Polnische und deutsche Zahnmediziner rücken zusammen
Durch diese ab jetzt alljährlich stattfindende Veranstaltung sollten die langjährig bestehenden wissenschaftlichen Aktivitäten zwischen Deutschland und Polen im Bereich der Zahnmedizin und der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie kontinuiert werden. Diese Kooperation wurde auch von Dr. Dr. Jürgen Weitkamp, Präsident der Bundeszahnärztekammer, der an dieser Veranstaltung teilnahm, sehr begrüßt.
Das Symposium war die konsequente Umsetzung des Kooperationsvertrages zwischen der DGZMK und der PTS, der im Jahre 2000 von den damaligen Präsidenten und Vizepräsidenten der wissenschaftlichen Fachgesellschaften Prof. Dr. Janusz Piekarczyk und Prof. Dr. Eugeniusz Spiechowicz für die PTS sowie Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner und Dr. Siegwart Peters für die DGZMK unterzeichnet wurde.
An diesem ersten Symposium nahmen Zahnmediziner und Hochschullehrer aus Polen und Deutschland zahlreich teil, die sich an zwei Tagen zu Präsentationen und wissenschaftlichen Diskussionen zum ganzen Spektrum der Zahnmedizin zusammenfanden. Die Begrüßung der Teilnehmer erfolgte durch Prof. Dr. Dr. Wagner und Prof. Dr. Piekarczyk, gefolgt von Eröffnung und Grußworten des Regierungspräsidenten Darmstadt, Gerold Dieke, Stadtrat Weißenseel, Prof. Dr. Georg Meyer als Presidentelect der DGZMK und Dr. Giesbert Schulz-Freywald als Vizepräsident der Hessischen Zahnärztekammer.
Berufsbild Ost und West
Der past-Präsident der polnischen Zahnärztekammer Dr. André Fortuna eröffnete die Runde der Fachvorträge mit einer Darstellung des Berufsfeldes des Zahnarztes in Polen. Aus deutscher Sicht stellte der Präsident der Bundeszahnärztekammer den Wandel und die Chancen des Berufsbildes „Zahnarzt“ in Deutschland sowie die Möglichkeiten und Chancen einer engen Kooperation auf europäischer Ebene dar.
Im Anschluss folgten die wissenschaftlichen Vorträge, die in die Blöcke „Implantologie, Knochenregeneration, Prothetik“, „Chirurgie“ und „Konservierende Zahnheilkunde, Prothetik“ gegliedert waren. Das wissenschaftliche Programm wurde dabei von Dr. Peter Majewski eröffnet, der einen Überblick über den beeindruckenden klinischen Stand der zahnärztlichen Implantologie in Polen bot. Prof. Dr. Dr. Rudolf H. Reich stellte seine Ergebnisse der Primärund Sekundärstabilität von TiUnite Implantaten als Beispiel des klinischen Effektes mittelrauer Implantatoberflächen dar. Er stellte dabei das Dogma „Keine Sekundärstabilität ohne Primärstabilität“ in Frage. Dr. Dr. Matthias Peuten, Karlsruhe, berichtete in seinem Vortrag detailliert vom klinischen Vorgehen bei massiv atrophiertem Oberkiefer. Dabei stellte er die Augmentation mit autologem Knochen plus ß-Phase des TCP (Cerasorb®) und die Abdeckung mit einem Titanmesh dar. Im nächsten polnischen Vortrag wurde von einem viel versprechenden Tierversuch mit hervorragenden Histologien zur Frage des osteogenen Potentials in vitro kultivierter Knochenmarkszellen von Prof. Dr. Gregor Krzymanski berichtet. In thematischer Ergänzung zeigte Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang die mögliche klinische Verwendbarkeit von in vitro kultivierten Periostzellen auf. Auch wenn die Frage des idealen Trägers für die Zellen noch ungeklärt sei, so stelle sich bisher Kollagen als günstigstes Material dar. Dabei wurden auch ermutigende klinische Ergebnisse und Humanhistologien der Sinusbodenelevation mit autologen in vitro kultivierten Osteoblasten präsentiert. Der erreichte Mineralisationgrad war kaum besser als nach einer Beckenkamm-Osteoplastik. Prof. Dr. Dr. Joachim Zöller stellte die Differentialindikation augmentativer Verfahren dar und konnte dabei die Disktraktion in das Spektrum etablierter Augmentationsverfahren einordnen. Ergänzt wurde diese klinische Klassifikation durch eine Übersicht von Prof. Dr. Dr. Rolf Singer über die Ergebnisse der Sinusbodenelevation. Er betonte dabei sowohl bezüglich Vorgehen und Materialien die Differenzierung zwischen „kleinem“ und „großem“ Sinuslift. Zum Abschluss des ersten Tages lieferte Prof. Dr. Matthias Frentzen einen systematischen Überblick über den Lasereinsatz in der Zahnmedizin. Er betonte den technischen Fortschritt in der Miniaturisierungder Geräte und stellte als Anwendungsbeispiel die Kariesdiagnostik dar.
Implantate und Osteoporose
Am zweiten Kongresstag startete Prof. Dr. Maria Golembiewska mit ihrem Beitrag über die Zusammenhänge zwischen der Knochenqualität und -quantität des zahnlosen Unterkiefers und dem Grad der Osteoporose bei Frauen im Stadium der Menopause.
