Die Cochrane Library
Mit ihrem wichtigsten Produkt, der Cochrane Library, bietet die CC (Zahn-)Ärzten, Institutionen und Patienten einen umfassenden Zugang zu Übersichtsarbeiten und klinischen Studien an (Informationen unter www.cochranelibrary.com).
Die Cochrane Library ist die umfassendste qualitativ hochwertige medizinische Datenbanksammlung für klinische Fragestellungen. Sie besteht aus verschiedenen Datenbanken, die vierteljährlich aktualisiert werden. Mit der integrierten Suchmaschine können sie gleichzeitig durchsucht werden.
Wichtigste Datenbanken der Cochrane Library
•Cochrane Database of Systematic Reviews (CDSR).
Diese Datenbank ist das Hauptprodukt der Arbeit der CC. Sie enthält derzeit (Ausgabe IV/2003) 1 837 vollständige systematische Übersichten (Reviews) beziehungsweise Metaanalysen – die höchsten Stufen der wissenschaftlichen (externen) Evidenz – sowie 1 344 Protokolle (das heißt in Arbeit befindliche systematische Übersichten). Die systematischen Übersichten sind Originalpublikationen und werden in der Datenbank in voller Länge wiedergegeben. Sie beinhalten detaillierte Angaben sowohl zu den eingeschlossenen als auch zu den wegen fehlender Qualität nicht eingeschlossenen Studien. Um erfolgte Änderungen der regelmäßig aktualisierten Cochrane Reviews verfolgen zu können, werden substanzielle Neuerungen in den vierteljährlichen Aktualisierungen entsprechend gekennzeichnet. Ein integraler Bestandteil der CDSR ist eine Kommentar- und Kritikoption durch die Benutzer der Datenbank.
In der kostenfreien und für jedermann zugänglichen Literaturdatenbank PubMed (www.pubmed.gov) sind die systematischen Übersichten der Cochrane Library auch erwähnt, allerdings sind dort lediglich die Kurzzusammenfassungen (Abstracts) nachzulesen.
Systematische Reviews zu zahnmedizinischen Themen werden von und in Zusammenarbeit mit der in Manchester ansässigen Cochrane Oral Health Group erarbeitet. Derzeit liegen 31 systematische Übersichten zu zahnmedizinischen Themen vor (Tabelle 1).
•DARE – die kritische Bewertungs-Datenbank
Database of Abstracts of Reviews of Effect (DARE), enthält zurzeit 4 284 Kurzzusammenfassungen (Abstracts) von systematischen Übersichtsarbeiten, die nicht von der CC angefertigt wurden, sowie bibliographische Angaben von 800 weiteren Reviews. Die in „DARE“ enthaltenen Abstracts decken neben therapeutischen auch diagnostische Fragestellungen ab. Gepflegt wird die Datenbank vom NHS Center for Reviews and Dissemination (Universität York, Großbritannien), welches in der (zahn)medizinischen Literatur publizierte (auch nicht-englischsprachige!) Übersichtsarbeiten kritisch bewertet und diejenigen, die bestimmten methodischen Anforderungen genügen, strukturiert zusammenfasst und schließlich in DARE aufnimmt.
•Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL),
ist eine Bibliographie mit derzeit 378 160 Einträgen zu kontrollierten Studien, die in den großen elektronischen Datenbanken (MEDLINE, EMBASE und mehr) sowie durch Handsuche identifiziert wurden. Weitere Datenbanken der Cochrane Library sind:
• The Cochrane Database of Methodology Reviews, mit neun kompletten Übersichten und sieben Protokollen,
• The Cochrane Methodology Register, mit 4 626 Referenzen,
• About the Cochrane Collaboration, mit 85 Referenzen,
• Health Technology Assessment Database (HTA), mit 3 484 Kurzzusammenfassungen,
• NHS Economic Evaluation Database (NHS EED), mit 12 901 Abstracts.
Zugangsmöglichkeiten zur Cochrane Library
Der Zugang zur Cochrane Library erfolgt über das Internet oder via CD-ROM-Abonnement. Unabhängig davon, welche der beiden Zugriffsmöglichkeiten man wählt, betragen die Kosten für Privatpersonen derzeit jeweils 225 Euro pro Jahr. Mitglieder des Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (DNEbM) haben seit Januar 2003 kostenfreien Zugang zur Cochrane Library. Informationen zum DNEbM gibt es unter www.ebm-netzwerk.de. Der Mitglieds-Jahresbeitrag im DNEbM beträgt 87 Euro, für Studierende 51 Euro (Stand: Januar 2003). Darin enthalten ist der Bezug des Vereinsorgans. Das ist die „Zeitschrift für Ärztliche Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen” (2004 im 99. Jahrgang!).
Systematische Übersichten – ein Beispiel
Im Folgenden seien die Ergebnisse einer systematischen Übersicht zusammengestellt, in der der Frage nachgegangen wurde, ob die systematische okklusale Einschleiftherapie eine sinnvolle Maßnahme für die Behandlung und Prävention kraniomandibulärer Dysfunktionen (CMD) ist [6].
Vorgehen:In die Übersicht eingeschlossen wurden alle Artikel über randomisierte und nicht-randomisierte klinische Studien, die systematisches Einschleifen mit keiner Behandlung, Scheinbehandlung oder Aufklärung verglichen. Zur Identifizierung der relevanten Beiträge wurden eine umfassende Recherche in elektronischen Datenbanken sowie eine Handsuche in ausgewählten Fachzeitschriften durchgeführt.
Primäre Zielgrößen waren:
• allgemeine Symptome (wie Tinnitus, Otalgie, Hörverlust, Bruxismus, Schwindel, Schluckbeschwerden, Globusgefühl),
• Schmerzen im Kiefer-Gesichts-, Hals-, Nacken-, Schulter-, Rückenbereich (Häufigkeit, Schwere, Dauer),
• Kopfschmerzen (Häufigkeit, Schwere, Dauer), erhoben mindestens drei Wochen nach der Intervention.
Sekundäre Zielgröße war:
• Einschränkung der Unterkieferbeweglichkeit.
Ergebnisse:Sechs randomisierte Studien mit insgesamt 391 Teilnehmern erfüllten die zuvor festgelegten Einschlusskriterien. Elf Studien wurden wegen methodischer Mängel ausgeschlossen.
Therapie der CMD:Drei Studien (92 Patienten) bezogen sich auf die Therapie vorhandener CMD [2, 3, 7]. In keiner dieser klinischen Untersuchungen reduzierte die Einschleiftherapie die bestehenden Symptome in signifikantem Ausmaß.
Prävention der CMD:In den drei Studien zur Prävention der CMD (299 Personen) [1, 4, 5] kam es zu keiner signifikanten Verringerung der Inzidenz von CMD-Symptomen.
Empfehlung:Aus den bislang vorliegenden randomisierten kontrollierten klinischen Studien liegen keine Nachweise dafür vor, dass systematisches okklusales Einschleifen mit einem klinischen Nutzen verbunden ist. Zum Zwecke der Behandlung oder Prävention von CMD kann diese Therapie daher nicht empfohlen werden.
PD Dr. Jens C. TürpKlinik für Rekonstruktive Zahnmedizinund MyoarthropathienZentrum für ZahnmedizinUniversität BaselHebelstr. 3, CH-4056 BaselE-Mail:jens.tuerp@unibas.ch
Dr. Gerd AntesDirektor des Deutschen Cochrane ZentrumsInstitut für Medizinische Biometrie und MedizinischeInformatikUniversitätsklinikum FreiburgStefan-Meier-Str. 2679104 Freiburg im Breisgau