Boxen für die Umschuldung
Wer 1995, also vor rund acht Jahren, eine Hypothek mit zehn Jahren Laufzeit aufgenommen hat, um einen Immobilienkauf zu finanzieren, musste damals um die acht Prozent Zinsen zahlen. Dieser Zinssatz ist unter heutigen Konditionen extrem hoch, entspricht aber dem langjährigen Durchschnitt. Doch das ist ein schwacher Trost, wenn dieser Bauherr in zwei Jahren sein Hypothekendarlehen verlängern und dann befürchten muss, wieder nur mit hohen Zinsen zum Zuge zu kommen.
Forward-Darlehen
Es gibt zwei Auswege aus der Unsicherheit: Heute, zwei Jahre im Voraus, ein so genanntes Forward- Darlehen abschließen. Bei dieser Art von Darlehen werden heute schon Laufzeit und Zinssatz verbindlich vereinbart – unter Berücksichtigung der aktuell geltenden Konditionen. Die sind so günstig wie wohl noch nie: Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit zu effektiv knapp über 4,5 Prozent, Darlehen mit fünf Jahren Laufzeit zu vier oder sogar unter vier Prozent.
Doch die Zinssicherung zu den Tiefstzinsen von heute ist nicht umsonst. Je nach Laufzeit bis zur Auszahlung verlangen die Banken für ein Forward-Darlehen zur Baufinanzierung einen Zinsaufschlag. Jeder Monat Wartestand verteuert das genehmigte Darlehen um 0,02 bis 0,03 Prozentpunkte. Bei einer einjährigen Vorlaufzeit muss mit einem Zinsaufschlag von 0,3 Prozent gerechnet werden. Bei zwei Jahren Wartezeit sind es um die 0,6 Prozent, bei drei Jahren wird ein knappes Prozent fällig.
Das heißt: Wer heute ein Darlehen, dass er erst in drei Jahren in Anspruch nehmen will, vertraglich fixieren möchte, zahlt statt 4,5 bereits 5,5 Prozent für die gesamte Laufzeit. Steigt der Zins in drei Jahren auf 6,5 Prozent, ist das immer noch ein gutes Geschäft. Steigt er nur auf fünf Prozent, hat sich der Skeptiker verspekuliert. Fällt gar der Zins noch weiter, kann er sich nur ärgern. Doch die Anzeichen, dass die gesamte Wirtschaftswelt an einer Zinswende nach oben steht, sind (derzeit) deutlich ausgeprägt (siehe auch den vorstehenden Bericht „Wenn die Rentenblase platzt“).
Der zweite Weg, sich von einem teuren Hypothekendarlehen vorfristig zu verabschieden, heißt Kündigung und Neuvertrag. Dabei kann die involvierte Bank mitspielen, aber sie muss es nicht. Sie kann darauf pochen: Vertrag ist Vertrag. Doch dann würde sie bei der fälligen Darlehensverlängerung einen womöglich soliden Kunden verlieren. Deshalb lassen sich die meisten Banken in aller Regel auf eine vorfristige Kündigung ein, verlangen dafür aber eine so genannte Vorfälligkeitsentschädigung. Diese fällt zumeist recht üppig, wenn nicht gar happig aus. Wer sie nachrechnet und akzeptiert, der weiß: Eine Zinsersparnis für die Restlaufzeit des Altdarlehens ist nicht zu haben. Hauptziel sollte vielmehr sein, sich für weitere zehn Jahre ein zinsgünstiges Darlehen zu sichern.
Trendwende
Diese Überlegung kann sich gerade jetzt, wo sich eine Trendwende bei den Zinsen nach oben abzeichnet, lohnen. Wie stabil und dauerhaft diese Trendwende ist, kann niemand prognostizieren. Langfristig können die Zinsen auch weiter sinken. Und dann ist der Umschuldner mit seiner Vorfälligkeitsentschädigung für die Ablösung seines teuren Altkredits auf dem Holzweg. Rein strategisch und kalkulatorisch lohnt sich eine Umschuldung nur, wenn die Zinsbindung für den neuen Kredit deutlich länger als die Restlaufzeit des Altdarlehens ist. Wie bei einem Forward-Darlehen rechnen sich deshalb auch bei einer vorfristigen Kündigung nur Restlaufzeiten von maximal drei Jahren.
Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung für vorfristig gekündigte Bankdarlehen hat schon den Bundesgerichtshof beschäftigt. Dieser hat zwar grobe Richtlinien erlassen. Doch im Detail rechnet jede Bank anders, das heißt jede auf eigene Art zu ihren eigenen Gunsten. Wer als Vorfälligkeitsentschädigung für die gekündigte Restlaufzeit den gleichen Zinsbetrag zahlt, als wäre nichts gewesen, ist schon gut bedient. Er hat sich mit der Vorfälligkeitszahlung dann wie gewünscht eine zinsgünstige Laufzeit von sieben oder acht Jahren gesichert und muss vor Zinssteigerungen keine Angst mehr haben.
An zwei Stellen jedoch sollte der Umschuldner bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung besonders aufpassen: Die Bank kassiert für die Übernahme des Kreditrisikos Geld, im Schnitt jährlich 0,10 Prozent der Restschuld. Die Kosten hierfür dürfen in der Vorfälligkeitsberechnung nicht enthalten sein. Denn ein abgelöstes Darlehen stellt kein Risiko mehr dar. Sodann rechnen sich die Banken bei Hypothekendarlehen (die sie eigentlich nur vermitteln, indem sie sich zumeist über die Ausgabe von Pfandbriefen an Sparer refinanzieren) eine Gewinnmarge zwischen 0,5 bis 0,6 Prozent an. Wird das Darlehen jedoch beim gleichen Institut verlängert, ist die Gewinnmarge im neuen Darlehen enthalten. Sie darf also in der Vorfälligkeitsentschädigung nicht mehr enthalten sein, weil sie sonst doppelt in Rechnung gestellt würde.
Alternativrechnung
Um eine Vorstellung über die Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung zu geben, folgende Berechnung: Ein Darlehen mit einer Restlaufzeit von zwei Jahren wurde seinerzeit zu acht Prozent Effektivzins abgeschlossen. Die Restschuld beträgt 100 000 Euro, es wurde mit einer Monatsrate von 850 Euro bedient. Dann liegt bei einem Neudarlehen zu 4,8 Prozent bei einer Zinsbindung von zehn Jahren die Vorfälligkeitsentschädigung zwischen 6 000 und 8 000 Euro. Wer sich die Mühe macht, die Vorfälligkeitsentschädigung von einem neutralen Sachverständigen ausrechnen zu lassen und die Bank mit dieser Alternativrechnung konfrontiert, kann unter Umständen einen Nachlass erwirken. Prozessieren ist sinnlos. Der Rechtsweg auf diesem strittigen Gebiet ist bereits breit ausgetreten. Dennoch gibt es keine verbindliche Klarheit und Transparenz bei der Berechnungsmethode.
Ein Trost: Die Vorfälligkeitsentschädigung zählt bei vermieteten Objekten zu den Werbungskosten. Sie kann sofort von der Steuer abgesetzt werden. Denn der Bauherr hat sich ja mit diesen Kosten günstigere Zinsen erkauft.