Ansparen und abschreiben
Im Steuerrecht haben Abschreibungen vor allem die Aufgabe, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abnutzbarer Wirtschaftsgüter auf den Zeitraum der Nutzung zu verteilen. Die Abschreibung wird Absetzung für Abnutzung oder kurz AfA genannt. Sie bewirkt eine entsprechende Gewinnminderung und wird vom Gesetzgeber als gestalterisches Mittel eingesetzt, um steuerliche Anreize zu Investitionen zu geben. Deshalb gibt es nicht nur die „normale“ AfA, sondern auch andere Formen, wie die Sonder-AfA und eben die Ansparabschreibung.
Und die Ansparabschreibung funktioniert so: Nach dem Einkommensteuergesetz können für eine geplante Anschaffung bis zu 40 Prozent der Investitionssumme als Betriebsausgabe angesetzt werden. Voraussetzung ist, dass es sich um ein neues, bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens handelt. Zudem darf die insgesamt gebildete Rücklage höchstens 154 000 Euro (bei Existenzgründern 307 000 Euro) betragen. Die geplante Investition muss lediglich dem Finanzamt gegenüber glaubhaft gemacht werden; dafür genügt ein Kostenvoranschlag. Allerdings muss die geplante Investition objektiv möglich und in der vorgegebenen Zeit auch tatsächlich durchführbar sein. Bei einer geplanten Praxisschließung in den nächsten drei Monaten wäre dies nicht mehr der Fall.
Plant ein Zahnarzt zum Beispiel, im Jahr 2006 eine Behandlungseinheit für zirka 40 000 Euro zu kaufen, kann er entweder die normale AfA nutzen – und entsprechend ab dem Investitionsjahr, also 2006, die Behandlungseinheit abschreiben – oder aber die Ansparabschreibung nutzen – und damit die Abschreibung zeitlich vorziehen: in letzterem Fall kann er 40 Prozent von 40 000 Euro bereits im Jahr 2004 steuerlich geltend machen. Damit reduziert sich sein Gewinn um 16 000 Euro und er spart Einkommensteuer sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von zirka 7 600 Euro bei einem Einkommensteuersatz von 45 Prozent. Die eingesparten 7 600 Euro kann er dann für die geplante Investition verwenden, indem er zum Beispiel die Darlehenssumme auf 32 400 Euro reduziert. Kauft der Zahnarzt 2006 tatsächlich eine Behandlungseinheit, muss er die Ansparabschreibung in voller Höhe von 16 000 Euro auflösen. Dadurch erhöht sich zunächst zwar sein Praxisgewinn. Im optimalen Fall kann er jedoch diese Erhöhung wieder ausgleichen, da ihm ja Abschreibungen in etwa gleicher Höhe zur Verfügung stehen, wie die normale AfA und die Sonder-AfA.
Die Ansparabschreibung bewirkt also, dass ein steuerlicher Effekt vorverlegt wird. Daraus ergibt sich eine positive Auswirkung auf die Liquidität.
Wird die gebildete Ansparrücklage jedoch nicht in Anspruch genommen, muss sie spätestens zwei Jahre nach ihrer Bildung aufgelöst und zusätzlich ein Gewinnzuschlag in Höhe von sechs Prozent berücksichtigt werden. Auflösung und Gewinnzuschlag erhöhen also den Praxisgewinn, ohne dass tatsächlich Einnahmen zugeflossen sind. Dies führt häufig zu erheblichen Einkommensteuerbelastungen im Jahr der Auflösung.
Für Zahnärzte ist die Bildung einer Ansparabschreibung von besonderem Interesse wenn sie:
• eine selbständige Praxistätigkeit anstreben, oder
• ihre Praxistätigkeit aufgeben oder reduzieren.
Existenzgründer genießen Sonderrechte
Existenzgründer werden vom Fiskus besonders gefördert. Deshalb bleibt bei einem Praxisgründer oder -übernehmer die Ansparabschreibung zwar bei 40 Prozent der künftigen Investitionen, der Investitionsbetrag erhöht sich jedoch auf maximal 307 000 Euro. Von Vorteil ist auch, dass bei der Ansparrücklage für Existenzgründer kein Gewinnzuschlag berücksichtigt werden muss. Das heißt, kommt es später nicht zu der geplanten Investition, braucht der Existenzgründer keinen Gewinnzuschlag als Praxisgewinn zu versteuern.
Ebenso hat der junge Zahnarzt als Existenzgründer einen größeren zeitlichen Gestaltungsspielraum, da er insgesamt sechs Jahre Zeit hat, eine Ansparrücklage zu bilden. Die einmal gebildete Ansparrücklage kann er für Investitionen nutzen, also auflösen, die er in den folgenden fünf Jahren tätigt. Insgesamt kann also durch Bildung und Auflösung der Ansparrücklage für Existenzgründer ein Einkommensteuerund Liquiditätsvorteil von bis zu elf Jahren erreicht werden.
