Take Off statt Burnout
Zunächst einmal das Negativ-Beispiel: zehn erprobte und wirkungsvolle Ratschläge, wie angestellte und selbstständige Zahnärzte sich selbst ohne Umwege fertig machen können.
1.Arbeite soviel und solange wie überhaupt möglich – besonders nachts und an Wochenenden. Versuche unbedingt, auch an Feiertagen zu arbeiten.
2.Nimm möglichst viele besonders komplizierte und belastende Fälle an. Lege die Termine so, dass sie möglichst alle an einem Tag sind – wenn möglich, gleich drei oder vier hintereinander. Vermeide Pausen und beschäftige dich möglichst oft mit diesen Fällen.
Fix und fertig
3.Nimm dir höchstens einmal im Jahr Urlaub, und auch nur dann, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Nimm dann aber auf jeden Fall Fachliteratur und Akten mit, die du im Hotelzimmer lesen kannst. Vergiss außerdem nicht, täglich in der Praxis anzurufen, um zu erfahren, ob es irgendwelche dringenden Fälle oder Probleme gibt.
4.Lies immer dasselbe alte Zeug. Egal, welcher therapeutischen Richtung du anhängst, bleib unbeirrt und unbeeindruckt von irgendwelchen neuen Entwicklungen. Glaub auch nicht, dass irgendjemand anderes als gerade die Vertreter deiner therapeutischen Richtung auch nur annähernd interessante Ideen oder Anregungen haben könnte.
5.Merke dir besonders, wie unfair deine Kunden, Geschäftspartner und Patienten sind. Wie sie deine Bemühungen untergraben. Wie sie dich erst zu mögen scheinen, um sich dann mit irgendwelchen Nichtigkeiten gegen dich zu wenden. Wie sie dir am Ende einer zermürbenden Verhandlungs- oder Behandlungsstunde voller Auseinandersetzungen und Ärger etwas versprechen – und es dann doch nicht tun. Und: Wie sie sich und dich abwerten, wenn sie deine Praxis verlassen.
6.Mache deine Selbstbestätigung ausschließlich von deiner Arbeit abhängig. Versuche erst gar nicht, so etwas wie ein Privatleben zu führen. Deine Geschäftspartner, Kunden oder Patienten brauchen dich viel zu sehr.
7.Gib unter keinen Umständen Geld dafür aus, deine Praxisräume schön zu gestalten. Warum solltest du dich auch den ganzen Tag über in einer angenehmen Umgebung aufhalten wollen?
8.Glaube fest daran, dass gerade du jeden Fall lösen kannst. Egal, um welche Aufgabe es sich handelt, ob um Einkauf, Marketing oder Beziehungsprobleme in der Praxis, ob wirtschaftliche Zwänge, depressive Patienten, nur du allein kannst diese Aufgabe bewältigen. Und vergiss nie: Wenn du keine Fortschritte erzielst, es ist immer deine Schuld.
9.Sei nicht an deinem eigenen Wohlergehen interessiert. Rede nie über die positiven Seiten deiner Tätigkeit, oder gar über berufliche Erfolge. Denke auch niemals daran, beruflich weiter zu kommen oder dich gar finanziell besser stellen zu wollen.
10.Lebe dein Leben ohne Freunde, Partner oder Familie. Solltest du zufälligerweise dennoch eine Familie haben, ignoriere sie einfach. Wenn du alleine bist, suche nach dem idealen und absolut fehlerlosen Partner, auch wenn diese Suche dein ganzes Leben lang dauert. Gib dich niemals mit einem normalen Menschen zufrieden, erwarte immer das Unmögliche.
Sie sehen schon: So kann es nicht gehen. Deshalb folgen jetzt zehn Tipps, um fit zu sein für die Praxis und die Freizeit.
1.Schaffen Sie gut lebbareZeit-Rahmen- Bedingungen. Achten Sie beim Festlegen Ihrer Praxiszeiten vor allem auf Ihren persönlichen Rhythmus.
• Sind Sie Frühaufsteher oder Langschläfer?
• Wohnen Sie nahe bei der Praxis und können sich aus diesem Grund eine Mittagspause zuhause erlauben?
• Haben Sie einen Anfahrtsweg von einer knappen Stunde und ist daher die Praxiszeit mit einer kurzen Kaffeepause besser genutzt?
