Vorrücken bis Schlossallee
Schon als Kinder wussten wir, wo wir bei Monopoly am meisten verlangen konnten und dass die begehrtesten Adressen Schlossallee und Parkstraße hießen. Wer dort seine Häuser und Hotels platzieren konnte, hatte das Spiel beinahe schon gewonnen, wenn er sich nicht allzu dumm anstellte. Denn dort sind die Mieten am höchsten und jeder, dem der Würfel dort einen Stopp verordnete, zahlte horrende Summen für einen kurzen Aufenthalt.
Wie im Spiel gelten im wahren Leben ähnliche Regeln. Zwar kann nicht jeder, der möchte, unter einer solchen Adresse residieren, doch für den Immobilienkauf gilt eine Regel ganz besonders: Die Lage muss stimmen.
Damit die Lage stimmt
Welche die richtige ist, das haben Experten in verschiedenen Untersuchungen ermittelt. Dabei stellte sich eine generelle Tendenz heraus: weg vom Stadtrand, hinein ins städtische Leben. In den nächsten zehn bis 20 Jahren erwartet man eine größere Verdichtung in den deutschen Städten, wenn auch nicht gerade ein Gedränge wie etwa in Hongkong. Gäben wir uns mit so wenig Raum zum Leben zufrieden wie die Hongkong-Chinesen, so würde die gesamte deutsche Bevölkerung in das Stadtgebiet von Berlin passen. Den meisten von uns läuft es bei dieser Aussicht eiskalt den Rücken hinunter. Denn die Wunschvorstellungen belegen das Gegenteil.
Die Corpus Projektentwicklung „Wohnen in Köln“ fand heraus, dass es in Zukunft viel mehr Single-Haushalte geben wird. Gewohnt wird in der Nähe der Arbeitsstätte. Darüber hinaus werden Wohnen und Arbeit immer mehr miteinander verschmelzen, das heißt, der Anspruch an den Wohnraum wird immer größer werden.
Weg von der Scheibchenvilla…
In den nächsten Jahren werden die Reihenhäuser in den Vororten an Bedeutung verlieren – bislang die beliebte Wohnform für Familien mit kleinen Kindern. Sind die Kinder aus dem Haus, so sollten sich die zurückbleibenden Eltern um eine neue Bleibe kümmern, denn ihre „Scheibchenvilla“ wird nicht mehr so gefragt sein, weil die Interessenten – Familien mit Kindern – nicht nachwachsen. Und die wenigen Familien mit Kindern zieht es wieder mehr in die Zentren auch mittelgroßer Städte. Denn inzwischen schätzt man wieder die Versorgung mit Ärzten, guten Schulen oder mit dem Supermarkt um die Ecke. Abends ins Kino zu gehen oder sogar hin und wieder ins Konzert oder Theater erfordert keine größere Organisation mehr.
… hin zur Bestandsimmobilie
Deshalb sind so genannte Bestandsimmobilien derzeit der Renner. Schöne, nicht zu kleine Wohnungen, am liebsten in Altbauten mit großzügigen Räumen, in attraktiven Stadtvierteln gelegen, sind heiß begehrt. Dabei zieht es die durchaus finanzkräftige Klientel noch nicht einmal in exklusive Villengegenden, wie Grünwald in München. Gefragt ist vielmehr wuseliges Stadtleben mit den kleinen Läden oder den netten Kneipen, wo man den Nachbarn zum Klönen trifft.
Was die finanzielle Seite anlangt, besteht derzeit kein großer Unterschied zwischen Mieten und Kaufen. Laut Infratest kostet die Finanzierung im Durchschnitt 5,81 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, die Miete aber nur 0,24 Euro weniger. So lange die Preise für Wohnraum noch relativ günstig sind und die Zinsen für Hypotheken niedrig, sollten Umzugswillige und Vermieter in spe die Chancen nutzen. Zwar rechnen Statistiker allein in Nordrhein-Westfalen mit einem Rückgang der Einwohnerzahl um 100 000 in den kommenden 15 Jahren. Gleichzeitig aber werden sich rund 400 000 neue Haushalte gründen. Dafür werden mindestens 60000 neue Wohnungen jährlich gebraucht. Tatsächlich gebaut werden aber deutlich weniger. Steigende Preise und Mieten sind damit programmiert.
Blühende Bauten
Davon gehen auch die Manager der internationalen Fondsgesellschaft Fortress mit Sitz in New York aus. Sie erwarben im Juli die Mehrheitsbeteiligung an der Gagfah Gemeinnützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten. Satte 2,123 Milliarden Euro plus Schulden und Sozialklauseln bezahlten die Amerikaner für ihren Anteil an den rund 80000 Wohnungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte.