Gerade für Praxisübernehmer ist oftmals interessant, dass die Ansparabschreibung in dem Jahr, in dem sie gebildet wird, den steuerlichen Gewinn der Praxis mindert. Damit wird zu einem Zeitpunkt, an dem der wirtschaftliche Erfolg der Praxis noch schlecht abzusehen ist, die Liquidität der Praxis geschont.
Ebenso sollten junge Zahnärzte überlegen, bereits im Jahr vor der Praxiseröffnung die Ansparabschreibung zu bilden. Dies ist besonders erwägenswert für noch angestellte Zahnärzte mit ebenfalls steuerpflichtigem Ehepartner. Der zukünftige Praxisinhaber kann nämlich die in dem Jahr von ihm und dem Ehepartner gezahlte Lohnsteuer vom Finanzamt völlig oder zum großen Teil erstattet bekommen. Diese Erstattung ließe sich sinnvoll zum Beispiel für die Praxisgründung oder -übernahme als Finanzierungsmöglichkeit oder auch als Liquiditätsreserve nutzen.
Nun sind grundsätzlich zwei Situationen denkbar, aus denen heraus der Existenzgründer eine Ansparabschreibung bilden kann.
Zum einen, wenn der Zahnarzt bereits in einer eigenen Praxis tätig ist. Hier reicht als Nachweis für die Bildung einer Ansparabschreibung, dass er seine Investitionsabsicht gegenüber dem Fiskus glaubhaft macht. Er kann darauf verzichten, den Investitionsplan oder die feste Bestellung vorzulegen. Allerdings darf sein Investitionsplan nicht einfach „ins Blaue“ hinein, sondern muss konkret aufgestellt sein. Dazu müssen die später beabsichtigten Investitionen ihrer Funktion nach eindeutig bezeichnet und die voraussichtlichen Anschaffungskosten nach dem Stand der Planung beziffert werden.
Im anderen Fall wird der Zahnarzt erst noch in eigener Praxis tätig werden. Er hat die Auflage, dass am Ende des Zeitraumes, für den er die Ansparabschreibung vornehmen will, verbindlich entweder das Wirtschaftsgut bestellt oder die Genehmigung für dessen Herstellung beantragt wird. Natürlich beginnt hier der Sechs-Jahreszeitraum in dem Jahr, an dem die Ansparrücklage gebildet wird und nicht erst dann, wenn es zur Praxisgründung kommt. Ebenso muss die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert sein. Hierfür sollte man entsprechende Investitionspläne, die Bankfinanzierung und auch Kopien der verbindlichen Bestellung dem Finanzamt vorlegen. Eine Besonderheit ist bei der Existenzgründung einer Gemeinschaftspraxis zu beachten. Hier ist erforderlich, dass alle Zahnärzte Existenzgründer sind. Tritt ein neuer Zahnarzt in eine bestehende Praxis ein, kann in der Gemeinschaftspraxis die Ansparrücklage für Existenzgründer nicht gebildet werden.
Selbst wenn ein junger Zahnarzt sich bereits im Jahr 2003 selbständig machte, kann er die Gestaltungsmöglichkeiten der „normalen“ Ansparabschreibung noch nutzen, sofern er noch keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 erstellt hat.
Ein halber Steuersatz für geschickte Praxisabgeber
Von besonderem Reiz ist die Bildung einer Ansparabschreibung, wenn ein Zahnarzt die Veräußerung seiner Praxis plant: Bei einer Praxisveräußerung muss eine noch nicht genutzte Ansparabschreibung zwar auf jeden Fall aufgelöst werden, doch variiert der Effekt je nachdem, ob der Auflösungsbetrag und/ oder der Gewinnzuschlag von sechs Prozent dem laufenden Praxisgewinn oder dem steuerlich begünstigten Veräußerungsgewinn zugerechnet wird oder nicht.
Beides darf dem steuerlich begünstigten Veräußerungsgewinn zugerechnet werden, wenn die Ansparrücklage bei Praxisveräußerung nicht anderweitig aufzulösen gewesen wäre. Eine „normale“ Ansparrücklage kann also noch in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren vor dem geplanten Praxisverkauf gebildet werden. Erfüllt der veräußernde Zahnarzt nun noch die persönlichen Voraussetzungen, dann braucht er den Veräußerungsgewinn seiner Praxis, den Auflösungsbetrag und den Gewinnzuschlag nur noch mit dem halben Steuersatz zu versteuern.
Dr. Sigrid Olbertz, MBAZahnärztin, Master of Business AdminstrationIm Hesterkamp 12 a45768 Marl