• Sind Sie ein Typ, der – wie in südlicheren Gegenden – eine Siesta braucht?
• Wie sind Ihre privaten Rahmenbedingungen?
• Haben Sie Kinder, die Sie nachmittags betreuen müssen?
• Wollen Sie zur Jagd, auf den Golfplatz, oder im Garten graben?
• Sind Sie der Typ, der morgens erst mal eine Stunde im Fitnessstudio oder beim Joggen absolviert?
Geben Sie sich, Ihrem Typ entsprechend, Arbeitsbedingungen, mit denen Sie wirklich gerne leben. Gönnen Sie sich Pausen, arbeiten Sie nicht bis zur Erschöpfung, legen Sie Ihre Hauptbehandlungszeiten in die Phasen des Tages, in denen Sie persönlich am stärksten sind. Und sollte das sieben Uhr morgens sein, haben Sie ruhig den Mut, um sieben Uhr morgens zu beginnen.
In Bezug auf Marketing ein wunderbares Alleinstellungsmerkmal, und Sie sind spätestens um drei Uhr nachmittags fertig, um noch bei Tageslicht Ihren Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen.
2.Dosieren Sieschwierige Fällehomöopathisch.
Jeder Zahnarzt hat immer gerade wenigstens einen Fall in petto, der ihn über Gebühr beschäftigt. In der Regel ist das ein Behandlungsfall, der ihn mehr oder weniger an eine Grenze bringt, sei es psychisch, physisch oder fachlich.
Arbeiten Sie wohldosiert mit diesen schwierigen Fällen. Nehmen Sie sich nicht zu viel auf einmal vor, sonst könnte das leicht zu einer Überlastung werden. Ein bis zwei spannende Patientenfälle, an denen Sie ein wenig „knabbern“ und wachsen können, bringen Sie beruflich weiter und haben einen nachhaltigen Lerneffekt. Diese Art von Präzedenzfällen sind die beste, einfachste und praktikabelste Art der Fortbildung im Praxisalltag. An ihnen lassen sich sehr gut neue Standards für die Zukunft erarbeiten.
Abstand schaffen
3.Machen Sieausreichend Urlaub. Mit Urlaub sind auch Ferien im wahrsten Sinne des Wortes gemeint, um Abstand zum Praxisalltag zu schaffen und die kreative Batterie wieder aufzuladen.
Fortbildungen zählen – wenn man sie ernst nimmt – zur Arbeitszeit. Von intensiven Fortbildungen kommt man nicht erholt zurück, sondern voller neuer Ideen, die eine weitere tiefgreifende Aktivität erfordern, nämlich die Umsetzung.
Packen Sie ihre Urlaube nicht mit Fortbildungen voll, sondern gönnen Sie es sich einfach, richtig auszuspannen. Fahren Sie dazu am besten weg, um nicht erreichbar zu sein, auch nicht für die so genannten „speziellen Schmerzpatienten“. Der beste Erholungseffekt stellt sich ein ohne Handy, ohne private Erreichbarkeit, unter Verzicht auf Laptop und Fachliteratur.
Kreativität braucht Raum und Zeit. Nach einer wirklichen „Auszeit“ ist man um ein Vielfaches kreativer und effizienter als vorher. Dazu ist es nicht unbedingt notwendig, auf eine einsame Insel ohne Strom und Verbindung zur Außenwelt abzutauchen. Es reicht völlig aus, die „Praxisbrücken“ hinter sich abzubrechen, und ohne tägliche telefonische Kontrolle, Nachsendung der Post oder Bearbeitung der E-Mails einen wirklich entspannten Urlaub zu verbringen, der das eigene Gehirn auf ein ungerichtetes, freies Denken umpolen kann.
4.Suchen Sie sichneue, spannende Aufgaben.
Es ist äußerst motivierend, auch fachlich einmal wirklich der Lust nachzugehen. Oft bemerkt der Zahnarzt beim Durchblättern der Fachliteratur spannende Artikel oder Randbereiche, mit denen er sich bisher nicht beschäftigen konnte. In der Regel sind es Zeitgründe oder die Überlastung durch den täglichen Praxisbetrieb.
