Gemeinsame Stellungnahme der DGZMK und der DGP

Schall- und Ultraschallscaler in der Parodontitistherapie

230329-flexible-1900

Schall- und Ultraschallscalersysteme

Zentraler Bestandteil initialer und unterstützender Parodontitistherapie ist die mechanische supra- und subgingivale Plaque- und Zahnsteinentfernung [28, 37]. Hierzu verwendbare oszillierende Scalersysteme lassen sich in Schall- und Ultraschallscaler unterteilen. Die Arbeitsenden druckluftbetriebener Schallscaler schwingen ungedämpft, abhängig von der Geometrie der Arbeitsspitze, mit bis zu 8 000 Hz auf einer etwa kreisförmigen Bahn mit einer Amplitude von bis zu 1 000 Mikrometern (µm). Unter Ultraschallscalern, deren Arbeitsenden bei Amplituden von bis zu 100 µm mit Frequenzen von 20 000 Hz bis 45 000 Hz schwingen, werden piezoelektrische und magnetostriktive Ultraschallscaler unterschieden. Bei magnetostriktiven Ultraschallscalern erfolgt die Schwingungserzeugung durch elektromagnetische Einwirkung auf ein im Gerätehandstückbefindliches ferromagnetisches Material, die resultierende Schwingungsform senkrecht zur Längsachse der Arbeitsspitze ist ellipsoid bis kreisförmig. Bei konventionellen piezoelektrischen Ultraschallscalern wird die Schwingung durch die Einwirkung einer Wechselspannung auf einen Quarzkristall erzeugt, die Schwingungsform der Arbeitsspitzen ist weitgehend linear, das heißt auf eine Ebene weitgehend senkrecht zur Arbeitsspitzenlängsachse begrenzt [25, 11, 14, 31]. Ein von den konventionellen piezoelektrischen Ultraschallscalersystemen abweichendes System unterscheidet sich durch die Erzeugung einer Schwingung entlang der Instrumentenlängsachse mit einer Amplitude von etwa 30 µm. Die Schwingungsrichtung wird hierbei durch einen zwischengeschalteten Metallring um 90° umgeleitet. Zur Steigerung der Abtragseffizienz wird bei diesem System ein Abrasivmedium auf die zu bearbeitende Oberfläche gebracht.

Wirkungsweise der Instrumente

Die Hauptwirkung von Schall- und Ultraschallscalern resultiert durch direkten Kontakt der Arbeitsspitze mit der zu bearbeitenden Zahnoberfläche. Die mechanische Entfernung von Plaque und Zahnstein findet, je nach verwendetem Instrumententyp, durch hämmernd-klopfende bis schabende Bewegungen der Instrumentenspitze statt. Sowohl durch die Schwingungsanregung der oszillierenden Scaler als auch die Interaktion der Arbeitsspitze an der zu bearbeitenden Oberfläche kommt es zur Entstehung von Reibungswärme. Dies bedeutet, dass - um thermische Schäden am Zahnhalteapparat zu vermeiden - die Zuführung eines Kühlmediums notwendig ist [27]. Gelöste Plaque- und Zahnsteinpartikel werden durch das Kühlmedium aus der Tasche herausgespült [4]. Ob es zusätzlich durch Mikroströmungen oder Kavitationseffekte des Kühlmediums zu einem bakteriziden Effekt kommt, ist fraglich [30]. Ebenso bietet der Einsatz von Antiseptika als Kühlflüssigkeit derzeit keine klinisch relevanten Vorteile [7].

Klinische Wirksamkeit

Gründliches Schall- und Ultraschallscaling reduziert die subgingivale Mikroflora in gleichem Maß wie subgingivales Scaling mit Handinstrumenten. Klinische Studien zeigen, dass vergleichbare Attachmentgewinne und Taschensondierungstiefenreduktionen nach subgingivalem Scaling mit Schall- und Ultraschall- sowie Handinstrumenten erreicht werden können [29, 36, 5, 17, 16, 20, 19, 3, 2, 34]. Dies gilt insbesondere für die Bearbeitung einwurzeliger Zähne und die Glattflächen von Molaren [38]. In den Furkationsbereichen mehrwurzeliger Zähne ist mit Schall- und Ultraschallscalern eine gegenüber Handinstrumenten effizientere Zahnsteinentfernung möglich [15, 21, 23]. Weiterhin hat sich die Anwendung oszillierender Scaler gegenüber der Handinstrumentierung in einigen Studien als zeitsparender erwiesen [5, 16, 17, 6, 36].

Effizienz und Sicherheit bei oszillierenden Scalern

Effizienz und Sicherheit oszillierender Scaler werden hauptsächlich durch Instrumentierungszeit, angewandte Auflagekräfte und den Anstellwinkel der Scalerspitze zur Wurzeloberfläche beeinflusst. Die Erhöhung der Leistungseinstellung an der Geräteeinheit hingegen bewirkt nur geringe Steigerungen der Effizienz. Weitgehend schonendes Arbeiten, insbesondere bei der Plaqueentfernung in der unterstützenden Parodontitistherapie, ist durch die Anwendung der Arbeitsspitzen in kontinuierlicher Bewegung parallel zur Wurzeloberfläche mit Anpresskräften von 0,5 bis 1 N gewährleistet [8, 9, 10].

Beschränkungen bei der Anwendung

Die Anwendung hochfrequent oszillierender Scalersysteme führt zur Aerosolbildung durch die Vernebelung von Spülflüssigkeit, Speichel, Plaque und Blutbestandteilen [24, 13, 18]. Eine Mundspülung mit Antiseptika direkt vor der Behandlung sowie der korrekte Einsatz von Hochvakuumsauganlagen können die Keimbelastung des Aerosols stark mindern, ein potentielles Infektionsrisiko bleibt jedoch für die Anwender weiterhin bestehen [12, 33]. Daher wird bei der Behandlung von Patienten mit Infektionserkrankungen vorzugsweise die Anwendung von Handinstrumenten empfohlen. Eine Beeinflussung von Herzschrittmachern durch druckluftbetriebene Schallscaler ist nicht gegeben. Ebenso konnte bisher für piezoelektrische Ultraschallscaler keine Beeinflussung der Schrittmacheraktivität belegt werden [35, 1, 22, 32]. Bei der Anwendung magnetostriktiver Ultraschallscaler wurden jedoch Interferenzen mit Schrittmachern nachgewiesen [26]. Da die Datenlage zu diesem Problem bislang nicht eindeutig ist, ist zur Vermeidung möglicher Komplikationen zu empfehlen, von der Anwendung von Ultraschallscalern bei Patienten mit Herzschrittmachern abzusehen [7, 35].

Resümee

Supra- und subgingivales Scaling mit Schall- und Ultraschallinstrumenten führt zu klinischen Therapieergebnissen, die denen nach Handinstrumentierung gleichwertig sind. Nach derzeitigem Stand der Literatur sind hierfür bei adäquater Anwendung alle Schall- und Ultraschallscalersysteme gleich gut geeignet.

Priv. Doz. Dr. Gregor J. Petersilka,Prof. Dr. Thomas F. FlemmigZentrum für Zahn-, Mund- und KieferheilkundePoliklinik für ParodontologieWaldeyerstraße 3048149 Münster

Nachdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung aus dzz 5/2005

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.