Achtung Absturzgefahr
Wo der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering eine Plage vermutet, wittern Investoren und zunehmend auch private Anleger eine Chance, viel Geld zu verdienen. Sie lassen sich weder von Heuschrecken und Kapitalismus-Debatte abschrecken noch fürchten sie den Neid der Besitzlosen. Vielmehr sehen sie in den Private Equitiy Fonds eine Alternative zu Aktien und Zinspapieren, die derzeit keine interessanten Renditen versprechen.
Unverhoffte Publicity
Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der SPD-Chef – schon in Wahlkampflaune – dieser Branche eine öffentliche Plattform verschaffte, kannten private Anleger diese Form der Unternehmensbeteiligung kaum. Diese Fonds stecken ihr Kapital meist in Firmen, die nicht an der Börse notiert sind. Sie bauen sie auf oder um und verkaufen sie später wieder mit möglichst hohem Gewinn. Handelt es sich bei der Investition doch um eine Aktiengesellschaft, nehmen sie sie für die Zeit der Renovierung von der Börse. Allein in den vergangenen Jahren haben die Investoren rund 40 Milliarden Euro in Firmenkäufe gesteckt. Für 2005 rechnen Experten mit Aufkäufen in Höhe von 200 Milliarden Euro. Zurzeit kontrollieren sie zirka 5 000 deutsche Firmen, in denen rund 40000 Menschen arbeiten.
Übernahme und es knallt
Die größten Firmenjäger kommen aus den USA. Dazu zählen Unternehmen wie Kohlberg, Kravis, Roberts (KKR), Blackstone oder europäische wie BC Partners, Permira oder Apax. Ihr Geschäft funktioniert so: Man hat sich ein Unternehmen, von dem man sich eine Rendite verspricht, ausgeguckt. Dann wird ein Fonds gebildet; die Akquisition für Beteiligungen konzentriert sich auf Pensionsfonds, Banken oder Versicherungen. Reicht das eingesammelte Kapital, schicken sich die Käufer an, das ausgewählte Unternehmen zu kaufen. Dazu reicht ihnen ein Fondskapital, mit dem sie ein Drittel des Kaufs finanzieren können. Zwei Drittel kommen aus Bankkrediten. Der Trick dabei: Mit den Gewinnen, die die Firma erwirtschaftet, zahlt der Fonds die Kredite zurück. Erträge aus dem Verkauf und aus dem späteren Börsengang werden ebenfalls zur Tilgung mit herangezogen.
Die Leitung der betroffenen Firma und deren Angestellte geraten so unter starken Druck. Und schieben häufig einen großen Frust vor sich her. Denn sie wissen, ihre Anstrengungen dienen ausschließlich den Bedürfnissen des Fonds und dieser kehrt dem Unternehmen nach ein paar Jahren den Rücken, indem er sich mit einer möglichst hohen Gewinnmitnahme wieder verabschiedet. Im schlimmsten Fall bleibt von der ursprünglichen Firma nichts übrig.
Beispielhaft ausgelaugt
Ein Beispiel, wie das Prinzip des Private Equity funktioniert, ist der Verkauf der Henkel-Chemie Cognis in 2001. Die Finanzinvestoren Permira, Goldman Sachs und Schroder Ventures berappten 1,325 Milliarden Euro. Sie finanzierten nur 450 Millionen Euro selbst. Der Rest des Kaufpreises kam über Kredite. Die wiederum bedient das Unternehmen. Deshalb bevorzugen Private Equity Fonds Firmen mit einem stabilen Cash-Flow. Zweieinhalb Jahre später holten sich die Investoren weitere 340 Millionen Euro aus der Firmenkasse. Im Januar dieses Jahres gab Cognis eine Anleihe mit einem Volumen von 530 Millionen Euro heraus. Das Geld floss in die Beteiligungsgesellschaften. Die haben ihren Einsatz inzwischen beinahe verdoppelt und können bei einem Verkauf weitere Gewinne absahnen. Das Unternehmen bleibt auf den Schulden sitzen. Kein Wunder, dass es im vergangenen Jahr einen Nettoverlust von 34 Millionen Euro geschrieben hat.
Auch der Armaturenhersteller Grohe leidet unter der Renditesucht der Investoren. Statt eines erfolgreichen Börsengangs hat sich das sauerländische Traditionsunternehmen einen harten Sparkurs auferlegt und erst einmal 943 Mitarbeiter entlassen. Gutes über die Investoren KKR und Goldman Sachs zu berichten weiß Wincor Nixdorf. Die Westfalen legten im vergangenen Jahr einen erfolgreichen Gang an die Börse hin. Das Unternehmen konnte tausende neue Stellen schaffen.