Mit der Chance, etwas Neues zu lernen, das Sie ausschließlich interessiert und Spaß macht, entsteht eine völlig neue Motivation und Begeisterung in der Praxis. Die Aufgaben, die man am liebsten tut, erledigt man in der Regel auch am Besten. Diesem „Lustprinzip“ folgend, kann ein neues Randgebiet oder eine Spezialisierung in der Praxis entstehen. Neue Ideen und Möglichkeiten zur Therapie sind für das gesamte Team spannend und motivierend.
Ein Chef kann jedoch nur ein Team motivieren, wenn er selbst von seiner Arbeit überzeugt ist und sie wirklich mit Leib und Seele verrichtet.
Die Eigenmotivation ist eine der schwierigsten Aufgaben in der eigenen Praxis. Nutzen Sie die Chance zu spannenderen Fortbildungen, wo Sie sich mit gleichgesinnten Kollegen auch intensiv austauschen können.
5.Engagieren Sie sich und profitieren Sie vompositiven Feedback.
Mitarbeiter und Patienten spüren instinktiv, ob Sie mit ganzem Herzen bei der Sache sind oder den Praxisalltag nur als Pflichtübung betrachten. Dies ist keine Frage des IQ, sondern der emotionalen Intelligenz, die jedem Einzelnen zu eigen und nicht korrumpierbar ist. Wer authentisch, echt und herzlich mit seinen Mitarbeitern, Patienten und Geschäftspartnern umgeht, bekommt ein Vielfaches davon zurück.
Offen kommunizieren
Geradlinigkeit, Offenheit und Konfliktfähigkeit sind die Parameter für eine erfolgreiche Praxisführung. Unter diesen Prämissen wissen sowohl das Team als auch die Patienten, mit wem sie es zu tun haben.
Diese gewachsenen, soliden Beziehungspfeiler machen vieles im täglichen „Handling“ sehr einfach. Wenn die Kommunikation offen, klar und stimmig ist, spart das auch viel Zeit.
• Ein neuer Bankkredit bedeutet ein Telefonat von 15 Minuten, ohne zähe Verhandlungen oder größere Schwierigkeiten, die über die Ratingbedingungen hinausgehen.
• Ein neues Behandlungsverfahren wird in einem einzigen ausführlichen Teamgespräch abgehandelt und weiterdelegiert in die konkrete Umsetzung.
Patienten sind, was Feedback betrifft, am schnellsten, direktesten und ehrlichsten. Auch in diesen Zeiten der ausgesprochen hohen Erwartungshaltung im Dienstleistungsbereich gibt es noch viele Patienten, die dem Zahnarzt für seine Arbeit ausgesprochen dankbar sind. Genießen Sie das Lob, die Blumen, den Champagner und die Pralinen und sehen Sie es als ausgesprochenes Erfolgserlebnis an, in diesem diffizilen zwischenmenschlichen Bereich derartige Erfolgserlebnisse zu erzielen.
6.Die eigeneSelbstbestätigungrekrutiert sich nur zum Teil aus dem Beruf. Sicherlich trägt es zur Stärkung des eigenen Selbstbewusstseins bei,
• ein bekannter Zahnarzt zu sein,
• eine erfolgreiche Praxis zu führen,
• gesellschaftlich hohes Ansehen zu genießen und
• gutes Geld zu verdienen.
Aber „nobody is perfect“, wir alle machen Fehler. Und oft ist es auch bei größten Bemühungen nicht möglich, einen Fall so erfolgreich abzuschließen, wie man das gerne hätte.
Zahnärzte tendieren als typische Einzelkämpfer dazu, diese vereinzelten Misserfolge überzubewerten. Sie nehmen die 98 Prozent der hervorragend gelaufenen Behandlungsfälle nicht mehr wahr, sondern neigen dazu, über einen Misserfolg unglücklich oder missmutig zu werden.
In diesen Momenten, die allen sehr vertraut sein dürften, hilft nur ein Privatleben, das den entsprechenden Ausgleich schaffen kann. Ob Sport, künstlerisches Hobby, Familie und Kinder, gute Freunde oder andere Leidenschaften – jeder braucht unbedingt Bereiche, die vom Beruf abgekoppelt sind und in denen er seine persönliche Selbstbestätigung findet. Aus dem Privatbereich wird die Kraft für den Praxisalltag rekrutiert, nicht umgekehrt.
