Im Dialog mit der EU-Politik
Rainer Wieland, Mitglied des Europäischen Parlaments, brachte als Gastgeber den Nutzen solcher Gesprächsrunden für die Europa-Abgeordneten auf den Punkt. „Wir brauchen Interessenvertreter, die sagen, welche Punkte wichtig sind“. Ohne professionellen Lobbyismus könnten die Abgeordneten keine vernünftige Arbeit leisten, betonte er vor den 14 geladenen deutschen EP-Mitgliedern im Parlamentsgebäude in Brüssel.
Diesen Faden griff BZÄK-Präsident Dr. Dr. Jürgen Weitkamp auf. Gerade was die Diskussionen um die geplante Aufhebung der sektoralen Richtlinien für die Anerkennung von Berufsqualifikationen angehe, sei es wichtig, die anstehenden Probleme zu benennen. Die Bundeszahnärztekammer betrachte den derzeitigen Entwurf als sehr kritisch. Er berge die Gefahr, dass gerade auch im Hinblick auf die EU-Ost-Erweiterung neue bürokratische Hemmnisse bei der Anerkennung der Berufe entstünden, die sich auf die nationale Ebene verlagerten. Weitkamp verwies auf die gemeinsam mit dem zahnärztlichen Verbindungsausschuss zur EU (ZÄV) erarbeiteten Änderungsanträge (siehe Kasten). Die Zahnärzteschaft spreche sich für die Beibehaltung der sektoralen Richtlinien und der fachlichen Beratung in den Ausschüssen aus. Ganz wichtig sei es, so der Präsident, die Dienstleistungsfreiheit in Europa ernst zu nehmen, das gelte für die Ausübung genauso wie für die Inanspruchnahme. Ein grundsätzliches Problem des Entwurfs bestehe darin, dass in einer Einheitsregelung zusammengeführt werden soll, was nicht harmonisierungsfähig ist. Gewerbliche und freie Berufe sollen über eine Kamm geschoren werden. Der EuGH habe jedoch in seiner Rechtsprechung diese Bereiche deutlich voneinander abgegrenzt. Weitkamp betonte: „Wir wollen keine hohen Zäune aufrichten, aber wir plädieren dafür, dass für neu Hinzukommende die gleichen Bedingungen und hohen Standards gelten wie für unsere Kollegen.“
Deutlich positioniert
Die Schattenberichterstatterin Evelyne Gebhardt (MdEP, SPD, europäische Sozialisten), die als Gegenpart zum zuständigen Berichterstatter Stefano Zappala, europäische Volkspartei, im federführenden Rechtsausschuss steht, machte ihre Position deutlich. Es gehe ihr nicht um eine Zwangsharmonisierung, sondern um eine Vereinfachung und Zusammenfassung der sektoralen Richtlinien zu einer einzigen. Im Vordergrund sollte der Schutz der Verbraucher und Patienten stehen. Viele Vorschläge der Verbände seien überdenkenswert. So dürfe es keine Erschwernis bei der Facharztanerkennung geben. Die grenzüberschreitenden Dienstleistungen dürften nicht behindert werden. Die Beratenden Ausschüsse sollten reformiert, auf deren Fachkompetenz dürfe aber nicht verzichtet werden.
Die Ärzteschaft spricht sich ebenfalls vehement für den Erhalt der sektoralen Richtlinien aus. Der Vizepräsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Andreas Crusius, machte deutlich, dass sich das bisherige Verfahren der EU-weiten Berufsanerkennung für die Berufsgruppe der Ärzteschaft angesichts der Komplexität der Materie als unbürokratisch bewährt habe. Dr. Otmar Kloiber, stellvertretender BÄK-Hauptgeschäftsführer, betonte, dass aus Sicht der Bürger der Vorschlag katastrophal sei. Aus einem übersichtlichen Regelwerk für jeden einzelnen Beruf entstehe ein unübersichtliches Konglomerat aus Richtlinien und Regeln. Die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Dienstleistung werde im Hinblick auf die Berufsaufsicht erschwert. Kloiber stimmte zu, dass mehr unternommen werden müsse, um Migranten, die sich um ihre Berufsanerkennung bemühen, besser zu informieren. Er plädierte dafür, dass dazu die spezifischen Stellen im ärztlichen Bereich beibehalten werden sollen. Drängende Probleme, wie Fragen der Telematik, blieben offen.
Bedenken geäußert
Bedenken gegen den Richtlinienvorschlag äußerten auch die Apotheker. Johannes M. Metzger, Präsident der Bundesapothekerkammer, formulierte ausführlich die Argumente seines Berufsstandes. Der gesamte Diskussionsprozess um den Richtlinienvorschlag wird sich strark verzögern und sich bis weit ins erste Halbjahr 2003, wenn nicht sogar noch weiter strecken.
Das Thema bleibt weiter spannend und zum jetzigen Zeitpunkt ist noch alles offen. Die Kontakte des BZÄK-Büro Brüssel zahlen sich aber jetzt schon aus: BZÄK-Präsident Dr. Dr. Weitkamp und sein Vize Dr. Wolfgang Sprekels führten viele intensive Hintergrundgespräche, um auf europäischer Ebene für die Belange der Zahnärzte einzutreten.