Der Kunde „Patient“ als König
Erstmalig haben Fachleute aus dem Gesundheitswesen gewagt, ein solches Ranking zu erstellen. Getauft wurde es auf den Namen Europäischer Gesundheitskonsumentenindex (EHCI). Neben den genannten drei Ländern wurden außerdem die Systeme Belgiens, Estlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, von Polen, Schweden, Spanien und Ungarn in den Index aufgenommen.
„Es überrascht nicht, dass Länder mit Gesundheitssystemen, die seit jeher auf einem pluralistischen Ansatz zur Finanzierung und Erbringung der Gesundheitsversorgung beruhen, in einem Gesundheitskonsumentenindex eine hohe Punktzahl erreichen“, so Arne Bjornberg vom Health Consumer Powerhouse (HCP) bei der offiziellen Präsentation des Index in Brüssel. Das HCP ist ein privates Unternehmen, das auf eine Initiative von Johan Hjertqvist, einem schwedischen Gesundheitsreformer, zurückgeht.
Selbstkritisch räumt das HCP ein, dass es sich beim EHCI vorläufig nur um einen Pilotversuch handelt. Die Ergebnisse sollen und können deshalb vor allem mangels 100-prozentiger Vergleichbarkeit der Verfahren zur Datenerfassung auch nur als Anreiz dienen, Leistungen der Gesundheitssysteme aus Verbrauchersicht zu messen und zu vergleichen sowie über eine konstruktive öffentliche Diskussion dazu beizutragen, Schwachstellen zu beseitigen.
Folgende Indikatorgruppen, die insgesamt 20 Einzelindikatoren umfassen, lagen der Erhebung zugrunde: Patientenrechte und -informationen, Wartezeit bis zur Behandlung, Therapieergebnisse – wie Herzinfarktsterblichkeit, Infektionen nach chirurgischen Eingriffen – sowie Kundenfreundlichkeit und Arzneimittel. So wurde beispielsweise untersucht, ob eine Rezepterneuerung ohne Arzttermin möglich ist oder Versicherte Gesundheitsinformationen via Internet oder Telefon rund um die Uhr abfragen können oder auch, ob und in welcher Höhe Arzneimittelzuzahlungen erforderlich sind. Ganz bewusst verzichtet wurde auf Indikatoren, die den allgemeinen Gesundheitszustand messen – Beispiel Lebenserwartung oder Häufigkeit von Diabetes-Erkrankungen – da diese eher vom Lebensstil oder Umweltfaktoren als von der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens abhängen. Die Auswahl und Auswertung der Daten basierte auf einem intensivem Literaturstudium, Internetrecherchen, Auswertung von Informationen der WHO und OECD sowie Stichprobenbefragungen von gesundheitspolitisch Verantwortlichen und Patientenorganisationen.
Deutschland auf Rang Drei
In der Gesamtwertung wird Deutschland von den Niederlanden und der Schweiz vor allem deshalb auf Rang Drei verwiesen, da hierzulande zwar der Kunde „Patient“ König ist und auch die Qualität der Versorgung im Ergebnis wenig zu wünschen übrig lässt, es aber an Offenheit in Bezug auf die Information der Patienten und Versicherten mangelt. Als Bremsklotz erweisen sich unter anderem Datenschutzerwägungen.
Für die südeuropäischen Staaten Spanien (Rang Acht) und Italien (Rang Elf) gilt: Mit den angebotenen Leistungen können die Verbraucher zwar durchaus zufrieden sein. Für Spitzenplätze reicht es aber nicht, da sich nur die wenigsten Bewohner beider Länder einen privaten Gesundheitsschutz als Ergänzung zur Pflichtversicherung leisten können. Negativ auf die Kundenzufriedenheit in Großbritannien wiederum wirken sich – wenig überraschend – Wartelisten und ungleichmäßige Qualitätsleistungen aus. Das Königreich landete daher nur auf Platz Neun des Ranking.
Im kommenden Jahr will sich das HCP an einen Vergleich aller 25 EU-Mitgliedstaaten wagen.
Petra SpielbergRue Colonel Van Gele 98B-1040 Brüssel