Neue Therapieempfehlungen beim Bluthochdruck
Neuerungen gibt es derzeit bei der Diagnose wie auch der Therapie des Bluthochdrucks und sogar bei dessen Definition. Die Hypertonie ist ein Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall, dessen gesundheitsgefährdende Bedeutung wohl bislang noch nicht richtig eingeordnet wird. Nicht erst ab einem Wert von 140/90 mmHg steigt die Gefahr für Herz und Gehirn. Auch Werte unterhalb dieser Marke sind durchaus mit einem erhöhten Risiko behaftet. Dem tragen die Hochdruckexperten nunmehr Rechnung und lehnen sich bei der Definition wie auch bei den Therapie-Leitlinien an die internationalen Empfehlungen an, wie bei der Jahrestagung der Liga in Bonn deutlich wurde.
Ein optimaler Blutdruck liegt entsprechend der neuen Klassifikation bei Werten unter 120/80 mmHg vor. Als normal werden Werte unter 130/85 mmHg klassifiziert. Als „noch-normal“ wird ein Blutdruck zwischen 130 und 139 mmHg systolisch und 85 bis 89 mmHg diastolisch eingeordnet. Eine klare Hypertonie liegt somit ab 147/90 mmHg vor, mit einer Einteilung in drei Schweregrade, und zwar je nach Blutdruckhöhe in eine milde, moderate (über 160/100 mmHg) oder schwere Hypertonie.
Maßnahmen
Welche therapeutischen Maßnahmen im Einzelfall bei einem erhöhten Blutdruck zu ergreifen sind, richtet sich nach Angaben der Liga nach dem kardiovaskulären Gesamtrisiko, welches durch begleitende Risikofaktoren und Begleiterkrankungen bestimmt wird. Liegt eine klare Hypertonie mit Werten von mehr als 140/90 mmHg vor, so ist neben allgemeinen Maßnahmen auch eine medikamentöse Therapie zu erwägen. Sicher indiziert ist diese ab dem Schweregrad II, also ab Blutdruckwerten von 160/100 mmHg. Bei normalem und „noch-normalem“ Blutdruck raten die Hypertonologen ebenfalls zu Antihypertensiva, wenn gleichzeitig weitere Risikofaktoren vorliegen.
Generelles Ziel sollte stets die Blutdrucknormalisierung sein, um so Komplikationen abzuwenden und Organschäden durch die hohen Druckwerte vorzubeugen. Unter Ruhebedingungen sollte der Blutdruck nach den neuen Empfehlungen deshalb zuverlässig unter 140 mmHg und diastolisch unter 90 mmHg liegen. Bei Diabetikern sollte er wegen des allgemein höheren Herz-Kreislaufrisikos konsequent unter 130/80 mmHg gesenkt werden, ebenso bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und erhöhter Proteinausscheidung.
Kombinationstherapie
Von den Zielwerten abgesehen hat die Hochdruckliga auch ihre allgemeinen therapeutischen Leitlinien neu formuliert. Danach gibt es nunmehr in der Praxis drei unterschiedliche Strategien der Hochdruckbehandlung. So kann zum einen wie bisher eine Stufentherapie erfolgen, bei der mit einem Antihypertensivum begonnen wird. Wenn dieses alleine nicht ausreicht, zusätzlich ein zweiter Wirkstoff verordnet wird.
Bei Patienten, bei denen zu erwarten ist, dass sich mit einem Antihypertensivum allein der Zielwert nicht erreichen lässt, kann jetzt aber auch initial schon eine Kombinationstherapie eingeleitet werden. „Denn mehr als 60 Prozent der Hypertoniker brauchen per se eine Kombinationstherapie“, erklärte dazu Professor Dr. Rainer Düsing, Bonn, als Präsident der Jahrestagung. Begonnen wird in aller Regel mit einer Kombination aus einem Diuretikum und einem ACE-Hemmer oder auch aus einem Diuretikum mit einem Betablocker. Die freie Kombination erlaubt dabei eine individuelle Dosisanpassung der beiden Komponenten. Allerdings hat, so heißt es in den neuen Empfehlungen, die fixe Wirkstoffkombination den Vorteil einer höheren Patientencompliance und meist auch geringerer Kosten.
Als dritte mögliche Strategie nennt die Hochdruckliga die sequenzielle Monotherapie, bei der ein Antihypertensivum so lange gegen andere Substanzen der Monotherapie ausgetauscht wird, bis eine effektive Blutdrucksenkung zustande kommt oder doch auf eine Kombination übergegangen werden muss.
Welcher der drei Wege gewählt wird, hängt nach Düsing von der individuellen Situation des Hypertonikers ab, und zwar konkret von der Blutdruckhöhe, von Begleiterkrankungen, potenziellen Nebenwirkungen und auch von der zu erwartenden Compliance. So wird man primär eine Kombinationstherapie immer dann wählen, wenn der Patient sich mit einem hohen Ausgangsblutdruck vorstellt, so dass nach menschlichem Ermessen durch eine Monotherapie Normwerte gar nicht zu erzielen sind. Auch können Begleiterkrankungen, wie eine Herzinsuffizienz oder eine Nephropathie, ihrerseits eine Kombinationstherapie als wünschenswert erscheinen lassen.
Fünf gleichwertige Antihypertensiva-Gruppen
Bei den Antihypertensiva stehen nach Professor Dr. Walter Zidek aus Herne, dem derzeitigen Vorsitzenden der Deutschen Hochdruckliga, fünf verschiedene Antihypertensiva- Gruppen zur Verfügung. Es handelt sich um die Diuretika, die Betablocker, Kalziumantagonisten, ACE-Hemmer und die Angiotensin II-Antagonisten, die gleichberechtigt nebeneinander stehen, zumal für jede Gruppe eine Senkung der Morbidität und Mortalität dokumentiert wurde. „Die Behandlung kann mit jeder dieser Gruppen begonnen werden“, erklärte der Mediziner in Bonn.
Christine VetterMerkenicher Straße 22450735 Köln