Es folgte der Vortrag von Prof. Wagner über die Rehabilitation von Tumorpatienten. Dabei betonte er den Gewinn an sozialer Kompetenz für die Patienten, der sich nicht nur in einer verbesserten Kausituation äußert. Die Insertion von Implantaten kann nötig sein. Prof. Dr. Hartwig Kosmehl stellte aus der Sicht des Pathologen auf der Basis der aktuellen WHO Klassifikation die prognostische Bedeutung einer differenzierten Diagnostik des Plattenepithelkarzinoms dar. Er bewertete dabei auch den klinischen Stellenwert der Bürstenzytologie.
Vielfalt der Zahnmedizin
Den Abschnitt „Konservierende Zahnheilkunde / Prothetik“ eröffnete Prof. Dr. Meyer mit einer Standortbestimmung zur Ästhetik und aktuellen Trends in der restaurativen Zahnheilkunde. Er betonte die Grenzen der adhäsiven Füllungsmaterialien in Abhängigkeit von der Defektgröße. Im Anschluss daran bewertete Dr. Bogdan Barut, Präsident der polnischen Armee-Zahnärztekammer, die ethischen Aspekte der zahnärztlichen Chirurgie, basierend auf den aktuellen Beschlüssen der polnischen Ärztekammer, die auch die Berufsordnung der Zahnärzte regelt. Einen Kontrast dazu bot die Darstellung der umfassenden zahnärztlichen Versorgung von Soldaten, die von Oberstarzt Dr. Gerd Schindler aus dem Bundesministerium der Verteidigung, Bonn, geboten wurde. Erhöhte Anforderungen an die Zahngesundheit der Soldaten ergeben sich unmittelbar aus dem erweiterten, weltweiten Einsatzgebiet der Bundeswehr, oft weit entfernt von zahnärztlicher Versorgung. Er betonte die Bedeutung der „Dental Readyness“ vor einem Einsatz, da bisher 20 Prozent der Notfälle im Einsatz zahnmedizinisch bedingt und damit zum größten Teil auch vorhersehbar sein können. Gefolgt wurde diese Übersicht von einem Vortrag von Prof. Dr. Elzbieta Mierzwinska-Nastalska über die Korrelation hoher Angiotensin-Converting-Enzyme-Spiegel mit der Candida-bedingten Parodontitis. Ein weiterer Beitrag von Prof. Dr. Michael Zietek bot einen Überblick über die Bedeutung der Granulozytenfunktion bei Parodontopathien. Den deutschsprachigen Teil schloss Prof. Dr. Karl-Heinz Utz mit einer Darlegung wissenschafticher Daten zur Kieferregistrierung ab. In seinen Daten ergab sich kein Unterschied zwischen den verschiedenen Registrattypen.
Viele wissenschaftliche Kontaktpunkte
So wurde in den Vorträgen ein sehr breites Spektrum möglicher wissenschaftlicher, aber auch berufspolitischer Kontaktpunkte dargestellt. Die in der jeweiligen Landessprache präsentierten Vorträge wurden mit bemerkenswertem Engagement von Dr. Malgorzata Klukowska und Dr. Dr. Robert Mischkowski simultan übersetzt. Ein ebenso breites wissenschaftliches Spektrum wurde auf 31 wissenschaftlichen Postern aus beiden Ländern in englischer Sprache präsentiert. Dabei fanden sich Arbeiten zur Implantologie, Traumatologie, Sonographie, Ästhetik, Forensik, Kieferorthopädie, Radiologie, Kiefergelenkfunktion, Tumortherapie mit Grundlagen, Diagnostik, Resektion und Rekonstruktion, Fehlbildungen und Parodontitis.
Posterbestpreis
Zum Abschluss der Tagung wurde der Posterbestpreis an je eine polnische und eine deutsche Arbeitsgruppe verliehen. Prämiert wurde für Polen das Poster Nr. 8: „Radiological diagnostic of odontogenic tumors“ von Samolczyk-Wanyura D., Piekarczyk J., Szalwinski M., Piekarczyk P., Glebowski P. aus dem 2nd Department of Maxillo-Facial Surgery und dem Department of Anatomy Medical University of Warsaw. Für Deutschland das Poster Nr. 17: „Esthetics in and with All-ceramic Restorations” von Bauer, A., Zatorska, K., Lauer, C. aus der Universitätsklinik Frankfurt, Abteilung für Prothetik.
Zum Abschluss betonte der Vorsitzende der letzten Sitzung, Prof. Dr. Detlef Heidemann, wie sehr er es genossen habe, so viele unterschiedliche Themenschwerpunkte zu diskutieren, die die enorme wissenschaftliche Breite der Zahnmedizin repräsentieren. Auch bei dem Gesellschafts-Programm in der Alten Oper in Frankfurt a. M. hatten die Kollegen aus Deutschland und Polen Gelegenheit, sich in entspannter Atmosphäre persönlich näher kennen zu lernen. So hat dieser Kongress sicherlich dazu gedient, besonders auf wissenschaftlichem Gebiet der Zahnmedizin, einen fruchtbaren Austausch zwischen Polen und Deutschland zu fördern, der auch durch menschliche Begegnungen und Kontakte unterhalten wird. Sollte der Weg zu einer stabilen Partnerschaft auch noch weit sein, so treffen doch die Worte Laotses zu, die Prof. Dr. Dr. Winfried Wagner in seinen Eröffnungsworten zitierte: „Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt“.
Der folgende Schritt ist das 2. Deutsch-Polnische Stomatologische Symposium in Warschau am 4./5. März.2005, zu dem alle Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland und Polen herzlich eingeladen sind. Alle Interessenten an der Deutsch-Polnischen Kooperation können sich für weitere Informationen an Prof. Dr. Dr. Wagner wenden:
Prof. Dr. Dr. Wilfried WagnerAugustusplatz 2, 55131 Mainzmkg@mkg.klinik.uni-mainz.de