Steuern: Die Amnestie lockt

Neues Waschprogramm

Seit dem 1. Januar 2004 erlaubt Bundesfinanzminister Hans Eichel die Wäsche von Schwarzgeld zu günstigen Konditionen im Schongang. Doch nicht immer ist die Steueramnestie die richtige Wahl, auch eine Selbstanzeige bleibt zu überlegen.

Die leeren Kassen und das Wissen um die 300 bis 400 Milliarden Euro, die unversteuert auf Konten in der Schweiz, Österreich oder Luxemburg ruhen, haben den Bundesfinanzminister nicht schlafen lassen. Um wenigstens einen Teil – fünf Milliarden Euro erhofft er sich – der ihm daraus zustehenden Steuergelder kassieren zu können, bietet er reuigen Sündern jetzt eine Amnestie zu günstigen Konditionen an, die Betroffene kaum ablehnen können.

Für eine Amnestie in Frage kommen alle unversteuerten Beträge und unerlaubten Abzüge aus den Jahren zwischen dem 1. Januar 1993 und dem 31. Dezember 2002, die bis zum 17.Oktober 2003 abgegeben worden sind.

Attraktives Angebot

„Hier bietet sich eine sehr gute Chance für Anleger, ihr Schwarzgeld im Nachhinein zu legalisieren. Sie erhalten so die Möglichkeit, das Geld in Deutschland ausgeben zu können“, urteilt der Kölner Steueranwalt und vereidigte Buchprüfer Dr. Heinrich Schaefer-Drinhausen. Eine gute Gelegenheit für alle, die das Ersparte zu Hause brauchen, sei es für die Firma, privat oder auch nur, um den Erben peinliche Recherchen zu ersparen. Das gilt besonders im Hinblick auf eine künftige EU-Quellensteuer und einen intensiven Informationsaustausch der jeweiligen Steuerbehörden.

Um in den Genuss der Amnestie zu gelangen, müssen jedoch nicht die gesamten Beträge nachversteuert werden. Wurde zum Beispiel die Einkommensteuer verkürzt, fallen nur auf 60 Prozent der Summe 25 Prozent Abgaben an. Tatsächlich kann es sogar noch weniger sein, je nach dem, ob es sich um Umsatz-, Gewerbe-, Erbschafts- oder Schenkungssteuer handelt. Anders als bei der Selbstanzeige werden auch keine Strafzinsen auf die hinterzogenen Steuern fällig.

Wer diese Regelung nutzen will, muss die steuerbefreiende Erklärung bis zum 31. Dezember 2004 einreichen. Nachzügler bekommen zwar nochmals eine Chance, allerdings zu schlechteren Konditionen: Sie dürfen ihren Antrag in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2005 nachreichen und zahlen dann 35 Prozent auf die deklarierte Summe.

Steht der Entschluss zu diesem Schritt fest, sollte man ihn bald tun. Langes Zögern kann teuer werden, falls der Anleger beispielsweise Hilfe vom Steuerberater braucht oder Nachfragen der Finanzbehörde beantworten muss und deshalb die Frist doch noch verstreicht.

Doch Hektik zahlt sich auch nicht aus. Harald von Franzki, Referent für Steuerstrafsachen bei der Oberfinanzdirektion Düsseldorf berichtet aus der Praxis: „Teilweise haben sich Auslegungsfragen ergeben. Die meisten Fälle lassen sich mit den neuen Regelungen jedoch ohne größere Probleme bearbeiten.“ So steht noch nicht fest, ob ein versehentlich formlos eingereichter Antrag auf „strafbefreiende Erklärung“ als Selbstanzeige zu werten ist oder nicht. Doch in Düsseldorf geht man auch in solchen Fällen von einer befriedigenden Lösung aus.

Beratungsbedarf

Auf jeden Fall sollte man einen Steuerberater oder einen Anwalt für Steuerrecht zu Rate ziehen.

Diese können dann auch entscheiden, ob ihr Mandant sich mit einer Selbstanzeige nicht sogar besser steht. Das ist immer dann der Fall, wenn viele abzugsfähige Ausgaben die Steuerschuld mindern können. Die 25-prozentige Amnestie-Pauschale hingegen bezieht sich jeweils auf die gesamte Summe.

Ein einfaches Beispiel verdeutlicht den Unterschied zwischen Amnestie und Selbstanzeige:

Beispiel A: Die Amnestie ist günstiger

Jemand erhält 100 000 Euro Zinsen. Er hat keine Depotgebühren oder Schuldzinsen, die er abziehen könnte. Er entscheidet sich für die Amnestie und zahlt auf 60 Prozent der Erträge – also 60 000 Euro – 25 Prozent Steuern. Das macht 15 000 Euro.

Bei einer Selbstanzeige und einem persönlichen Steuersatz von etwa 46 Prozent, würde der Betreffende 46 000 Euro plus Strafzinsen von sechs Prozent bezahlen, also 31 000 Euro mehr als bei der Amnestie.

Beispiel B: Die Selbstanzeige ist günstiger

Hat der Anleger bei 100 000 Euro Zinseinnahmen Aufwendungen wie Schuldzinsen, Depotgebühren und Ähnliches in Höhe von 80000 Euro zum Gegenrechnen, so bleiben nur noch 20000 steuerpflichtige Euro. Die muss er mit seinem persönlichen Steuersatz von beispielsweise 46 Prozent versteuern. Summa summarum 9 200 Euro plus sechs Prozent Strafzinsen, die er bei einer Selbstanzeige zahlen muss. Gegenüber der pauschalen Abgabe von 25 Prozent bei der Amnestie spart er rund 5 800 Euro.

Konsequenzen

Doch egal, ob Selbstanzeige oder Amnestie, viele Betroffene werden sich den Schritt überlegen. Sie sind skeptisch, welche Folgen ihre Entscheidung haben wird. Zwar registriert der Fiskus die „steuerbefreiende Erklärung“ ohne sie zu überprüfen und ohne Staatsanwalt oder Steuerfahndung einzuschalten. Das Gesetz verbietet ausdrücklich, aus einem Antrag auf Amnestie ein Verfahren einzuleiten.

„Doch“, meint Rechtsanwalt Heinrich Schaefer-Drinhausen: „mit einer späteren Betriebsprüfung muss man rechnen.“ Das kann vor allem dann passieren, wenn der Verdacht auf Steuerverkürzung entstanden ist. Deshalb gilt: Wer sich entschließt, zu beichten, der muss alle Sünden beichten. In Zukunft werden die Finanzbeamten zum Beispiel prüfen, ob die dann angegebenen Zinserträge auch mit Blick auf die Erklärung zur Amnestie noch plausibel sind.

Marlene Endruweit

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