Zwei weitere amerikanische Fondsgesellschaften Whitehall und Cerberus engagierten sich mit 405 Millionen Euro bei der Berliner Gemeinnützigen Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft (GSW), die mehr als 65 000 Wohnungen im Bestand hält. Ein scheinbar mutiges Unterfangen. Doch Thorsten Schilling, Leiter der Abteilung Immobilienmarkt-Research bei Feri in Bad Homburg, hält die Engagements für klug: „Das Urteil, Wohnimmobilien würden keine Rendite abwerfen, stimmt eben nicht. Sie mag zwar niedriger sein als bei einer Büroimmobilie, sie ist aber dafür relativ sicher und in Wachstumsregionen wird das auch auf Jahre so bleiben.“
Drei bis vier Prozent sind möglich
Wer sich Wohneigentum unter dem Aspekt der Geldvermehrung zulegen will, darf einige Punkte nicht außer Acht lassen. Renditesteigerungen von vier Prozent erwarten Experten nur in den Ballungsgebieten. Und weniger als drei Prozent sollten es nicht sein, denn sonst frisst die Inflation den schmalen Gewinn wieder auf.
Auf den aussichtsreichsten Posten für Wertzuwächse stehen die Städte Frankfurt, Hamburg und München. Randlagen, wie Schwerin oder Rostock, haben das Nachsehen. Doch für Leipzig und besonders für Dresden sehen die Prognosen günstig aus. Vor dem Wohnungskauf steht unbedingt eine genaue Analyse der Bedingungen. Wertbestimmend sind auf jeden Fall die Wirtschaftskraft und die Struktur einer Region. Exportorientierte Unternehmen bedeuten meist auch sichere Arbeitsplätze und damit solvente Mieter.
Markt, Metropolen, Mängel
Auch die lokalen Gegebenheiten beeinflussen den Preis. So empfiehlt Hartmut Bulwien, Chef des Markt- und Regionalforschungsinstituts Bulwien: „Besser am Marktplatz einer mittleren Stadt als eine schlechte Lage in einer Metropole.“ So spielen die Einwohnerstruktur, öffentliche Verkehrsmittel, Tiefgaragenstellplätze und die soziale Versorgung die wichtigsten Rollen. Mindestens so viel Aufmerksamkeit wie die Umgebung der Immobilie verdient deren Zustand. Deshalb sollte der interessierte Käufer vor dem Kauf die Wohnung einer eingehenden Prüfung unterziehen. Wer sich selbst kein sicheres Urteil zutraut, zieht einen Gutachter hinzu.
Vorsicht ist auch geboten bei allzu optimistischen Renditerechnungen seitens des Verkäufers. Lockt er beispielsweise mit Renditen von deutlich über vier Prozent, hat er vielleicht die Nebenkosten in der Rechnung vergessen.
Formel für Einsteiger
Die Rendite drückt aus, wie sich das eingesetzte Kapital verzinst. Eine seriöse Kalkulation bezieht also neben dem Kaufpreis auch die jährlichen Nebenkosten von mindestens fünf Prozent und die laufenden Ausgaben mit ein. Von den jährlichen Mieteinnahmen abziehen muss man rund 300 Euro Verwaltungskosten, etwa neun Euro für die Instandhaltung pro Quadratmeter, zirka zwei Prozent der Miete für den möglichen Ausfall derselben sowie die jeweiligen Finanzierungskosten. Allein die Kosten, die beim Kauf anfallen, betragen für eine 200 000 Euro teure Wohnung rund 17 000 Euro. Die Faustregel lautet also: Monatsmiete minus Nebenkosten, das Ergebnis mal zwölf, geteilt durch den Kaufpreis, mal 100 ergibt die zu erwartende Rendite. Beträgt der jährliche Wertzuwachs der Immobilie etwa drei Prozent, dauert es knapp vier Jahre, bis der Einstandspreis erreicht ist.
Ein weiterer Tipp zur Überprüfung der Rendite: Die Mieteinnahmen decken die Hälfte der bei einer totalen Fremdfinanzierung des Kaufpreises entstehenden finanziellen Belastungen. Die andere Hälfte sollte am besten ganz durch eine Minderung der Einkommensteuer gedeckt werden (siehe zm-Info).
Die Investition in eine Immobilie eignet sich also nicht für ungeduldige Anleger. Wieviel Gewinn die Wohnung wirklich bringt, kann sich erst nach dem Verkauf zeigen. Steuerfrei bleibt der Erlös, wenn der Käufer die Wohnung mindestens zehn Jahre lang besessen und vermietet hat oder nur während der vergangenen zwei Jahre selbst genutzt hat.
Das Los mit Nieten
Stellt sich aber heraus, dass sich die erworbene Eigentumswohnung nicht rechnet und die anfallenden Kosten den Steuervorteil übersteigen, sollte man sich so schnell wie möglich davon trennen. Die Aussichten, auf die Dauer die Verluste etwa durch Mieterhöhungen oder Kosteneinsparungen auszugleichen, sind meist unrealistisch. Denn anders als bei Monopoly geht der echte Vermieter nicht „über Los“ und kassiert mal eben 2 000 Euro.