Leitartikel

Eckpfeiler der Freiberuflichkeit

Sehr verehrte Frau Kollegin,sehr geehrter Herr Kollege,

der Vorstand der Bundeszahnärztekammer hat in seiner letzten Sitzung am 16. Februar 2005 eine neue Musterberufsordnung verabschiedet (siehe dazu den Bericht in diesem Heft). Die zentrale Frage gleich vorweg: Ist das nicht paradox – brauchen wir als Freier Beruf eine solche Regelung überhaupt?

Die Antwort lautet ganz klar Ja. Denn es geht um die zeitgemäße Weiterentwicklung unseres zahnärztlichen Berufsstandes. Daran mitgewirkt haben alle Zahnärztekammern der Länder, unter Beteiligung des FVDZ und unter Federführung des BZÄKAusschusses „Berufsbild des Zahnarztes“, geführt durch den Vorstandskollegen Dr. Lothar Bergholz. Das Ergebnis wird also auf breiten Schultern getragen und ist einstimmig vom BZÄK-Vorstand beschlossen worden. Der Tenor: Wettbewerb ja – aber er muss fair sein und darf nicht einengen. Das kollegiale Miteinander muss gewährleistet bleiben.

Wir haben die Musterberufsordnung so gestaltet, dass ein Wettbewerb zu jeder Zeit möglich ist, ohne dass die Liberalität des Berufs eingeschränkt wird. Kein Kollege darf sich auf Kosten eines anderen Vorteile verschaffen, der Grundsatz der gleichen Arbeitsvoraussetzungen galt dabei als oberstes Gebot. Und es war gewiss nicht einfach, zwischen den Interessen von Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxis, Praxisgemeinschaft und Versorgungszentrum auszutarieren. Chancengleichheit – das ist es, worauf es uns ankommt.

Es war uns wichtig, dass jeder Behandler für sich, sein Team, seine Ausstattung und natürlich die Behandlung seiner Patienten selbst verantwortlich bleibt. Es gilt, die Kompetenz des Zahnarztes bei all seinen Tätigkeiten zu wahren. Dabei spielt auch der Qualitätsaspekt eine entscheidende Rolle. Der Zahnarzt trägt für die Qualität seiner Leistungen persönlich die Verantwortung und nimmt diesbezüglich an Maßnahmen zur Qualitätssicherung teil. Durch regelmäßige Fortbildung ist er in der Lage, seine Qualifikation, das heißt seine Kenntnisse und Fähigkeiten, die er zur Erhaltung und Entwicklung seiner Berufsausübung benötigt, ständig auf dem neuesten Stand zu halten.

Mit der neuen Musterberufsordnung wirken wir als Berufsstand aktiv gestaltend. Es gilt, neue Entwicklungen aufzugreifen, die vor allem auch die Interessen unserer Patienten betreffen. Was hat es uns in der Vergangenheit an Anstrengungen und Kämpfen gekostet, zu definieren, was als berufswidrige Werbung anzusehen ist und was nicht. Das gestiegene Bedürfnis unserer mündigen Patienten nach mehr fundierten Informationen hat zu veränderten Erfordernissen geführt, die auch in berufsrechtlicher Hinsicht eine Anpassung notwendig machten.

Die berechtigten Patientenbedürfnisse nach mehr Informationen müssen abgewogen werden hinsichtlich der berechtigten Freiheiten des Zahnarztes, seinen Beruf auszuüben. Mit der neuen Musterberufsordnung haben wir jetzt liberale Regelungen getroffen, die den Patienten wirkungsvoll unterstützen, den Zahnarzt aber nicht zu sehr einengen. Frei zu sein heißt etwas ganz anderes als Freiheit zu gewähren, gerade auch, wenn sie der Nachbar in Anspruch nimmt.

Alles in allem stellt die neue Musterberufsordnung einen Eckpfeiler unserer Freiberuflichkeit dar und kann mit Fug und Recht als Ausdruck des Selbstverständnisses eines Freien Berufs gelten. Das heißt nicht etwa, dass wir uns frei von Regelungen im luftleeren Raum bewegen, sondern dass wir anstelle von staatlichen Interventionen eigenverantwortlich handeln und in Eigenregie unsere Aufgaben wahrnehmen. Damit haben wir eine öffentliche Verantwortung übernommen und allein unsere Verpflichtung zum Allgemeinwohl bedeutet eine Einschränkung der eigenen Handlungsfreiheit.

Gestalten statt verwalten, die novellierte Musterberufsordnung bietet jedem Kollegen Klarheit – sowie die notwendige Flexibilisierung und Zukunftsgerichtetheit, die unser Beruf benötigt.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Dr. Jürgen WeitkampPräsident der Bundeszahnärztekammer

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