Körpersprache: Hände sind verräterisch
Die gesprochene Sprache vermittelt nur Signale, die vom Verstand freigegeben sind. Handbewegungen und Körperhaltung verraten aber mehr, allerdings nur dem aufmerksamen Beobachter, meint der britische Verhaltensforscher Desmond Morris: „Das Menschentier ist so sehr mit seiner gesprochenen Sprache beschäftigt, dass es anscheinend vergessen hat, welche ausführlichen Mitteilungen in seinen Bewegungen, seinen Haltungen und seinen Ausdrucksmöglichkeiten stecken.“
Der Mensch lernt die Körpersprache schon in der Wiege, lange vor den Wörtern Mama, Papa oder Auto. Noch bevor es sprechen kann, reagiert das Kind auf die körperlichen Signale seiner Eltern. Diese Erfahrung hilft ihm später, die Gestik und das Verhalten anderer Menschen deuten zu können.
Immer die Hände im Zaum halten
Als besonders verräterisch erweisen sich dabei die Hände. Nicht alles ist dabei so einfach zu deuten, wie die vor Wut oder Entschlossenheit geballte Faust oder der sprichwörtlich erhobene Zeigefinger. Manches lässt sich durchaus unterschiedlich interpretieren: Die vor der Brust verschränkten Arme signalisieren zwar meistens Abwehr, Abweisung oder den Wunsch nach Distanz. Sie können aber auch Zeichen der Unsicherheit sein oder das Signal, sich dem Gegenüber unterlegen zu fühlen.
Die Hände reden auch dann, wenn sie sich kaum bewegen:
• Wer während des Gesprächs im Stehen seine Hände in der Tasche behält, demonstriert damit, dass er sich für höherwertig hält, als sein Gegenüber.
• Im Sitzen lässig hinter dem Nacken verschränkte Arme bei lockerer Haltung signalisieren: Ich bin mehr als Du.
• Hände, die vor dem Bauch oder auf dem Rücken gefaltet sind, signalisieren dagegen einen niedrigeren Status.
• Reiben an der Nase kann Ratlosigkeit bezeugen, ist jedoch oft auch ein Zeichen dafür, dass jemand gerade lügt oder verlegen ist.
• Ein Vorgesetzter, der während des Gesprächs den Kopf in die Hände stützt, verrät damit, dass er sich langweilt.
• Kratzt sich der Chef gelangweilt am Kopf, soll heißen: Höchste Zeit, das Gespräch zu beenden.
• Klammert er sich sogar an die Stuhllehne und beugt sich vor, gibt er zu erkennen, dass er mit dem Gespräch Schluss machen und aufstehen möchte.
• Frauen, die unbewusst ihr Halstuch oder ihre Kette streicheln, geben nach Ansicht von Psychologen zu erkennen, dass sie sich einsam fühlen, Zuneigung und Gesellschaft brauchen. Das soll auch für Männer gelten, die versonnen ihre Krawatte glatt streichen. Oft werden die Hände auch benötigt, um Verlegenheit oder eine peinliche Situation zu überbrücken oder die bei einem Gespräch aufgestaute Spannung abzubauen: Männer streichen bedächtig über ihre Haare oder ihren Bart, Frauen streichen über ihr Kleid oder ringen beim Sprechen die Hände.
Selbst mit unbewegten Händen verraten manche Männer ihre verborgenen Wünsche: Die typische „Cowboyhaltung“ mit breiten Beinen, Daumen im Gürtel und Fingern, die auf die Genitalien weisen, verrät verhüllte Sexualabsichten.
Hände helfen denken
Neue Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Sprache von Händen und Fingern auch den Denkprozess beim Sprechen unterstützt. Besonders interessant ist dabei, dass das „Reden mit den Händen“ nicht nur durch Nachahmung gelernt wird, sondern bereits genetisch vorprogrammiert ist. In einer Studie haben Wissenschaftler der Universität Chicago die Gesten von zwölf blind geborenen Kindern untersucht. Sie stellten fest: Ohne sie jemals mit eigenen Augen gesehen zu haben, benutzten auch diese Kinder die gleichen Gesten wie ihre sehenden Altersgenossen. Mehr noch: Die Kinder unterstützten ihre Erklärungen auch dann durch Handbewegungen, wenn sie mit anderen Blinden sprachen, die diese Gesten ebenfalls nicht sehen konnten.
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