Ihren Ausstieg (Exit) gestalten manche Fonds, indem sie das Unternehmen an einen neuen Investor verkaufen (Trade Sale) oder es dem ursprünglichen Besitzer zum Rückkauf (Buy-back) anbieten.
Wer sich an den oftmals hohen Renditen, die bei diesen Geschäften herausspringen, beteiligen will, musste in der Vergangenheit eine sechs- oder siebenstellige Summe hinblättern. Dieses Kapital bleibt dann über fünf Jahre oder länger gebunden. In dieser Größenordnung denken weniger private Anleger als Pensionsfonds, Versicherungen oder Banken. Zu den wenigen Privatiers, die in dieser Klasse mitspielen, gehört die Familie Quandt. Sie hat einen Teil ihres Kapitals in die amerikanische Gesellschaft Auda gesteckt, die mit Buy-out Deals (Übernahme von Firmen) in 2004 Renditen von rund 22 Prozent erzielt hat.
Bei solchen Zahlen fangen private Anleger an zu träumen. Das nötige Kleingeld für eine Direktbeteiligung werden sie kaum aufbringen. Doch die Branche hat für sie eine Nische geschaffen. Indirekt können sie beim Spiel der Firmenjäger über Dachfonds mitmischen. Diese beteiligen sich an mehreren großen Private Equity Fonds. Kauft ein Anleger Anteile des Nordcapital Private Equity Fonds, beteiligt er sich indirekt an der Carlyle Group, die wiederum in den „Carlyle Europe Partners II“.
Die Hamburger MPC Capital AG bietet über einen Dachfonds die Beteiligung an 25 Private Equity Fonds an. Das funktioniert sogar mit einem Sparplan über 100 Euro pro Monat.
Die RWB AG aus Unterhaching bei München lockt private Anleger mit einer Einmalanlage von 2 000 Euro in den Private Capital Fonds International II. Das Geld liegt dann für neun Jahre fest. Dieses Angebot hat „Finanztest“ kritisch unter die Lupe genommen.
Der Fonds verteilt das Geld der Anleger auf zwölf Fonds, die wiederum in 64 Unternehmen investieren. Sie haben die Wahl zwischen Typ A und Typ B, die sich rechtlich und steuerlich unterscheiden. Bei Typ A investiert der Anleger einmalig mindestens 2 000 Euro bis Ende 2011 plus einem Agio von fünf Prozent. Veräußerungsgewinne bleiben steuerfrei.
Der von den Kunden bevorzugte Typ B verlangt einen Mindesteinsatz von 1 000 Euro plus fünf Prozent Agio oder monatliche Raten in Höhe von 50Euro plus sechs Prozent. Er erlaubt es, Anfangsverluste bis zu einer Höhe von maximal 35 Prozent geltend zu machen. Veräußerungsgewinne sind steuerpflichtig. Das Kapital liegt zehn Jahre fest.
Rote Zahlen bis 100 Prozent
Der Prospekt macht kein Geheimnis aus den Risiken, auf die sich der Anleger mit seiner Beteiligung – an Gewinn und Verlust – einlässt. Im schlimmsten Fall droht der totale Verlust des Einsatzes. Nachschießen muss der Anleger allerdings nicht. Zur Belohnung winkt RWB mit einer langfristigen Rendite, die rund fünf Prozent über denen von Aktienfonds liegt. Einen vorzeitigen Ausstieg gibt es nicht. Und ein Zweitmarkt für solche Beteiligungen existiert zurzeit noch nicht. Aktienfonds erlauben den Investoren einen guten Einblick in ihre Beteiligungen. Die Unternehmen sind an der Börse notiert und veröffentlichen ihre Bilanzen. Die Anteilszeichner wissen, worauf sie sich einlassen. Bei Private Equity Fonds und erst recht bei Dachfonds hat der Laie kaum eine Chance, sich vor seiner Beteiligung über die einzelnen Firmen zu informieren, in die die Fonds investieren. Ihr Bekanntheitsgrad hält sich in Grenzen, besonders, wenn es sich um kleinere ausländische Unternehmen handelt. Darüber hinaus halten Dachfonds bei ihren Anteilszeichnern gerne die Hand auf. Die Gebühren sind sehr hoch. Zusätzlich zum üblichen Agio verlangen die Fonds „Performance Fees“ zwischen 20 und 30 Prozent. Ausgesaugt werden also nicht nur die Unternehmen, auch die privaten Anleger schützen sich vor Verlusten nur, indem sie sich vor dem Einstieg ins Abenteuer genauestens über Risiken und Kosten informieren. Ansonsten eignen sich durchschaubare Beteiligungen an rentablen Aktienfonds besser zur Anlage.