Asien betritt die Weltbühne
Als „eine Person, bei der es sich lohnt, zuzuhören, wenn sie den Mund aufmacht“ begrüßte der Initiator des Karlsruher Vortrags, Prof. Dr. Dr. Michael Heners, Direktor der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe, den britischen Banker Stephen K. Green. Sein Name falle im Zusammenhang mit fachkundiger Kompetenz, sagte Heners, und in der Tat überzeugte der Group Chief Executive der zweitgrößten Bank der Erde, der HSBC Holdings plc London, in seinem Vortrag durch kompetente Ausstrahlung, britisches Understatement, Weltoffenheit und nicht zuletzt durch erstklassige Sprachkenntnis, da er seinen Vortrag in fließendem Deutsch hielt. Die internationale Großbank HSBC hat über 110 Millionen Kunden, 230 000 Angestellte und eine Präsenz in 80 Staaten.
Das Thema des Topmanagers: „Asien betritt die Weltbühne – gibt es eine neue Weltordnung?“. Seine These: Asien, allem voran China und Indien, haben in der Weltwirtschaft bereits eine führende Rolle übernommen und vieles deutet darauf hin, dass der wirtschaftliche Aufstieg der beiden Länder die Welt im 21. Jahrhundert verändern wird. Green hält es für möglich, dass China und Indien schon bald in die Reihe der aufstrebenden asiatischen Staaten, wie Japan, Hongkong, Singapur oder Taiwan, aufsteigen werden. Beide hätten in den letzten Jahren eine enorme wirtschaftliche Erholung gezeigt.
Rang zwei
China ist inzwischen zur sechstgrößten Volkswirtschaft der Erde aufgerückt und belegt gemessen an der Kaufkraft Rang zwei hinter den USA. Experten sagen voraus, dass das Land im Jahre 2040 die USA als weltgrößte Wirtschaftsnation ablösen wird. Chinas Einfluss ist wegen der Öffnung hin zur Marktwirtschaft heute auf vielen Märkten spürbar, angefangen vom Ölpreis bis hin zur Verbilligung von Konsumgütern wie Elektronik und Textilien. Schon heute ist das Land der größte Stahl-, Kohle-, Zementund Düngemittelproduzent der Welt und übernimmt in vielen Sparten der Konsumgüterindustrie eine Führungsrolle. Für die Bevölkerung konnte so die Armut im Land wirksam bekämpft werden.
Indien ist nach Greens Analyse bereits jetzt die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt und gehört zu den Ländern mit dem größten Wirtschaftswachstum in Asien. Es verfügt über ein ausgezeichnetes Angebot an Arbeitskräften und Hochschulabsolventen und boomt vor allem im Dienstleistungssektor (Verwaltungs- und IT-Leistungen). Ein großes Plus ist auch die englische Sprache, so ist Indien die zweitgrößte englischsprachige Nation hinter den USA. In der Wertschöpfungskette steigt das Land in Bereichen wie Software, medizinische Diagnostik und Finanzanalyse auf.
Die reichen Länder heute, das heißt die USA und Europa, müssen sich laut Green konstruktiv auf Veränderungen einstellen. Doch gerade was Europa angeht, bestehe kein Grund zum Pessimismus. „Europa hat seine Fähigkeiten immer unter Beweis gestellt“, sagte er. Vor allem das Thema Arbeit und Arbeitslosigkeit müsse flexibler angegangen werden. Auf einen Wandel müsse man sich konstruktiv vorbereiten.
Sein Fazit: Die Ära wirtschaftlicher westlicher Vormachtstellung neigt sich dem Ende zu. „In Zukunft wird die Macht gleichmäßiger verteilt sein, wenn Asien seinen Platz auf der Weltbühne einnimmt.”
Der Karslruher Vortrag ist inzwischen eine feste Institution geworden und hat eine Breitenwirkung weit über die Stadtgrenzen hinaus. Unter den Gästen befanden sich Vertreter aus Politik, Gesellschaft und Kirche. Auch zahnärztliche Spitzenvertreter, darunter BZÄK-Präsident Dr. Dr. Jürgen Weitkamp und der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz, waren zugegen. Weitkamp wertete die Initiative von Prof. Heners als beispielhaftes Engagement der Zahnärzte für das gesellschaftspolitische Leben.