettruhe und solchen, die mobil bleiben.
Die Langzeitbehandlung zielt darauf ab, ein weiteres Wachstum des Thrombus zu verhindern und möglichst einer erneuten Thrombenbildung vorzubeugen. Üblicherweise wird initial mit Heparin oder neuerdings vor allem mit niedermolekularen Heparinen (NMH) behandelt, was subkutane Injektionen erforderlich macht. Nach etwa einer Woche wird dann auf orale Antikoagulantien, beispielsweise Marcumar, umgestellt. Diese werden in aller Regel für mindestens sechs Monate eingenommen.
Grundlage der langfristigen Therapie ist ferner eine effektive und konsequente Kompressionstherapie, wie sie durch das Tragen von Kompressionstrümpfen realisiert werden kann.
Schlagzeilen machte vor wenigen Monaten ein weiteres Therapieverfahren: So wurde beim 25. Ultraschallkongress in Nürnberg ein spezielles Gerät vorgestellt, das mit niederfrequentem Ultraschall die Thromben auflöst und so die medikamentöse Behandlung unterstützt. Die Methode wird seit etwa einem Jahr bei Patienten mit Thrombosen der Hirn versorgenden Halsgefäße erprobt. Jede Sitzung dauert wenige Minuten und muss entsprechend der Größe und Lokalisation des Thrombus gegebenenfalls wiederholt werden. Voraussetzung für den Erfolg des Verfahrens ist nach den ersten Erfahrungen, dass der Thrombus noch nicht zu alt ist und sich noch nicht durch einsprossendes Gewebe verfestigt hat.
Thromboseprophylaxe
Hat ein Patient eine Thrombose durchgemacht, so trägt er zwangsläufig ein erhöhtes Risiko, erneut an einer Thrombose zu erkranken. Deshalb gilt die Regel, dass Patienten nach einer Thrombose oder einer Lungenembolie sechs Monate lang keinen Langstreckenflug absolvieren sollten.
Liegen Risikofaktoren vor, so ist außerdem auf eine konsequente Thromboseprophylaxe zu achten. Das umschließt sowohl allgemeine Maßnahmen als auch eine medikamentöse Prophylaxe. So ist es ratsam, wann immer möglich, längerfristige Immobilisierungen zu vermeiden. Bei längeren Autofahrten oder Flugreisen sollte für regelmäßige Bewegung gesorgt werden und sei es, wenn anders nicht möglich, wenigstens durch regelmäßige Fußgymnastik, zum Beispiel durch Kreisen oder Auf- und Abwippen der Füße. Gefährdeten Personen sollten einen Gangplatz buchen, um sich ein wenig mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen.
Wichtig ist zudem eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, damit das Blut nicht durch Flüssigkeitsmangel zusätzlich „eindickt“. Denn der Körper verliert auf einem Flug von Frankfurt nach New York etwa einen Liter Flüssigkeit. Diese muss mindestens ersetzt werden – allerdings keinesfalls durch Alkohol. Denn Alkohol erweitert die Venen zusätzlich, so dass sich der Blutstrom noch stärker verlangsamt. Sinnvoll sind dagegen Mineralwasser und Fruchtsäfte.
Nach Operationen, Traumen oder Entbindungen ist eine frühe Mobilisierung sinnvoll und gegebenenfalls eine gezielte Krankengymnastik.
Kompressionstherapie – das Non plus Ultra
Risikopersonen sollten außerdem Kompressionsstrümpfe tragen und das vor allem bei Langstreckenflügen. Dass sich die Kompressionstherapie bei langen Flugreisen tatsächlich in einer Risikominimierung niederschlägt, hat jüngst eine Studie britischer Wissenschaftler ergeben. Sie haben bei 231 Passagieren über 50 Jahren vor und 48 Stunden nach einem maximal sechswöchigen Urlaub und zwei Flügen von mindestens acht Stunden Blutparameter untersucht und eine Ultraschalluntersuchung der Beine durchgeführt. 115 Passagiere hatten während der Flüge Kompressionsstrümpfe getragen, die anderen nicht.
Bei zwölf der 116 Passagieren ohne Kompressionsstrümpfe wurden nach den Flügen Blutgerinnsel in den Unterschenkeln festgestellt und zwar im Sinne einer symptomlosen tiefen Beinvenenthrombose, während bei der Gruppe der Passagiere mit Kompressionsstrümpfen keine Auffälligkeiten registriert wurden.
Die Kompressionsstrümpfe sollten aber nicht nur während des Fluges, sondern im Idealfall auch in den folgenden zwei Tagen getragen werden, da sich die Thrombose oft erst nach dem Flug manifestiert. Mit einer Thrombose ist sogar bis zu 14 Tagen nach der Immobilisierung zu rechnen.
Generell sollten Risikopersonen zudem darauf achten, ihre Risikofaktoren – also beispielsweise Übergewicht, Rauchen oder die Einnahme der Pille – abzubauen. In Risikosituationen, zum Beispiel bei längerer Bettlägerigkeit oder wenn durch eine Fraktur eine Gipsbehandlung notwendig ist, ist außerdem eine medikamentöse Prophylaxe angezeigt. Die Patienten werden in solchen Situationen vorsorglich mit Heparin oder niedermolekularem Heparin behandelt und auf lange Sicht mit Antikoagulantien, wie etwa der Acetylsalicylsäure.
Medikamentöse Thromboseprophylaxe
Eine gezielte Thromboseprophylaxe mit Medikamenten wie dem Heparin und dem niedermolekularen Heparin sowie langfristig auch Antikoagulantien ist bei allen Hochrisikopatienten indiziert. Das sind primär Patienten nach Hüft- und Kniegelenksoperationen, solche die eine Gipsbehandlung brauchen, aber auch bettlägerige Patienten mit kardialer Dekompensation, mit schweren Infektionen, mit einem Schlaganfall oder einer Krebserkrankung.