7.Gönnen Sie sich einschönes Ambiente. Wenn Zahnärzte schon viel und intensiv arbeiten müssen, dann bitte wenigstens mit Genuss! Überlegen Sie mal, wie lange Sie gebraucht haben, um Ihre persönliche Lieblingsecke zu Hause zu gestalten. Monate-, oft jahrelang bastelt man an verschiedenen Details, bis es wirklich das eigene Lieblingszimmer geworden ist.
In Anbetracht der Überlegung, dass ein Zahnarzt in der Praxis mindestens fünf Mal soviel Zeit verbringt wie an seinem persönlichen Lieblingsplatz zu Hause, sollte er auch mindestens fünf Mal soviel Zeit aufwenden, die Einrichtung der Praxis für sich optimal zu gestalten. Umgeben Sie sich mit einem Wohlfühlambiente, das Sie inspiriert und beflügelt. Ist das morgendliche Betreten der Praxis verbunden mit einem Gefühl wie „endlich angekommen“, dann sind Design und Praxisambiente für Sie stimmig – die beste Voraussetzung, um gut gelaunt, gerne und hoch effizient zu arbeiten.
Durchschlagende Wirkung
Im Vergleich zu anderen, technischen Investitionen für die Praxis, sind Farben, Bilder, Lampen, Fußböden und Mobiliar eine relativ günstige Investition. Dafür hat Praxisdesign und Einrichtung jedoch einen anhaltenden Langzeiteffekt. Es macht erheblich mehr Freude, in einem schönen Ambiente zu arbeiten – in erster Linie für Sie selbst. Doch auch die Wirkung auf das Team und die Patienten ist durchschlagend.8.Holen Sie sich professionelle Hilfe fürAufgaben, die Ihnen nicht liegenoder über die Sie nichts wissen.
Gehen Sie nicht davon aus, Sie müssten ständig und alles selber machen. Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie gerne tun und was Sie am Besten können und delegieren Sie den Rest. Denken Sie daran: Ihre Arbeitszeit ist die teuerste in der Praxis. Jeder Profi für ein Fachgebiet wird schwierige Aufgaben schneller und effizienter erledigen, als Sie das könnten. Haben Sie also den Mut und die Courage, zu delegieren und damit Zeit zu sparen. Zeitmanagement ist heute einer der wichtigsten Wohlfühlfaktoren. In erster Linie geht es darum, Prioritäten für das eigene Leben und die eigene Arbeit zu setzen.
Versuchen Sie, Aufgaben und Vorgänge, die Sie für sich nicht als primär eingestuft haben, so schnell wie möglich abzugeben. Das entlastet nicht nur Ihren Zeitplan, sondern auch Ihren Kopf. Belasten Sie sich nicht laufend mit Vorgängen, die Sie nicht gut bewältigen können. Und geben Sie Verantwortung ab, das macht das tägliche Leben viel leichter.
9.Übernehmen Sie dieVerantwortung für Ihr eigenes Wohlergehen.
Sprechen Sie ruhig über die positiven Seiten Ihrer Tätigkeit und auch über Ihre beruflichen Erfolge. Entwickeln Sie den Ehrgeiz, beruflich weiter zu kommen, erfolgreich zu werden und damit auch ein gutes finanzielles Ergebnis zu erreichen.
Gewinnen Sie Ihrem Beruf nicht nur die stressigen, sondern auch die humorvollen Seiten ab. Ein Job, der sich so nah am Menschen abspielt wie der Zahnarztberuf, birgt jede Menge Komik und Humor, weil es eben so sehr menschlich ist. Ebenso spielen Lebendigkeit, Wärme und Ausstrahlung eine wichtige Rolle.
10.Schaffen SieRaum für Freunde, Partner und Familie. Schützen Sie Ihre Privatsphäre in der Form, als dass Sie den Beruf nicht 95 Prozent Ihrer Zeit beanspruchen lassen. Das Leben spielt sich auf mehreren Spielplätzen ab, nicht ausschließlich auf dem Zahnarztstuhl. Dieser Beruf gibt Ihnen immer noch die sichere wirtschaftliche Basis für ein angenehmes Leben.
Also leben Sie es! Und geben Sie sich die Chance, rundherum glücklich zu sein, eingebettet in Freunde und Familie, mit einer erfolgreichen Praxis als angenehme Zugabe.
Dr. Martina ObermeyerKochelerstraße 182444 Schlehdorfwww.aufwind.org